Die Katze im Taubenschlag
Zimmer.
»Ein tüchtiges, zuverlässiges Mädchen«, stellte Miss Bulstrode fest, bevor sie zum Angriff überging. »Haben Sie gar keine Ahnung, wer die beiden Lehrerinnen in der Turnhalle ermordet hat? Es ist höchste Zeit, dass Sie der Sache auf den Grund kommen! Dazu noch diese Entführungsgeschichte, wegen der ich mir selbst die schwersten Vorwürfe mache. Die arme Shanda befürchtete ja, entführt zu werden, und ich habe ihr nicht geglaubt. Ich hielt es für Wichtigtuerei. Jetzt ist es zu spät. Sie muss jedenfalls gewarnt worden sein – aber wann und von wem?« Miss Bulstrode unterbrach sich einen Augenblick, dann fragte sie: »Sie haben wohl inzwischen noch nichts Neues erfahren, Kommissar?«
»Leider nicht. Aber ich glaube, Sie brauchen sich deshalb keine allzugroßen Sorgen zu machen. Scotland Yard ist über den Fall unterrichtet, und Shanda sollte innerhalb von vierundzwanzig Stunden gefunden werden. Glücklicherweise ist England eine Insel. Alle Häfen und Flugplätze sind alarmiert worden. Außerdem sucht die Polizei in sämtlichen Distrikten nach ihr. Es ist nicht schwer, jemanden zu entführen, aber es ist ein Problem, jemanden versteckt zu halten. Wir werden sie bestimmt finden.«
»Ich hoffe nur, Sie werden sie lebendig auffinden«, sagte Miss Bulstrode ernst. »Wir scheinen es mit jemandem zu tun zu haben, dem das menschliche Leben nicht heilig ist.«
»Es wäre unnötig gewesen, Shanda zu entführen, wenn man sie um die Ecke bringen wollte. Das hätte man hier einfacher haben können«, meinte Adam.
Als Miss Bulstrode ihn ärgerlich ansah, wurde ihm bewusst, dass seine Äußerung nicht besonders taktvoll gewesen war.
Das Telefon läutete. Miss Bulstrode nahm den Hörer ab.
»Es ist für Sie, Kommissar.«
Adam und Miss Bulstrode beobachteten ihn, während er ein paar Notizen machte und einige lakonische Antworten gab.
»Ich verstehe«, sagte er. »Alderton Priors in Wallshire… Jawohl, ganz wie Sie wünschen.«
Er legte den Hörer auf und verharrte einen Augenblick in nachdenklichem Schweigen. Dann blickte er auf.
»Seine Exzellenz hat eine Aufforderung erhalten, Lösegeld zu hinterlegen. Der Brief ist mit einer neuen Corona getippt worden. Post-Stempel: Portsmouth. Wetten, dass sie uns damit auf eine falsche Fährte hetzen wollen.«
»Wo und wie viel?«, fragte Adam.
»Bei der Wegkreuzung, zwei Meilen nördlich von Alderton Priors. Dort ist nichts als Moor und Heide. Ein Briefumschlag, der zwanzigtausend Pfund enthalten soll, muss heute, spätestens bis zwei Uhr nachts, in der Telefonzelle des Automobilklubs hinterlegt werden.«
Adam schüttelte den Kopf.
»Klingt nicht nach Profis.«
»Was werden Sie tun?«, fragte Miss Bulstrode. »Die Entscheidung darüber hängt nicht von mir allein ab«, erwiderte Kelsey ernst. »Aber wir haben so unsere Methoden.«
»Hoffen wir das Beste«, seufzte Miss Bulstrode.
»Wird schon klappen«, meinte Adam beruhigend.
»Und was soll ich tun?«, fragte Miss Bulstrode plötzlich. »Kann ich meinen Lehrerinnen und meinem Personal trauen oder nicht?«
Kommissar Kelsey zögerte.
»Ich muss Sie unbedingt um eine Antwort auf meine Frage bitten«, fuhr Miss Bulstrode fort. »Haben Sie keine Angst, dass ich mich verraten werde, wenn Sie mir sagen, wer nicht als einwandfrei befunden worden ist.«
»Ich bin davon überzeugt, dass ich mich auf Sie verlassen kann«, erwiderte Kelsey. »Vorläufig sieht es jedoch nicht so aus, als befinde sich die Person, die wir suchen, unter Ihren Angestellten. Wir haben uns besonders mit den Damen beschäftigt, die erst seit Beginn des Schuljahres in Meadowbank tätig sind, nämlich mit Miss Springer, mit Mademoiselle Blanche und mit Miss Ann Shapland. Miss Shaplands Vergangenheit ist einwandfrei. Sie ist die Tochter eines pensionierten Generals, sie hat alle von ihr erwähnten Posten tatsächlich innegehabt, und ihre Arbeitgeber sind bereit, das zu bezeugen. Außerdem hat sie ein Alibi für gestern Nacht. Als Miss Vansittart ermordet wurde, war Miss Shapland mit einem Mr Dennis Rathbone in einem Nachtklub. Mademoiselle Blanches Angaben sind ebenfalls überprüft und für korrekt befunden worden. Sie war Lehrerin an einer Schule in Nordengland, und sie hat an zwei deutschen Schulen Französisch gegeben. Ihre Zeugnisse sind ausgezeichnet. Auch über ihren Lebenswandel in Frankreich erhielten wir nur günstige Auskünfte. Dagegen sind die Berichte über Miss Springer nicht ganz so zufrieden stellend. Sie hat ihre
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