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Die Kaufmannstochter von Lübeck

Die Kaufmannstochter von Lübeck

Titel: Die Kaufmannstochter von Lübeck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Conny Walden
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schüttelte.
    »Ein Katapultgeschoss«, wandte er sich dann mit einer etwas ruckartigen Bewegung an Frederik. »Es hat einen der kleineren Türme weggerissen.«
    Ein Hagel von Brandpfeilen ging nun über der Festung nieder. Wie Sternschnuppen zogen sie über den Nachthimmel und bohrten sich in das Dachgebälk einiger Gebäude. Aber der Regen der letzten Zeit verhinderte Schlimmeres. Das Holz hatte sich so voller Feuchtigkeit gesogen, dass die meisten Flammen wieder verloschen, kaum dass sie richtig aufgelodert waren.
    Auch auf Seiten der Verteidiger wurde nun geschossen. Armbrustschützen standen an den Zinnen und schossen in das Dunkel der Nacht hinein auf alles, was sich bewegte, oder dahin, wo Fackeln zu sehen waren. Und die großen Katapulte ließen es wenig später Steine regnen.
    Die Belagerung zog sich weiter hin, und Brun Warendorp wusste, dass die Zeit nicht für ihn arbeitete, sondern gegen ihn. Die Söldner murrten schon, obwohl es dazu eigentlich keinen Grund gab. Schließlich garantierte die Stadt Lübeck ihre Bezahlung, und die war geradezu fürstlich. Nur die besten Männer des Kriegshandwerks hatte man für dieses Unternehmen angeworben. Und die Sorgfalt, die man bei der Auswahl aufgebracht hatte, machte sich bezahlt. Trotz einiger heftiger Kämpfe und riskanter Angriffe auf die massiven Mauern der Festung waren die eigenen Verluste sehr gering geblieben.
    Viel zermürbender waren die Wartezeiten, in denen gar nichts geschah. Natürlich sollte das in erster Linie die Belagerten zermürben und nicht die Angreifer. Auf Letztere hatte das aber auch seine Auswirkungen. Tagein, tagaus vor hohen, unüberwindbar scheinenden Mauern zu stehen und in einer vorgelagerten Stadt zu leben, die sich durch den beiderseitigen Katapultbeschuss mehr und mehr in eine Trümmerwüste verwandelt hatte, machte die Männer mit der Zeit unwillig und gereizt. Außerdem war die Versorgung schlechter geworden. Die Vorräte der Belagerer gingen schneller zur Neige als jene der Verteidiger, die sich auf dieses Gefecht durch eine ausreichende Vorratshaltung gut vorbereitet hatten.
    Inzwischen hatte Brun Warendorp ein Schiff losgeschickt, das frische Verpflegung herbeiholen sollte. Es war noch nicht zurück, wurde aber von allen mehr als sehnsüchtig erwartet.
    Brun Warendorp hatte sich in einem der größeren Häuser Helsingborgs eingerichtet, dessen Bewohner wohl mit den anderen in die Festung geflohen waren. Von hier aus kommandierte er die Lübecker Truppen. Und hier beriet er sich auch mit den Kapitänen und Befehlshabern der Söldner, von denen die meisten inzwischen die Ansicht vertraten, es sei besser, die Belagerung aufzugeben und stattdessen die Herrschaft auf See auszuüben und dafür zu sorgen, dass sich kein einziges dänisches Schiff mehr in der Ostsee blicken ließ. Schon bevor Warendorp Kopenhagen angegriffen hatte, waren die Herzöge von Mecklenburg und Holstein dem Bündnis beigetreten und führten einen Landkrieg gegen die Dänen, in der Hoffnung, deren Einfluss deutlich zurückzudrängen.
    War es nicht vielleicht wichtiger, König Waldemar oder wenigstens seinen Reichsdrost Henning Podebusk gefangen zu nehmen, als monatelang vor einer Festung auszuharren, die einfach nicht fallen wollte?
    Aber in diesem Punkt war Warendorp anderer Ansicht.
    Wenn Helsingborg fiel, dann würde Waldemar nachgeben. Und falls der doch, wie man gerüchteweise vernehmen konnte, längst in den sicheren Süden geflohen war und auch gar nicht daran dachte, sich nach seiner vielleicht sowieso nur vorgeschobenen Suche nach Verbündeten wieder zurück in sein eigenes Land zu begeben, dann bekam man den König Dänemarks ohnehin nicht zu fassen.
    Aber wenn Helsingborg in lübische Hand geriet, dann würde der Sundzoll in Zukunft so oder so nicht mehr Waldemar zufließen. Alles, was Waldemars Reich bisher zusammengehalten hatte, würde dann zerfallen wie ein morscher Baumstamm.
    Aber dazu war es nun einmal unbedingt notwendig, dass die dicken Mauern dieser Festung überwunden wurden.
    Die Tür zu Brun Warendorps improvisiertem Arbeitszimmer ging knarrend auf. Herward von Ranneberg trat ein. Warendorp konnte diesen Mann aus Köln nicht leiden. Schon bei seinem Auftreten vor dem Hansetag war er ihm unsympathisch gewesen. Dass Herward ihn auf dem Kriegszug begleitete, war eher ein Zugeständnis an die Kölner. Er selbst hatte ihn nur widerstrebend mitgenommen.
    Andererseits war Herward in Begleitung einiger wirklich hervorragend ausgebildeter

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