Die Katze in der Muelltonne
während sein intensiver Duft in meinen Magen gelangt und dort wieder einen großen Tumult auslöst. Felix hört auf zu schnaufen. Er kann das Knurren nicht einordnen. So zieht er seine Pfoten aus der Kuhle und schaut mich misstrauisch an. Sein Kopf liegt ganz schief dabei. Und er fragt sich, was bloß aus dieser Welt geworden ist, in der winzige Katzen Geräusche machen, wie der Bagger auf der Baustelle am Ende der Straße.
Ich halte die Nase nach oben und sauge den Duft auf, wie mit einem Strohhalm. Er kitzelt ganz leicht in meinem Hals. So brauche ich vielleicht zwei Minuten. Dann habe ich herausgefunden, dass auf der anderen Straßenseite eine Mülltonne steht. Der Deckel ist nicht richtig verschlossen. Und zwischen mir und der Mülltonne wabert eine rosarote Wolke. Die ist so fein, dass nur ich sie sehen kann. Und wenn man seine Nase in diese Wolke hält, dann ist es wie Weihnachten und Geburtstag zusammen.
Ich gehe über die Straße und schaue vorher nach links und rechts. Aber ich habe Pech. Als ich halb drüben bin, rast der Bauer Michael auf seinem Motorrad auf mich zu. Ich bleibe stehen, ganz starr vor Schreck, und kann hinter seiner Brille die zusammengekniffenen Augen sehen. Ich glaube, er hat ein gemeines Grinsen im Gesicht. Dann rast er direkt auf mich zu. Erst dicht vor mir bekommt er solch ein merkwürdiges Flackern in den Augen, und er reißt den Lenker nach links und rauscht mit einem Affentempo an mir vorüber, so dicht, dass der Fahrtwind mich umwirft und ich einige Purzelbäume schlage. Mir wird furchtbar schwindelig, und als ich endlich wieder geradeaus gucken kann, liege ich am Straßenrand und habe mich vor Schreck zusammengerollt. Ein Auto fährt vorüber und wirbelt ein paar kleine Schottersteine auf. Sie treffen mich nicht, sondern ich höre einen hohlen Klang, so als ob jemand auf einen Blecheimer schlägt. Ich schaue mich um und sehe die riesige Mülltonne, die nun direkt neben mir steht. Der Deckel steht halb offen und ein herber Duft kommt auf mich zu, der mich hungrig macht. Nun erinnere ich mich wieder an den Fisch da drin. Es muss ein Fisch sein. Auf meine Nase kann ich mich verlassen.
Ich richte mich auf und schaue mir das Monstrum an. Die Tonne ist rund, von außen völlig glatt, und die Öffnung ist sehr weit oben. Kann ich das schaffen? Mein Gott, ich habe schon ganz andere Sprünge absolviert. Die meisten Gartenzäune sind beinahe genauso hoch. Es wäre doch gelacht. Ich erinnere mich an den Sprung meines Lebens, als Albert hinter mir her war, ein riesengroßer weißer Ganter, der sehr böse werden kann. Besonders wenn man in seinem Revier herumschleicht. Er bewacht seine Familie, wie ein Polizist. Ihm fehlt nur noch eine Trillerpfeife. Dann kann er sich an die einzige Dorfkreuzung stellen und dort den Verkehr regeln. Ich glaube, dass sogar der Bauer Michael auf seinem Motorrad ängstlich vor ihm haltmachen würde. Dieser Albert rannte also plötzlich auf mich zu. Er breitete die Flügel aus und sah so groß aus, wie ein Haus. Dabei zischte er ganz sonderbar. Mir rutschte zwar das Herz in die Hose. Aber das Rennen hatte ich noch nicht verlernt. Und ich sprang mit einem Riesensatz über den Gartenzaun, sodass ich auf der anderen Seite zwei Purzelbäume schlug. Albert blieb auf der anderen Seite zurück. Er zwängte seinen kleinen Kopf durch eine Zaunlücke und schimpfte unaufhörlich. Zuerst wollte ich ihm eine lange Nase zeigen. Aber ich ließ es bleiben. Alle sagen, der Albert kann nicht fliegen. Aber wer weiß, vielleicht konnte er doch.
Das war also ein sehr weiter Sprung gewesen, und es sollte doch möglich sein, solch eine Sache zu wiederholen, wenn als Belohnung ein Fisch winkt, der so herrlich riecht, wie der aus dieser Mülltonne. Ich nehme also einen riesigen Anlauf und springe so hoch ich kann. Aber ich pralle gegen das kalte Blech und rutsche daran herunter. Nun sitze ich unten und überlege. An den Holzzäunen kann ich mich festkrallen, wenn ich an ihnen hochspringe. Doch die Mülltonne ist außen ganz kalt und glatt.
Da höre ich von der anderen Straßenseite ein leises Kichern. Ich schaue mich um. Felix steht immer noch hinter seinem Maschendrahtzaun, schaut zu mir hinüber und trägt ein hämisches Grinsen im Gesicht. Ich muss mir etwas überlegen, womit ich ihn morgen ärgern kann. Vielleicht kann ich einen Marder überreden, sich am Auto seines Herrchens gütlich zu tun. Dann kriegt Felix richtig Ärger, weil er den Marder, diese Fressmaschine,
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