Die Katze im Taubenschlag
verließ ärgerlich das Zimmer.
Adam war allein in der Turnhalle. Er durchsuchte schnell und geschickt den Inhalt der Schließfächer. Es war zwar nicht anzunehmen, dass er etwas finden würde, nachdem die Polizei erfolglos gewesen war – aber man konnte nie wissen. Wie Kelsey ganz richtig sagte, jede Abteilung hatte so ihre eigenen Methoden.
Warum fanden in dieser schönen, neu erbauten Turnhalle so furchtbare Verbrechen statt? Wo war der Zusammenhang? Wonach sollte er suchen? Es war kaum anzunehmen, dass er auf einen versteckten Schatz stoßen würde. Hier gab es weder Geheimfächer noch doppelte Böden. In den Schließfächern befanden sich höchstens die harmlosen Geheimnisse von Schulmädchen: Fotografien von Filmstars, ein Päckchen Zigaretten, vielleicht auch ein verbotener Roman. Er kehrte noch einmal zu Shandas Fach zurück. Während sie sich über dieses Fach gebeugt hatte, war Miss Vansittart getötet worden. Was hatte sie dort zu finden gehofft? Hatte sie es gefunden? Hatte der Mörder es der Hand der Toten entrungen, und war es ihm gelungen, die Turnhalle rechtzeitig zu verlassen – bevor Miss Chadwick ihn entdecken konnte?
In diesem Fall konnte er sich die Mühe sparen weiterzusuchen… Plötzlich hörte er von draußen Schritte. Als Julia Upjohn im Türrahmen erschien, stand er bereits in der Mitte des Raumes und zündete sich eine Zigarette an.
»Was wollen Sie denn?«, fragte Adam.
»Eigentlich nur meinen Tennisschläger holen«, erwiderte Julia zögernd.
»Dagegen wird wohl niemand was haben«, brummte Adam. »Der Sergeant hat mich gebeten, hier zu bleiben, während er etwas vom Polizeirevier holt«, schwindelte er.
»Sie sollen wohl aufpassen, ob er wieder zurückkommt?«
»Wer?«
»Der Mörder natürlich. Die kehren doch immer an den Tatort zurück, nicht wahr? Es lässt ihnen keine Ruhe, es ist ein innerer Zwang.«
»Schon möglich«, erwiderte Adam gleichgültig. Er blickte auf die lange Reihe von Tennisschlägern, die in ihren Spannern auf einem Regal lagen. »Welcher ist Ihrer?«, fragte er.
»Der da – ganz am Ende der Reihe. Unsere Namen stehen darauf«, erklärte Julia und wies auf das Schildchen »Upjohn« während Adam ihr den Schläger reichte.
»Ziemlich abgenutzt, muss aber mal ein guter Schläger gewesen sein«, bemerkte Adam.
»Kann ich Jennifer Sutcliffes Schläger auch haben?«, fragte Julia.
»Nagelneu«, stellte Adam fest, während er ihr den Tennisschläger gab.
»Den hat Jennifer erst neulich von ihrer Tante bekommen – so ein Glück!« Julia sah sich nachdenklich um. »Glauben Sie nicht auch, dass er zurückkommen wird?«, fragte sie schließlich.
»Ach, Sie sprechen noch immer von dem Mörder«, erwiderte Adam, nachdem er sie einen Augenblick erstaunt angesehen hatte.
»Nein, ich glaube nicht. Wäre zu riskant… es sei denn, er hat hier etwas vergessen.«
»Meinen Sie etwas, das der Polizei einen Anhaltspunkt geben könnte?«
Adam nickte.
»Ich wünschte, ich könnte einen Anhaltspunkt finden«, fuhr Julia seufzend fort. »Hat die Polizei etwas entdeckt?«
»Mir würden sie das bestimmt nicht sagen«, erklärte Adam.
»Nein, wahrscheinlich nicht… Interessieren Sie sich für Kriminalfälle?«
Sie sah ihn fragend an. Er erwiderte ihren Blick. Sie musste im selben Alter sein wie Shanda, aber ihr intelligentes Gesicht wirkte noch kindlich.
»In gewisser Weise, ja«, erwiderte Adam.
»Mich interessiert die Sache brennend, und ich kann mir die verschiedenartigsten Lösungen vorstellen. Viel Sinn und Verstand werden sie wohl nicht haben, aber es macht mir Spaß, darüber nachzudenken.«
»Mochten Sie Miss Vansittart?«
»Nicht besonders, aber ich hatte auch nichts gegen sie. Sie hat mich immer an Bully – an Miss Bulstrode – erinnert. Sie war, wie soll ich es beschreiben – sie war wie die zweite Besetzung. Jedenfalls tut es mir furchtbar leid, dass sie ermordet worden ist.«
Sie ging mit den beiden Tennisschlägern unterm Arm fort. Adam blieb in der Turnhalle zurück und sah sich nochmal achselzuckend um.
»Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, was es hier zu holen gab«, murmelte er vor sich hin.
»Nanu, was will denn Mum hier?«, rief Jennifer erstaunt.
Beide Mädchen wandten den Kopf und starrten auf Mrs Sutcliffe, die sich, in Begleitung von Miss Rich, mit schnellen Schritten dem Tennisplatz näherte.
»Diese unnötige Aufregung! Wahrscheinlich hat sie es mit der Angst zu tun bekommen – wegen der Morde«,
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