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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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Erst beim vierten Vorstoß drohte es zu brechen. Da inzwischen der massive Beschuss durch die Katapulte auch mehrere, immer größer werdende Löcher in die Mauern geschlagen hatte und die wenigen schweren Eisenkugeln, die man zu diesem Zweck aus Lübeck mitgebracht hatte, noch größere Schäden anrichteten, entschloss sich der Festungsvogt schließlich zur Übergabe.
    Der Beschuss durch die Katapulte endete erst wenige Stunden, nachdem auf dem höchsten Festungsturm die weiße Flagge gehisst worden war. Der Festungsvogt schickte einen Unterhändler zu den Lübeckern. Wenig später wurde das Haupttor geöffnet.

F ünfunddreißigstes K apitel

    Das Blatt hat sich gewendet
    Johanna und Frederik liefen in einem langen Zug an den Belagerern vorbei. Alle Waffen hatten in der Festung zurückgelassen werden müssen, und nun waren die Lübecker offensichtlich auf der Suche nach Angehörigen von dänischen Adelshäusern und reichen Bürgern, die sich gegen ein Lösegeld eintauschen ließen. Da unter den Lübecker Seeleuten nicht wenige waren, die in Friedenszeiten auf Handelsschiffen durch den Öresund fuhren und sich mit den Verhältnissen von Helsingborg auskannten, gelang es kaum einem der in Frage Kommenden, sich zu verbergen.
    Johanna fiel auf, dass einige der Hübschlerinnen, mit denen zusammen sie eingesperrt gewesen war, geradezu darum bettelten, auch mitgenommen zu werden. Sie hofften wohl darauf, in einer größeren und bedeutenderen Stadt wie Lübeck ihrem Gewerbe besser nachgehen zu können als in dem erbärmlichen Trümmerhaufen, zu dem Helsingborg nun geworden war.
    Aber es gab offenbar strenge Anweisungen, keine von ihnen mitzunehmen, denn ein Lösegeld würde man für sie wohl nicht erzielen können.
    »He, du!«, rief plötzlich eine barsche Stimme, deren Klang Johanna zusammenzucken ließ.
    Bis jetzt waren Frederik und sie unentdeckt geblieben. Der Schatten ihrer Kapuzen hatte ihre Gesichter weitgehend verborgen. Ihre Kleidung war so verschmutzt und abgerissen wie bei allen anderen, die aus der Festung kamen, und so waren sie in der Menge nicht weiter aufgefallen. Vielleicht, so ihre Hoffnung, gelang es ihnen ja, irgendwie durch die Masche des Netzes zu schlüpfen, das man ausgelegt hatte.
    »Ja, dich meine ich!«, wiederholte die Stimme. »Und den Mann dort auch!«
    Es war Herward von Ranneberg.
    Nie würde sie den schneidenden Klang vergessen, den die Worte dieses Mannes hatten. Zu lebhaft erinnerte sie sich daran, wie er vor der Versammlung des Hansetages im Langen Saal des Rathauses zu Köln seine Anschuldigungen gegen Frederik erhoben hatte.
    Im Handumdrehen waren Frederik und Johanna von Söldnern umstellt. Schwertspitzen und Hellebarden waren auf sie beide gerichtet. Die Kapuzen wurden ihnen von den Köpfen gerissen. Der ganze Zug kam ins Stocken. Und dann bildete sich eine Gasse zwischen den Waffenknechten, und Herward von Ranneberg trat vor. »Hat mich mein sicherer Blick doch nicht getrogen«, lächelte er triumphierend. »So wird dem Mörder von Pieter van Brugsma dem Jüngeren und seiner Helfershelferin doch noch die Gerechtigkeit Gottes zuteilwerden! Wer hätte das gedacht …«
    »Auch Euch wird die Gerechtigkeit Gottes irgendwann ereilen«, erwiderte Johanna. »Niemand kann ihr entfliehen, Herward von Ranneberg. Und wenn es erst beim Jüngsten Gericht sein sollte.«
    Herward verzog höhnisch das Gesicht. »Dann habe ich – im Gegensatz zu euch beiden – ja noch etwas Zeit!« Ein heiseres Gelächter folgte, während Johanna und Frederik gepackt und abgeführt wurden.
    Eine Woche später, in Lübeck …
    Herward von Ranneberg suchte das Gasthaus »Zum Einhorn« auf, wo an diesem späten Abend bereits mehrere Männer auf ihn warteten. Der Wirt hatte alle anderen Gäste fortgeschickt, sodass sie den Schankraum für sich allein hatten, denn es gab Wichtiges zu besprechen.
    »Seid gegrüßt, meine Freunde«, sagte Herward.
    Die Stimmung unter den Anwesenden war sehr ernst, das fiel Herward sofort auf. Endreß Frixlin wich seinem Blick aus, das Gesicht von Auke Carstens dem Älteren wirkte so zerfurcht wie schon lange nicht mehr, und selbst Bruder Emmerhart schien das breite Lächeln, das ansonsten sein Gesicht zeichnete, vergangen zu sein.
    »Setzt Euch«, sagte Emmerhart, und Herward zog einen der Stühle zurück, um darauf Platz zu nehmen.
    »Vielleicht habt Ihr schon gehört, dass Frederik von Blekinge, der Mörder von Pieter van Brugsma, und Johanna von Dören in Helsingborg gefasst

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