Die Katze die Brahms spielte
griesgrämig wirkendes Paar setzte sich an den Nebentisch, und befriedigt stellte er fest, daß der Mann rotgesichtig und fettleibig war und die Frau ein Hörgerät trug.
Roger sagte »Trinken Sie nur Tomatensaft? Ich habe geglaubt, die Zeitungsleute stehen auf harte Sachen. Ich habe Publizistik studiert, bevor ich auf Geschichte umsattelte und Lehrer wurde ... Hören Sie, nach unserem Gespräch habe ich angefangen, die blauen Pick-ups zu zählen, und ich muß sagen, Sie haben recht. Meine Frau sagt immer, die Menschen im Norden mögen Blau. ... Leben Sie allein?«
»Nicht ganz. Ich habe zwei despotische Siamkatzen adoptiert. Der Kater wurde durch einen Mord, mit dem ich beruflich zu tun hatte, zum Waisen Das Weibchen wurde als Baby ausgesetzt. Sie sind beide reinrassig, und der Kater ist klüger als ich.«
»Ich habe einen Jagdhund – einen Bretonen«, sagte Roger. »Sharon hat einen Scotchterrier ... Waren Sie je verheiratet, Qwill?«
»Einmal. Es war nicht gerade ein überwältigender Erfolg.«
»Was ist passiert?«
»Sie hatte einen Nervenzusammenbruch, und ich habe versucht, meine Sorgen im Alkohol zu ertränken. Sie stellen eine Menge Fragen Roger. Sie hätten beim Journalismus bleiben sollen«, sagte Qwilleran gutmütig, er hatte sein gesamtes Berufsleben damit zugebracht, Fragen zu stellen, und jetzt genoß er es, einmal selbst ausgefragt zu werden.
»Würden Sie noch einmal heiraten?«
Qwilleran gestattete sich ein leises Lächeln, das durch seinen Schnurrbart zuckte. »Vor drei Wochen hatte ich gesagt, nein; jetzt bin ich nicht mehr so sicher.« Er rieb sich beim Sprechen die Handrücken, sie fingen zu jucken an. Der Barkeeper im Presseklub hatte ihm immer schon prophezeit, daß er von dem vielen Tomatensaft einen Ausschlag bekommen wurde, vielleicht hatte Bruno recht.
Der dicke Mann am Nebentisch schien ihnen zuzuhören, daher senkte Qwilleran die Stimme. »Die Polizei hat Montag nacht eine Straßensperre errichtet. Was war denn los? In der Zeitung und im Radio haben sie nichts davon gebracht.«
Roger zuckte die Schultern. »Hier oben sind Straßensperren eine Art Freitzeitbeschäftigung, wie unangekündigte Besuche zur Essenszeit. Ich glaube, wenn ihnen langweilig wird, errichten die Polizisten ab und zu mal eine Straßensperre.«
»Wollen Sie damit sagen, daß sie nicht genug zu tun haben, weil es in Moose County nicht genug Verbrechen gibt?«
»Nicht so viele wie bei euch in der Großstadt. Die Naturschützer schnappen ab und zu ein paar Wilderer, und am Samstagabend geht es im Shipwreck Tavern recht heiß her, aber die Polizei ist vor allem mit Verkehrsunfällen beschäftigt – wobei meist nur ein Auto beteiligt ist. Die Fahrer sind zu schnell unterwegs und erwischen einen Elch, oder junge Leute trinken ein paar Bier und knallen dann gegen einen Baum. Auf dem See gibt es auch eine Menge Rettungseinsätze, der Sheriff hat zwei Boote und einen Hubschrauber.«
»Kein Drogenproblem?«
»Die Touristen rauchen vielleicht manchmal komische Zigaretten, aber – eigentlich gibt es kein Problem. Was mir Sorgen macht, sind die Leute, die Wracks plündern. Der See ist voller versunkener Schiffe. Einige sind schon vor hundert Jahren untergegangen, und es gibt Unterlagen darüber, was sie geladen hatten. Die Plünderer haben die modernsten Tauchausrüstungen – Spezialanzüge für das kalte Wasser, elektronische Geräte und all das. Die Fracht da unten ist wertvoll, und sie räumen die Wracks aus, um sich persönlich zu bereichern.«
»Ist das nicht verboten?«
»Noch nicht Wenn der Grund des Sees unter Schutz gestellt würde, gäbe das dem Tourismus einen riesigen Auftrieb Es wäre für Marinehistoriker, Archäologen und Sporttaucher interessant.«
»Was halt Sie zurück?«
»Geld! Ein archäologisches Gutachten würde Zehntausende Dollar kosten. Und danach müßten wir erst ein entsprechendes Gesetz durchbringen.«
Qwilleran meinte: »Und es wäre nicht leicht, seine Einhaltung zu kontrollieren. Sie brauchten noch mehr Boote, mehr Hubschrauber und Personal.«
»Stimmt! Und bis dahin gäbe es vermutlich keine versunkene Fracht mehr, die man schützen müsste.«
Die Männer hatten eine zweite Runde Getränke bestellt, doch Qwilleran trank seinen Tomatensaft nicht aus. Er rieb sich heimlich unter dem Tisch seine juckenden Hände und Handgelenke.
Roger senkte die Stimme: »Sehen Sie die zwei Männer dort neben der Tür? Die beiden tauchen nach Wracks. Und plündern sie wahrscheinlich aus.«
»Woher wissen Sie
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