Die Katze die Brahms spielte
das?«
»Das weiß jeder.«
Das Essen, das serviert wurde, stufte Qwilleran in die Kategorie >eßbar< ein, die Unterhaltung zumindest war interessant. Am Ende der Mahlzeit meinte er zu Roger: »Glauben Sie, daß unter dem Postamt vielleicht ein Stinktier haust? Ich war gestern dort, und der Gestank hat alle ins Freie getrieben.«
»Vermutlich hat irgendein Schweinezüchter seine Post abgeholt«, sagte Roger. »Wenn sie in ihrer Arbeitskleidung in die Stadt kommen, ergreifen alle die Flucht. Sie würden es nicht für möglich halten, wie manche ihre Kinder in die Schule schicken. Natürlich sind nicht alle so. Einer meiner Jagdfreunde ist Schweinezüchter. Kein Problem.«
»Noch etwas verstehe ich nicht In der Hütte ist ein Falke durch eine Fliegendrahttür geflogen und hat ein großes Loch gerissen. Ich kann es mir nicht erklären.«
»Er hat sicher ein Kaninchen oder ein Eichhörnchen gejagt«, erklärte Roger, »und nicht schnell genug gebremst.«
»Glauben Sie?«
»Klar! Ich habe einmal gesehen, wie ein Falke mit einer Katze davongeflogen ist. Ich war auf der Jagd und habe in der Luft etwas miauen gehört. Ich blickte hinauf und sah diese arme kleine Katze «
Qwilleran dachte an Yum Yum, und bei der Vorstellung krampfte sich sein Herz zusammen. Sie schwiegen einen Augenblick, dann sagte Qwilleran »Vor ein paar Tagen habe ich mitten in der Nacht Schritte auf dem Dach gehört.«
»Ein Waschbär«, sagte Roger »Ein Waschbär auf dem Dach einer Hütte wie der Ihren hört sich an wie ein japanischer Ringer in Moonboots. Ich weiß das! Meine Schwiegereltern haben ein Häuschen in Ihrer Nähe. In einem Jahr hatten sie mal eine ganze Waschbärenfamilie in ihrem Rauchfang.«
»Geben Ihre Schwiegereltern wilde Partys? Ich habe spätnachts schrilles Lachen gehört.«
»Das war ein Seetaucher Ein verrückter Vogel.«
Der Nebel wurde dichter, und wenn man aus den Restaurantfenstern blickte, sah man fast gar nichts mehr. Qwilleran meinte, er sollte wohl besser in die Hütte zurückfahren.
»Ich hoffe, meine Frau will nicht heute nacht nach Hause fahren«, sagte Roger »Sie hat eine Einkaufstour in den Süden hinunter gemacht. Sie hat ein kleines Kerzen- und Souvenirgeschäft im Einkaufszentrum. Wie gefällt Ihnen dieser Banknotenclip? Er ist aus Sharons Laden.« Er beglich seinen Teil der Rechnung mit Geldscheinen, die von einer riesigen Papierklammer gehalten wurden, die wie Gold aussah.
Qwilleran fuhr mit dreißig Stundenkilometern nach Hause; Nebelschwaden zogen an der Windschutzscheibe vorbei. Die Privatzufahrt zur Hütte war noch gefährlicher. Immer wieder tauchten an Stellen, wo er sie nicht vermutete, plötzlich Baumstämme auf. Als er das Auto abstellte, glaubte er zwei Gestalten von der Hütte weggehen zu sehen; sie verschwanden über die Düne hinunter zum Strand.
»Hallo!« rief er. »Hallo, Sie!« Doch sie tauchten im Nebel unter.
Drinnen sah er als erstes nach, wo die Katzen waren. Koko kauerte auf dem Elchkopf, und Yum Yum wand sich vorsichtig unter dem Sofa hervor. Nichts im Raum schien verändert, aber er nahm den Geruch von Pfeifentabak wahr. Im Gästezimmer wies eines der Betten eine kleine Mulde auf, wo die Katzen immer ihr Schläfchen hielten, und einer seiner braunen Socken lag auf dem Fußboden. Yum Yum hatte eine Leidenschaft für seine Socken. Sonst war anscheinend alles in Ordnung.
Dann entdeckte er in der Küche eine Mitteilung, die auf ein Blatt seines eigenen Schreibpapiers gekritzelt war: >Willkommen auf den Dünen. Ich bin Rogers Schwiegermutter. Habe Ihnen ein in Alufolie gewickeltes Päckchen in den Kühlschrank gelegt. Dachte, Sie mögen vielleicht gebratenen Truthahn. Kommen Sie uns doch besuchen.<
Das war alles. Kein Name. Qwilleran sah im Kühlschrank nach und fand ein riesiges Stück in Scheiben geschnittene Truthahnbrust und große Stücke dunkles Fleisch. Er schnitt den Katzen eine Portion als Abendessen klein, und Yum Yum quiekte erwartungsvoll, während Koko um ihn herumtänzelte, mit Tenorstimme maunzte und ekstatische Gutturallaute von sich gab – er schmetterte eine richtige Arie.
Qwilleran sah ihnen beim Fressen zu, doch seine Gedanken waren woanders. Er mochte Roger. Ende Zwanzig war ein gutes Alter, vor allem, wenn man kohlschwarze Haare hatte. Doch der junge Mann war in Bezug auf Falken, Seetaucher, Waschbären, blaue Pick-ups und Straßensperren bemerkenswert schnell mit Erklärungen zur Hand gewesen. Wie viele seiner Antworten hatte er im Interesse des Tourismus gegeben?
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