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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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konnte. Die übrigen warteten, bis er mit dem Trinken fertig war, dann kam der Nächste an die Reihe. Auf dem Rückweg zum Steinbruch, von ihrer Last befreit, hielten die Bastaixos bei dem Boot an, um ihnen für das kühle Wasser zu danken.
    Von diesem Tag an wurden Arnau und Joanet die Wasserträger der Bastaixos. Sie warteten neben dem Angel-Brunnen auf sie, und wenn ein Schiff zu entladen war und die Bastaixos nicht in Santa María arbeiteten, folgten sie ihnen durch die Stadt, um ihnen Wasser zu geben, ohne dass sie die schweren Bündel abladen mussten, die sie auf dem Rücken trugen.
    Sie gingen auch weiterhin nach Santa María, um die Bauarbeiten zu verfolgen, mit Pater Albert zu sprechen und Angel beim Essen zuzusehen. Wer sie sah, konnte einen neuen Glanz in ihren Augen entdecken, wenn sie die Kirche betrachteten. Auch sie trugen nun zu ihrem Bau bei! So hatten es ihnen die Bastaixos und sogar Pater Albert gesagt.
    Während der Schlussstein oben auf dem Gerüst thronte, konnten die Jungen beobachten, wie von den zehn Pfeilern die Rippen emporzuwachsen begannen. Die Maurer reihten auf den Bogengerüsten einen Stein an den anderen, immer näher auf den Schlussstein zu. Um die ersten acht Pfeiler herum waren bereits die Mauern des Chorumgangs errichtet worden. Die Strebepfeiler ragten nach innen, ins Innere der Kirche. Zwischen zweien dieser Strebepfeiler, so hatte ihnen Pater Albert erzählt, sollte sich die Sakramentskapelle befinden, die Kapelle der Bastaixos, wo die Jungfrau ihren Platz finden würde.
    »Wisst ihr, woraus das Deckengewölbe bestehen wird?«, fragte der Pfarrer sie. Die Jungen schüttelten die Köpfe. »Aus allen zersprungenen Keramikgefäßen der Stadt. Zuerst werden Quader angebracht und darauf eine Schicht aus sämtlichen Keramikscherben, eine auf der anderen. Darüber erst kommt das Kirchendach.«
    Arnau hatte die ganzen Gefäße auf einem Haufen neben den Steinen für Santa María liegen sehen. Er hatte seinen Vater gefragt, warum sie dort lagen, doch Bernat hatte keine Antwort gewusst.
    »Ich weiß nur«, erklärte er, »dass alle zerbrochenen Stücke gesammelt werden, bis sie abgeholt werden. Ich wusste nicht, dass sie für deine Kirche bestimmt sind.«
    So nahm die neue Kirche hinter der Apsis der alten Kirche Gestalt an. Man hatte bereits damit begonnen, diese vorsichtig abzubrechen, um die Steine wieder verwenden zu können. Das Ribera-Viertel sollte nicht auf eine Kirche verzichten müssen, auch nicht in der Zeit, während die neue, wunderbare Marienkirche entstand. Die Gottesdienste gingen unverändert weiter. Dennoch war es ein sonderbares Gefühl. Wie alle anderen betrat Arnau die Kirche durch das trichterförmige Portal des kleinen romanischen Baus. Im Inneren war die Dunkelheit, in die er sich immer geflüchtet hatte, um mit seiner Jungfrau zu sprechen, dem Licht gewichen, das durch die großen Fenster der neuen Apsis flutete. Die alte Kirche glich einem kleinen Raum, der von der Großartigkeit eines weiteren, größeren Raums umgeben war, ein Raum, der immer weiter verschwand, je weiter der Bau des zweiten voranschritt. Ein winziger Raum, an dessen Ende sich die hohe, bereits überwölbte Apsis von Santa María del Mar öffnete.

11
    Doch Arnaus Leben beschränkte sich nicht auf Santa María und darauf, den Bastaixos zu trinken zu geben. Zu seinen Aufgaben, mit denen er sich Kost und Logis verdiente, gehörte es unter anderem, der Köchin zu helfen, wenn diese in der Stadt ihre Einkäufe erledigte.
    Alle zwei oder drei Tage verließ Arnau bei Tagesanbruch Graus Werkstatt, um Estranya, die Sklavin, zu begleiten. Sie ging mit schwankenden, unsicheren Schritten, wobei ihre üppigen Fleischmassen bedenklich wogten. Sobald Arnau in der Küchentür erschien, überreichte ihm die Sklavin wortlos zwei Körbe mit Brotlaiben, die er zum Backhaus in der Calle Ollers Blanc bringen sollte. In dem einen befanden sich die Brotlaibe für Grau und seine Familie. Sie waren aus hellem Weizenmehl geformt und würden ein köstliches Weißbrot ergeben. In dem anderen waren die Brote für die übrigen Haushaltsmitglieder. Diese Brote waren aus Gerste, Hirse oder gar Bohnen- oder Kichererbsenmehl, und sie waren dunkel, fest und hart.
    Nachdem sie die Brotlaibe abgegeben hatten, verließen Estranya und Arnau das Töpferviertel und betraten durch die Stadtmauer das Zentrum Barcelonas. Am Anfang war Arnau der Sklavin problemlos gefolgt, während er über das Wogen ihrer dunklen Fleischmassen

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