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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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schwammen.
    Nachdem sie einige Minuten im Wasser gewesen waren, tauchte etwa zwanzig Meter entfernt eine Robbe auf und sah sie neugierig an.
    »Kleb ihr einen Bart an, und sie sieht aus wie du, Liam Lavelle«, sagte Ger Moloney, der sich auf einen Felsen unter der Wasseroberfläche gestellt hatte, um die Robbe besser sehen zu können.
    »Ich habe hoffentlich mehr Haare auf dem Kopf… weil wir gerade dabei sind – hat dir schon mal jemand gesagt, dass du wie eine ertränkte Ratte aussiehst?«, sagte Liam und schubste seinen Kollegen ins Wasser.
    Als sie nach dem Schwimmen einen steilen Pfad aus der Bucht hinaufstiegen, fing Jeff Clark, ein Gaststudent aus Boston, von neuem mit den Tiervergleichen an.
    »Habt ihr schon mal bemerkt, wie Pater Fletcher immer über seine Brille schaut – erinnert mich an diesen Seevogel, wie heißt er gleich? Ach ja… ein Tölpel… vor allem wegen dieser Nase…«
    »Und Martin Gaughran ist eindeutig ein Frosch – tut mir leid, Marty«, sagte Ger, während sie durch duftenden gelben Stechginster marschierten. »Und was wäre Brian McKeown?«
    Liam schlug eine Eule vor.
    »Genau. Merkt ihr, dass es hauptsächlich die Augen ausmachen – Robbe, Frosch, Eule?«, beobachtete Jeff. Er dachte einen Augenblick nach, dann fragte er: »Und wie sieht es mit Michael Roberts aus?««
    Niemand antwortete.
    Liam brach das Schweigen, indem er das Thema wechselte.
    »Hey, ihr Faulpelze, ich fange nächste Woche einen Tauchkurs an. Macht jemand mit?«
    »Wo?«
    »In Sandycove, auf der Südseite, gibt es eine Tauchschule. Drei Stunden im Schwimmbecken, dann geht’s hinaus ins Meer.«
    »Jetzt weiß ich, wie seine Augen sind«, murmelte Jeff und runzelte die Stirn.
    »Wessen Augen?«, fragten die andern unisono.
    »Die von Michael Roberts – sie sind wie die Augen eines Hais.«
    Mit der kehligen Stimme von Quint in dem Film Der weiße Hai fuhr er fort: »Die Sache ist nämlich die bei einem Hai, dass er leblose Augen hat, schwarze Augen, Augen wie eine Puppe. Wenn er dich angreift, scheint er gar nicht zu leben… bis er zubeißt…«
    Ihr sorgloses Geplapper schien einen ernsteren Einschlag bekommen zu haben, den Ger zu zerstreuen versuchte.
    »Roberts ist ein komischer Kauz, das stimmt – ha, Kauz, da haben wir’s ja schon wieder!«
    »Ich kann nur sagen, dass ich den Kerl unheimlich finde, und das liegt nicht nur an seinem Verhalten, da ist noch was anderes«, sagte Jeff.
    »Vielleicht hat es mit seiner Herkunft zu tun«, sagte Liam.
    »Er ist nicht gerade ein Kind reicher Eltern und glaubt, dass unsereins aus einer privilegierten Schicht kommt. Ich glaube, darin liegt teilweise sein Problem.«
    »Privilegierte Schicht, dass ich nicht lache«, sagte Ger. »Er ist einfach ein arroganter, heimlichtuerischer Klugscheißer, der glaubt, dass sich die ganze Welt um ihn dreht.«
    »Aber vergiss nicht«, widersprach Liam, »dass er im letzten Jahr schlimme Prügel für seine Ansichten bezogen hat, vor allem für die über das Geistige. Von uns bekam er kaum Unterstützung, deshalb fühlt er sich wahrscheinlich isoliert. Fletcher hat ihm sogar manichäischen Dualismus vorgeworfen… Materie ist böse, all das Zeug, das Augustinus guthieß, bevor er konvertierte. Aber Michael sieht es im Sinne einer Rückkehr zum keltischen Christentum, zu den Bußvorschriften. Ein Besuch bei Celi De zwecks Inspiration.«
    »Wer um alles in der Welt war das denn?«, fragte Jeff.
    »Die Diener Gottes – eine asketische Bewegung, die sich im achten Jahrhundert hier in den Klöstern entwickelte. Der heilige Maelruain von Tallaght war ihr Hauptvertreter«, erklärte Liam.
    »Du willst also sagen, dass diese Jungs ziemlich streng waren, ja? Ich meine, das Klosterleben damals war wohl ohnehin kein Zuckerschlecken«, mutmaßte Jeff.
    »Richtig«, sagte Liam. »Strenges Fasten war Pflicht, sie haben sich gegenseitig gegeißelt, und es gab noch weitere… bizarre Praktiken.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ein Mönch, der sich angeblich sieben Jahre lang an eisernen Haken aufhängte, eine Nonne, die einen Hirschkäfer in einem Behälter an ihre Seite schnallte, sodass er sich in sie hineinfraß…« Liam sah, wie Jeffs Gesichtsausdruck von Ungläubigkeit zu Ekel wechselte.
    »Igitt!«
    »Ja, und sie hatten für alles eine Strafe«, fügte Ger an. »Was, du hast in der Kirche gefurzt? Vierzig Peitschenhiebe, die werden dir helfen, dich zu bessern. Eine Fliege ist auf deinem Mund gelandet, obwohl du fasten solltest? Zehn Wochen bei

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