Die Katze riecht Lunte
Testosteron verabreichen würde. Über manche Dinge sollte man besser schweigen.
Was Tommys Fliegerjacke in Herb Jones’ Transporter und die Handschellen in Archies Lieferwagen anging – Letztere hatte man zu seinem Bedauern nicht mal gefunden –, so war dies purem Übermut entsprungen. Es war aufregend zu beobachten, wie alle um einen herum aus der Fassung gerieten.
Sarahs schwarzer Jaguar auf Blair Bainbridges Grundstück bereitete der Polizei dennoch weiterhin Kopfzerbrechen. Doch Vane-Tempest hatte es dank seiner zynischen Menschenkenntnis nach ganz oben geschafft. Wenn die Polizei eine Lösung parat hatte, die von der Öffentlichkeit akzeptiert wurde, was war da schon ein einziges überzähliges Teil, das nicht ins Puzzle passte? Sie hatten nichts gegen ihn oder Sarah in der Hand.
Er wusste, dass Sarah bei Tommy im Flugzeug gewesen war. Er war mitten in der Nacht aufgestanden, hatte Tommy unter dem Vorwand einer dringenden Teotan-Angelegenheit angerufen und sich mit ihm bei der Lebensmittelfabrik getroffen, ihn erschossen und mit Kokain vollgepumpt. Alles in allem hatte das fünfzehn Minuten gedauert. Er war gegen drei Uhr zu Hause im Bett gewesen, und niemand hatte etwas gemerkt. Kokain und eine Schließfachmarke in Tommys Wagen zu deponieren war ein Kinderspiel gewesen. Auch das Fälschen der Geschäftsbücher war leicht gewesen. Er hatte die Zahlen in seinen Computer eingegeben, ausgedruckt und in einen ledernen Hefter gesteckt.
Er hatte keine Angst vor Sarah. Diese Episode, wie er es nannte, regte nur seinen Appetit auf sie an. Er sah sie jetzt als das, was sie war. Eine Raubkatze. Genau wie er.
61
Harry und Miranda saßen an Blairs Bett. Beide hatten ihn zwei-, dreimal täglich im Krankenhaus besucht.
»Kehrt irgendeine Erinnerung zurück?«, erkundigte sich Miranda höflich.
»Nein«, erwiderte er aufrichtig. »Aber der Doktor sagt, dass mir die eine oder andere Kleinigkeit vielleicht wieder einfallen wird. Es kann aber genauso gut sein, dass ich mich nie mehr erinnern werde. Das Letzte, was ich noch weiß – es ist so läppisch –, ist, dass ich ein Auto in die Zufahrt kommen hörte. Ich habe die Hintertür aufgemacht und bin gestolpert. Ein schlichter Fehltritt. Das ist alles, was ich noch weiß.«
»Du musst es leid sein, dass alle dich danach fragen.« Harry lächelte. »Du siehst gut aus.«
»Es geht mir auch ganz gut. Die Schwellung ist abgeklungen. Der Doktor möchte, dass ich noch ein paar Tage warte, um ganz sicherzugehen. Ich sage dir, was mich zum Wahnsinn treibt.« Er deutete auf seine Kopfbandagen. »Meine Kopfhaut juckt wie Giftsumach. Und ich kann mich nicht kratzen.«
»Das ist ein Zeichen der Heilung.« Miranda tätschelte seine Hand. »Sie werden im Nu wieder ganz gesund sein. Danke, Jesus.« Sie schloss in innigem Gebet die Augen.
»Ja. Ich habe großes Glück gehabt.« Blairs Augen trübten sich. »Gott sei Dank, dass es dich gibt, Harry.«
»Mir hast du schon genug gedankt.« Harry lächelte liebevoll.
»Und Mrs Murphy, Pewter und Tucker.« Blair strahlte übers ganze Gesicht.
»Ja.« Harry hatte weder ihm noch sonst jemandem das ganze Ausmaß ihrer Tat geschildert. Sie wusste, dass ihr niemand glauben würde.
»Vielleicht ist es besser, sich nicht zu erinnern. Sie und Archie waren Freunde.« Miranda glaubte, Archie sei der Angreifer gewesen.
»Ich weiß es einfach nicht, Miranda. Ich weiß nicht, ob es besser ist, es zu wissen oder nicht zu wissen, und ich kann eh nichts daran ändern. Ich bin bloß froh, am Leben zu sein.« Er brach ab, weil seine Augen sich mit Tränen füllten, und Harrys und Mirandas ebenso.
62
Miranda fuhr sich mit der Hand ans Gesicht. »Es ist mir zuwider, von Drogenhandel zu hören. Ich konnte Tommy so gut leiden.«
Cynthia, eine Sonnenbrille mit geschliffenen Gläsern auf der Nase, fuhr mit ihrer Geschichte fort. »Er muss das Zeug mit einem Privatflugzeug in Florida oder von näher gelegenen Flugplätzen abgeholt und hierhergebracht haben. Sie wissen, dass Tommy regelmäßig Übungsflüge veranstaltet hat? Das waren keine Übungsflüge.«
»Gute Arbeit«, beglückwünschte sie Miranda.
»Wir haben die Unterlagen. Das ist der eigentliche Durchbruch. Wir haben in Tommys Porsche Kokain und eine Schließfachmarke vom Busbahnhof gefunden. Darauf sind wir zum Busbahnhof gegangen, haben das Schließfach geöffnet, und da waren die Rechnungsbücher.«
»Was soll man davon halten?« Tucker beobachtete die Leute, die am
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