Die Katze namens Eisbär
Porträtauftrag, der ihm bei Fertigstellung dreißig Pfund einbringen würde. Er konnte Schinken und Eier kochen, Ukulele spielen und war mit einer charmanten jungen Dichterin verlobt.
Doch das Idyll wird gestört, als Onkel Theodore zum Bischof von »Bongo-Bongo in West-Afrika« berufen wird. Da er seinen treuen Kater Webster dorthin nicht mitnehmen kann, vertraut er ihn Lancelots Fürsorge an.
Aber kaum ist Webster da, geht alles schief. Gleich nach seiner Ankunft beschließt Webster, sich gründlich zu putzen, und schraubt zu diesem Behuf sein linkes Bein steil in die Luft. Lancelot fällt dabei etwas ein, was eines seiner Kindermädchen ihm einmal erzählt hat: Wenn eine Katze das Bein in die Luft hebt, soll man sich leise anschleichen, an dem Bein ziehen und sich dabei etwas wünschen. Wenn einem das gelingt, wird der Wunsch innerhalb von dreißig Tagen in Erfüllung gehen. Und dem guten Lancelot fällt nichts Besseres ein, als das auszuprobieren.
Webster senkt augenblicklich das Bein, dreht sich um und hebt nunmehr statt des Beins die Augenbraue. Und von dieser ersten Differenz an betrachtet Webster alles, was Lancelot tut, wenn auch nicht gerade als hoffnungslos, so doch als dringend korrekturbedürftig, und Lancelot unterwirft sich seinem Urteil.
Als seine Braut Gladys ihn besucht, um Webster kennenzulernen, bittet Lancelot sie vor der Begegnung, doch die Tintenflecke von ihrer Nase zu entfernen. Als ein Freund sich eine Zigarre ansteckt, muß Lancelot ihn daran erinnern, daß Webster Zigarrenrauch nicht mag. Und was Lancelot selbst angeht, so darf er nun, wenn er allein ist, nicht mehr in Hausschuhen und Morgenrock herumlaufen. Er steht, wie er seinen Freunden erklärt, ganz unter dem Pantoffel von Webster.
Und leider darf er nun auch Gladys nicht mehr heiraten. Webster ist mit ihr nicht einverstanden und hat an ihrer Stelle Brenda Carberry-Pirbright auserwählt – eine junge Dame, von der er hellauf begeistert ist. Kaum erscheint sie in Lancelots Wohnung, zeigt er ihr seine Bewunderung, indem er ihr mit steil aufgestelltem Schwanz und hingebungsvoll schnurrend um die Beine streicht.
Doch Gladys setzt ihrem Lancelot, der nun praktisch schon mit Brenda auf dem Weg zum Altar ist, die Pistole auf die Brust: Entweder er holt sie Punkt halb acht zum Abendessen ab, oder sie wird entsprechende Maßnahmen ergreifen.
Danach braucht Lancelot erst einmal einen Drink, und in seiner Hast verschüttet er ihn natürlich – was Webster mit einem Blick »stummen Tadels« vermerkt. Zunächst wendet sich Lancelot beschämt ab, dann aber wird er, wie Mr. Wodehouse schreibt, Zeuge »eines Schauspiels, das einen stärkeren Mann als Lancelot Mulliner umgeworfen hätte.« Der ehrenwerte Webster hockt nämlich neben der sich ausbreitenden Whiskypfütze auf dem Boden und schlabbert mit Genuß.
»Und dann, unvermittelt, einen flüchtigen Moment nur, hörte er auf zu schlürfen und sah zu Lancelot auf, und über sein Gesicht huschte ein rasches Lächeln – so warm, so vertraulich, so voll jovialer Kameraderie, daß der junge Mann unwillkürlich wieder lächelte und nicht nur lächelte, sondern zwinkerte. Und Webster zwinkerte in Antwort auf dieses Zwinkern ebenfalls.«
Da Lancelot Webster nun auf die Schliche gekommen ist, dürfen wir uns auf ein Happy-End freuen: Brenda Carberry-Pirbright ist endgültig abgeschrieben, und Lancelot und Gladys können endlich heiraten.
Was Mr. Wodehouse hier über Websters Feldzug gegen ein gemeinsames Glück von Lancelot und Gladys schrieb, war Dichtung. Was mir geschah, war grausame Wahrheit. Und es passierte nicht nur einmal, sondern zweimal. Und beidemal hatte Eisbär die Pfote im Spiel, das erstemal indirekt, das zweite Mal ganz direkt.
Etwa um die Zeit, als Eisbär zu mir kam, hatte ich mich ziemlich heftig in eine junge Kalifornierin verschossen. Es fing, wie das bei griesgrämigen Junggesellen in Herzensdingen meist der Fall ist, ganz harmlos an. Und ging über eine weite Wegstrecke auch so weiter. Es ist nicht etwa so, daß Griesgrame kein Herz haben – sie haben eines –, aber der Kopf hat bei uns Vorrang. Wir mögen unser Herz verlieren, aber wir lassen uns keinesfalls den Kopf verdrehen.
Kurz und gut, es war so: Ich lernte eines Tages ganz zufällig diese Kalifornierin kennen. Sie war eine schöne Frau. Nicht nur die Männer Kaliforniens umschwärmten sie, sondern auch Männer aus anderen Staaten, anderen Ländern und, nach dem Aussehen einiger unter ihnen zu urteilen, von
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