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Die Katze die Brahms spielte

Die Katze die Brahms spielte

Titel: Die Katze die Brahms spielte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilian Jackson Braun
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haben einen Notruf aus Pickax erhalten. Irgend etwas mit der Stromleitung. Wir sollen den Baum fällen und das Holz zerkleinern.«
Der Traktor fuhr seine Hubbühne aus; die Kettensägen kreischten; drei Männer mit Schirmmützen schrien; Yum Yum verkroch sich unter das Sofa; und Qwilleran floh eine halbe Stunde vor seiner Verabredung zum Abendessen nach Mooseville.
Das Northern Lights Hotel war ein Relikt aus den sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts, als das Dorf ein blühender Hafen für Holz und Erze gewesen war. Es war ein Fachwerkbau und hätte eigentlich schon vor einem Jahrhundert abbrennen müssen, war aber wie durch ein Wunder erhalten geblieben. Es sah aus wie eine Schuhschachtel mit Fenstern, doch an der Rückseite war eine Veranda angebaut worden, von der man einen Blick auf den Kai hatte. Dort setzte sich Qwilleran auf einen der rustikalen Stühle und gab sich seiner Lieblingsbeschäftigung hin: dem Lauschen.
Ganz in seiner Nähe trugen zwei nörgelnde Stimmen eine Meinungsverschiedenheit aus. Ohne ihre Besitzer zu sehen, vermutete Qwilleran, daß der Mann dick und rotgesichtig war und die Frau dürr und schwerhörig.
»Ich kann dieser Stadt nichts abgewinnen«, sagte der Mann mit kurzatmiger, keuchender Stimme. »Man kann hier überhaupt nichts tun. Wir hätten genausogut (schnauf) daheimbleiben und uns auf die Terrasse setzen können. Das wäre (schnauf) billiger gewesen.«
Die Frau antwortete mit schriller, vor Gleichgültigkeit ausdrucksloser Stimme. »Du hast gesagt, du willst angeln gehen. Warum, weiß ich nicht. Du bist nie gerne angeln gegangen.«
»Dein Bruder gibt seit sechs Jahren damit an (schnauf), was für tolle Fische er hier oben fängt. Ich wollte ihm zeigen, daß er nicht der einzige ist (schnauf), der eine Forelle an Land ziehen kann.«
»Warum nimmst du nicht an so einer Angelfahrt mit einem Boot teil, wie dieser Mann gesagt hat, und hörst auf zu meckern?«
»Ich sag' es dir noch einmal – es ist zu teuer. Hast du gesehen (schnauf), was die für einen halben Tag verlangen? Für das Geld (schnauf) kann ich eine Kreuzfahrt in die Karibik machen.«
Qwilleran hatte sich die Preise schon selbst angesehen und sie ziemlich unverschämt gefunden.
»Dann fahren wir doch nach Hause«, beharrte die Frau. »Es hat keinen Sinn, hier herumzuhängen.«
»Nachdem wir so weit gefahren sind? Weißt du (schnauf), was allein das Benzin für die Fahrt hierher gekostet hat?«
In diesem Augenblick kam Roger; er trug eine schwarze Baseballmütze.
»Ich sehe, Sie haben sich für den Abend feingemacht«, sagte Qwilleran. »Sie haben mir nicht gesagt, daß Abendkleidung erwünscht ist.«
»Ich sammle sie«, erklärte Roger. »Bis jetzt habe ich siebzehn. Wenn Sie Feinde haben, dann muß ich Sie warnen: Mit Ihrer orangefarbenen Mütze geben Sie ein perfektes Ziel ab.«
Sie hängten ihre Mützen neben Dutzende andere an eine Reihe von Haken vor dem Speisesaal und setzten sich dann an einen Tisch unter einem großen, dramatischen Gemälde, das einen dreimastigen Schoner zeigte, der im sturmgepeitschten Meer unterging.
»Also, der Tag heute war perfekt«, eröffnete Qwilleran das Gespräch mit dem obligaten Wetterbericht. »Sonnenschein. Angenehme Brise. Ideale Temperatur.«
»Ja, aber jetzt fällt der Nebel ein. Morgen früh werden Sie Ihre eigene Nasenspitze nicht mehr sehen. Nicht gut für das Geschäft mit den Angelfahrten auf dem See.«
»Wenn Sie mich fragen, Roger, die Kunstwerke hier in diesem Raum sind auch nicht gut für das Geschäft. Jedes Bild zeigt irgendeine Katastrophe auf dem Meer. Dabei kriege ich richtig Angst. Außerdem verlangen die Mietboote zuviel – das heißt, zuviel für jemanden wie mich, der sich nicht wirklich für das Angeln interessiert.«
»Sie sollten es aber doch einmal versuchen«, drängte Roger. »Das Fischen mit einer Schleppangel ist viel aufregender, als wenn man mit einem Wurm an der Angel in einem Ruderboot sitzt, wissen Sie.«
Qwilleran studierte die Speisekarte.
»Wenn der See voller Fische ist, warum wird dann hier kein einziger einheimischer Fisch angeboten? Ich sehe nur Heilbutt aus Nova Scotia, Lachs vom Columbia River und Kabeljau aus Boston.«
»Hier wird nur Sportfischerei betrieben. Die Fischereiindustrie weiter unten zieht tonnenweise Fische aus dem Wasser und verschifft sie.«
Vermutlich nach Nova Scotia, Massachusetts und an die Pazifikküste, dachte Qwilleran.
Roger bestellte sich Bourbon mit Wasser, Qwilleran seinen üblichen Tomatensaft. Ein

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