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Die Kathedrale des Meeres

Titel: Die Kathedrale des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falcones Ildefonso
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zurückzulegen.
    Bernat rollte sich auf der Matratze zusammen. Was konnte den Jungen schon zustoßen? Alle in der Kirche mochten sie.
    Das Mondlicht ergoss sich auf die Gerüste, die halb fertigen Mauern, die Strebepfeiler, Bögen und Gewölbe … Santa María lag still da, und nur das eine oder andere Feuer wies auf die Anwesenheit von Wächtern hin. Arnau und Joanet gingen um die Kirche herum bis zur Calle del Born. Das Portal war verschlossen, und der Bereich um den Friedhof, wo der größte Teil des Baumaterials lagerte, war am besten bewacht. Ein einsames Feuer beleuchtete die im Bau befindliche Chormauer. Es war nicht schwer, in die Kirche zu gelangen: Dort, wo die Eingangstreppe entstehen sollte, befand sich ein hölzernes Gerüst, auf dem der Baumeister Montagut angezeichnet hatte, wo genau das Portal und die Stufen entstehen sollten. Sie betraten die Kirche und schlichen leise zur Sakramentskapelle im Chorumgang, wo hinter einem schön gearbeiteten, schmiedeeisernen Gitter die Jungfrau auf sie wartete, wie stets von den Kerzen erleuchtet, die immer wieder von den Bastaixos erneuert wurden.
    Die beiden bekreuzigten sich – »Das müsst ihr immer tun, wenn ihr die Kirche betretet«, hatte ihnen Pater Albert gesagt – und umklammerten die Gitterstäbe vor der Kapelle.
    »Ich möchte, dass du seine Mutter wirst«, hielt Arnau stumme Zwiesprache mit der Madonna. »Seine ist gestorben, und mir macht es nichts aus, dich zu teilen.«
    Joan umklammerte mit den Händen die Gitterstäbe und blickte zwischen der Jungfrau und Arnau hin und her.
    »Und?«, fragte er.
    »Still!«
    »Papa sagt, dass er viel mitgemacht hat. Seine Mutter war eingesperrt, weißt du? Sie streckte nur ihren Arm durch ein kleines Fensterchen, und er konnte sie nicht sehen, bis sie starb. Aber er hat mir erzählt, dass er sie auch dann nicht angesehen hat. Sie hatte es ihm verboten.«
    Der Rauch der Bienenwachskerzen, der von dem Leuchter vor der Statue aufstieg, vernebelte Arnaus Sicht, und die steinernen Lippen lächelten.
    »Sie wird deine Mutter sein«, erklärte er und drehte sich zu Joan um.
    »Woher weißt du das? Du hast doch gesagt, dass sie durch die Vögel …«
    »Ich weiß es eben«, unterbrach Arnau ihn unwirsch.
    »Und wenn ich sie frage …«
    »Nein«, fiel ihm Arnau erneut ins Wort.
    Joan sah zu der steinernen Figur. Er wollte auch mit ihr sprechen können, wie Arnau es tat. Weshalb hörte sie ihn nicht an, seinen Bruder aber wohl? Wie konnte Arnau wissen …? Während Joan sich schwor, dass auch er eines Tages ihrer Worte würdig sein würde, hörten sie ein Geräusch.
    »Pssst!«, wisperte Arnau, während er zu dem dunklen Portal hinübersah.
    »Wer ist da?« Der Widerschein einer Laterne erschien in der Öffnung.
    Arnau begann, in Richtung Calle del Born davonzuschleichen, von wo sie gekommen waren, doch Joan blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf die Laterne, die sich nun bereits dem Chorumgang näherte.
    »Los, lass uns verschwinden!«, flüsterte Arnau ihm zu und zog ihn mit sich.
    Als sie auf die Calle del Born traten, sahen sie mehrere Laternen auf sie zukommen. Arnau blickte sich um; zu dem ersten Licht im Inneren der Kirche waren weitere hinzugekommen.
    Es gab keinen Ausweg. Die Wächter sprachen miteinander und riefen einander etwas zu. Was sollten sie bloß tun? Das Gerüst! Arnau stieß Joan zu Boden. Der Kleine war wie gelähmt. Das Gerüst war seitlich offen. Er gab Joan erneut einen Schubs, und die beiden krochen darunter, bis sie die Grundmauern der Kirche erreichten. Joan presste sich gegen die Steinquader. Die Lichter wanderten an dem Gerüst entlang. Die Schritte der Wächter auf den Holzbrettern hallten Arnau in den Ohren und ihre Stimmen übertönten das Pochen seines Herzens.
    Sie warteten ab, während die Männer sich in der Kirche umsahen. Es erschien ihnen eine Ewigkeit! Arnau spähte nach oben und versuchte herauszufinden, was dort geschah, doch jedes Mal, wenn ein Lichtstrahl durch die Bretterritzen fiel, duckte er sich noch tiefer.
    Schließlich gaben die Wächter auf. Zwei von ihnen blieben auf dem Gerüst stehen und leuchteten von dort aus die Umgebung ab. Wie war es möglich, dass sie sein Herz nicht pochen hörten? Und das von Joan. Die Männer stiegen von dem Gerüst. Doch wo war Joan überhaupt? Arnau sah zu der Stelle hinüber, wo der Kleine gekauert hatte. Einer der Wächter hängte eine Laterne an das Gerüst, der andere verschwand in der Dunkelheit. Joan war nicht mehr da! Wo

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