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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Spanisch?«
    »Nein, Italienisch. Das ist verwandt. Erzählen Sie mir mehr von den Penitentes.«
    »Damals waren Priester Mangelware in so abgelegenen Gebieten, deshalb gründeten die Männer eine Brüderschaft, Los Hermanos Penitentes. Sie waren karitativ tätig, aber bekannter wurden sie durch Praktiken wie Geißelung und Selbstbestrafung, vor allem zur Osterzeit, wenn sie die Leiden Christi nachahmten – sie veranstalteten Prozessionen mit schweren Kreuzen, die ihnen ins Fleisch schnitten, peitschten sich selbst und gegenseitig aus, kreuzigten sich…«
    »Igitt!«, sagte Jane angewidert. »Und sie existieren immer noch?«
    »Nur mehr wenige von ihnen. Aber das Komische dabei ist, dass diese Gegend New Mexicos eine Brutstätte religiöser Aktivitäten geworden ist. Dort gedeihen alle möglichen Anschauungen und Praktiken, von den Penitentes über die New-Age-Anhänger bis zur Pfingstbewegung.«
    »Klingt, als würde einer wie Roberts dort nicht weiter auffallen«, bemerkte Jane.
    »Genau so ist es. Und außerdem lernt er eine ganze Palette neuer und bizarrer Ideen kennen.« Lavelle spießte ein Stück Hühnchen auf und lehnte sich genießerisch zurück. »Schmeckt übrigens hervorragend«, sagte er und prostete ihr zu.
    »Danke. Ich erinnere mich, irgendwo gelesen zu haben, dass Kinsey, der Sexualforscher im letzten Jahrhundert – ich kann mich noch immer nicht daran gewöhnen, vom letzten Jahrhundert zu sprechen –, dass also dieser Kinsey unvorstellbare Dinge mit sich anstellte, um eine Erregung zu erreichen. Zum Beispiel… aber vielleicht sollte ich gar nicht…«
    »Weil ich Priester bin und womöglich verlegen werde? Kein Problem, ich habe von ihm gelesen – die Pfeifenreiniger in seiner Harnröhre, die Kugelschreiberköpfe, die Schnur um seinen Hodensack. Der Unterschied ist der, dass er die Empfindung zu vergrößern versuchte. Unser Freund befasst sich jedoch genau mit dem Gegenteil – mit einer Form extremer Triebunterdrückung.«
    Lavelle nahm sich noch Salat und sah sich um. »Mir gefällt Ihr Haus«, sagte er.
    Obwohl es modern und von kargem Design war, hatte es eine persönliche Note, zu der unter anderem ein gut bestücktes Bücherregal, einige vorzügliche Aquarelle und eine von hinten beleuchtete Vitrine voll gläserner Briefbeschwerer beitrugen.
    Da Jane den Mund voll hatte, erwiderte sie das Kompliment nur mit einem Nicken. Sie schluckte und wischte sich mit der Serviette den Mund ab, bevor sie antwortete.
    »Das Anwesen heißt eigentlich Cyber Lawns – weil Ryevale doch angeblich das irische Silicon Valley ist und so. Hazel und ich fanden es zum Schreien, in einem Haus zu wohnen, das nach einem Science-Fiction-Film klingt. Aber es ist okay. Ich habe noch kein Verlangen, wegzuziehen.«
    Sie unterhielten sich weiter mit der Zwanglosigkeit von Leuten, die sich schon viel länger kennen. Gegen Ende des Essens deutete Lavelle mit einem Kopfnicken in Richtung Vitrine.
    »Nette Sammlung von Briefbeschwerern, die Sie da haben.«
    »Ja, und das sind noch nicht einmal alle. Mein Vater hat mein Interesse dafür geweckt. Er liebte Glas. Kein Waterford-Kristall, wohlgemerkt. Er besaß einige hübsche Art-deco-Stücke. Ich glaube, Mutter hat sie verkauft. Jedenfalls haben meine Freunde auf diese Weise nie das Problem, nicht zu wissen, was sie mir schenken sollen. ›Jane hat Geburtstag? – Dann kriegt sie einen Briefbeschwerer!‹«
    Sie lachte. Ihre grünen Augen leuchteten schalkhaft, und ihr Lachen war temperamentvoll und ansteckend. »Das hat sich gemein angehört«, tadelte sie sich schnell. »Ich mag sie wirklich, je mehr, desto lieber.« Sie lachte wieder.
    Auch er lachte, wie jemand, der nach Tagen unter der Erde wieder die Sonne sieht.
    »Sie leben allein«, sagte er. Es war ihm so herausgerutscht. Unangemessen. Der falsche Zeitpunkt.
    »Ja.« Und sie fügte hinzu: »Genau wie Sie.« Etwas geschah zwischen ihnen. Ohne Worte.
    Jane schob ihren Stuhl zurück und begann Teller und Schalen abzuräumen. »Dessert gibt es leider keines. Möchten Sie etwas Käse oder einen Kaffee?«
    »Kaffee wäre toll.«
    Während Jane in die Küche ging, stand Lavelle auf und ging zur Glassammlung. Er nahm einen bunten, durchsichtigen Briefbeschwerer zur Hand und betrachtete ihn mit zusammengekniffenen Augen aus verschiedenen Blickwinkeln, bevor er ihn zurück ins Fach legte. Ein blaues Stück daneben war voller eingeschlossener Luftbläschen. Er zuckte zusammen und sah schnell weg. Aber die Erinnerung, die sie

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