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Die Katze namens Eisbär

Die Katze namens Eisbär

Titel: Die Katze namens Eisbär Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cleveland Amory
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anderen Sternen. Sie hatte langes schwarzes Haar, große braune Augen und eine atemberaubende Figur. Sie war amüsant und witzig, und das trug wesentlich zu ihrem Reiz bei. Außerdem mochte sie Katzen. Ich lud sie also kurz entschlossen nach New York ein, um sie mit Eisbär bekannt zu machen.
    Zu ihrem Empfang plante ich ein intimes Dinner zu zweit in meiner Wohnung, das ich von einem New Yorker Party-Service liefern ließ. Ich möchte darauf hinweisen, daß das keinen anderen Grund hatte, als daß meine Kochkünste, so sehr Eisbär sie zu schätzen weiß, zur Vorbereitung eines solchen exquisiten Abendessens nicht ausreichten. Ich hielt es schlicht für bequemer, das Essen einfach vom Herd zu nehmen und auf den kerzenschimmernden Tisch zu stellen. Das Kerzenlicht plante ich übrigens auch nur, weil der Blick von meiner Wohnung auf den Central Park bei Kerzenschein viel romantischer ist als bei elektrischem Licht.
    Endlich war der große Abend da. Sie kam, wie immer, mit Verspätung. Und fast gleichzeitig kam Eisbär. Sie kniete nieder, um ihn zu streicheln – genauso, wie ich es mir seit langem vorgestellt hatte. Aber dann folgte aus heiterem Himmel die kalte Dusche. »Oh«, sagte sie, während sie munter darauflosstreichelte, »ist der aber dick.« Und als reiche das nicht schon, machte sie es noch schlimmer. »Er ist wirklich viel zu dick.«
    Eisbär traute seinen Ohren nicht. Er empfand diese Bemerkung nach so kurzer Bekanntschaft offenkundig als viel zu persönlich. Augenblicklich zog er sich zurück und äußerte statt seines gewohnten »Ajau« nur ein tief verletztes »Au.«
    Im Gegensatz zu Eisbär wußte ich, da ich die Dame kannte, daß ich richtig gehört hatte, aber das machte die Sache nicht besser. Es ist wahr, daß Eisbär in jener Zeit, so bald nachdem ich ihn halbverhungert auf der Straße aufgelesen hatte, einiges an Gewicht zugelegt hatte. Und kalorienbewußt zu leben war, wie ich schon in meinem ersten Buch schrieb, nicht seine Sache. Dennoch – mich, der ich mir solche Mühe gegeben hatte, auf seine Linie zu achten – auch wenn er selbst nichts davon hielt –, machten ihre Bemerkungen einfach wütend. Ich erwartete gar nicht, daß sie ein so schönes, altmodisches Wort wie »stattlich« kannte, aber ein wenig mehr Taktgefühl hätte ich mir doch gewünscht. Ich denke, wenn sie zum Beispiel gesagt hätte: »Er ist wirklich ein kräftiger Bursche«, oder vielleicht auch: »Er ist gut im Futter, nicht?«, so hätte ich das hinnehmen können. Ich hätte die Bemerkung dann sicher einfach darauf zurückgeführt, daß für Kalifornierinnen Schlanksein das Wichtigste im Leben ist. Aber Eisbär dick zu nennen, und gleich zweimal, das ging zu weit. Der langen Rede kurzer Sinn: Sie war für mich erledigt.
    Und kurze Zeit nach ihrem Besuch in New York tat die schöne Kalifornierin genau das, was ich erwartet hatte – sie heiratete.
    Es wäre jedoch nicht gerecht, Eisbär für den Ausgang der Geschichte unmittelbar verantwortlich zu machen. Im übrigen hatte die Sache für mich auch ihre gute Seite. Sie bewirkte nämlich, daß ich hinfort noch mannhaftere Anstrengungen unternahm, Eisbär bei Linie zu halten. Was die junge Dame angeht, so entwickelten sich die Dinge auch bei ihr zum Guten. Glücklich geschieden jetzt, ernüchtert vielleicht, aber sicherlich auch klüger, ist sie heute eine gesuchte Drehbuchautorin. Und ich, ernüchterter und hoffentlich auch klügerer Griesgram, schaffte es immerhin nach angemessener Trauerzeit, die Freundschaft mit ihr zu erneuern.
    Mag Eisbär an den kalifornischen Geschehnissen allenfalls mittelbar schuld gewesen sein; das Scheitern der zweiten hoffnungsvollen Beziehung geht eindeutig auf sein Konto.
    Die Frau, der meine Neigung in jenem zweiten Fall galt, war das pure Gegenteil meiner Kalifornierin. Sie war groß und blond, mit blauen Augen und einem hinreißenden Lächeln. Aus Boston stammend, hatte sie dort gelernt, entweder von Mama oder in einer guten Mädchenschule, daß man im Beisein von männlichen Wesen niemals auch nur andeutungsweise zeigen darf, daß man ebenso viel an Intelligenz, Menschenkenntnis und Humor zu bieten hat wie diese. Die Folge war natürlich, daß sie ungemein umschwärmt war. Sie war im übrigen eine alte Liebe von mir, und wir waren eine Zeitlang »miteinander gegangen«, wie man damals zu sagen pflegte. Sie war der Typ von Mädchen, den man ohne Bedenken und ohne Vorwarnung den Eltern vorstellen konnte heute eine Seltenheit. Es ist gut

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