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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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Ausstellung erwähnt wurde? Ratet mal. Die Kirche neben der Galerie ist St.
    Michan, und wofür ist die berühmt? Für ihre Mumien. Gibt es massenhaft in den Gewölben dort. Ist das nicht fantastisch?
    Sollte man doch unbedingt erwähnen. Mumifizierte Leichen, Tür an Tür mit einer Ausstellung namens ›Cryptology‹. Toll, oder?«
    Kara hatte im Eingangsbereich bereits einige Lichter ausgemacht, und jetzt kam sie hinter einem kleinen Empfangstisch hervor, an dem sie gesessen hatte. Sie hätte den Besucher fast wieder weggeschickt, als er zehn Minuten vor sechs eintraf, aber er kam ihr bekannt vor, und sie wollte ihn nicht vor den Kopf stoßen. Als er in die Ausstellungsräume ging, hatte sie ihm nachgesehen und bemerkt, dass er eine Ledertasche bei sich hatte. Aber nicht das weckte ihre Aufmerksamkeit. Er trug Gummistiefel, sie schauten unter seiner Hose hervor. Es war zwar ein nasser Abend, aber heutzutage sah man eigentlich nur noch Arbeiter und Kinder in der Stadt mit Gummistiefeln herumlaufen.
    Daran dachte sie, als sie in den ersten von drei Räumen ging, aus denen die Galerie bestand. Es war der kleinste der drei und enthielt die Mementos der Berühmtheiten. Die anderen beiden Räume zweigten nach links und rechts ab. Kara steckte den Kopf in den rechten und rief. Keine Antwort. Mit den Gläsern voll Körperteilen, Knochen und Flüssigkeiten sah es hier aus wie im Seziersaal einer chirurgischen Fakultät. Sie schaltete das Licht aus und näherte sich dem größten der drei Räume, der gegenüberlag. Er wurde von O’Loughlins großer Installation dominiert, die von schwarz gestrichenen Wänden umgeben war und drei Viertel der Deckenhöhe erreichte.
    Kara stand im Eingang zu dem Raum und rief.
    »Entschuldigen Sie, wir schließen jetzt.« Niemand antwortete.
    Sie machte alle Lichter im Raum aus. Ihr war ein bisschen unheimlich zumute. Wo steckte der Mann? Ein Geräusch veranlasste sie, die Lichter wieder anzumachen.
    »Hallo, ich muss Sie bitten, zu gehen.« Immer noch keine Antwort.
    Sie wollte nicht mehr warten. Die Sache machte sie sehr nervös. Das quietschende Geräusch von Rädern und ein Schatten, der über die Decke huschte, ließen sie innehalten, und dann tauchte um die Ecke der Installation die Rollbahre auf, auf der viele berüchtigte Verbrecher per Giftspritze ins Jenseits befördert worden waren. Kara blieb wie gebannt stehen, während der schwarz gekleidete, große Mann das Gefährt auf sie zuschob; er hatte die Zähne zu einer Art Lächeln entblößt und man hörte kein Geräusch von seinen Schritten. Sie fühlte sich schwach und merkte, dass sie dabei war, ohnmächtig zu werden, aber er war rechtzeitig bei ihr und fing sie auf, bevor sie zu Boden sank.

39
    A n dem Tag, an dem sie sagten, ein solcher Junge müsste Priester werden, war sie sehr glücklich, denn sie wusste, er musste einer werden, um sie alle zu retten… wissen Sie, dass es einen Mangel an Berufenen gibt, sagten sie, und bei all den Drogen und wo sie es heutzutage schon in jungen Jahren treiben, da gereicht Ihnen der Bursche zur Ehre, und wir bringen ihn im Priesterseminar unter, wenn er das will… das hieß, sie hatten die ganze Zeit gewusst, wer er war, aber nie etwas gesagt… und er ging zum Priesterstudium, mein Junge, der seinen Vater nicht kannte, der weder Opa und Oma noch Tante und Onkel jemals kennen lernte, aber er war der Beste von allen… bis er eines Tages nach Hause kam und sagte, sie wollten ihn nicht zum Priester weihen, vielleicht wegen etwas, woran ich schuld war… er war wütend auf mich… ich sagte, er sei mehr Priester als jeder von denen… was das heißen solle, wollte er wissen und tat mir zum ersten Mal in seinem Leben weh, bis ich ihm erzählte, dass er der Sohn des Bischofs war… das beruhigte ihn, und er versprach mir, er würde Priester werden, wenn das mein Wunsch sei… ein reiner und heiliger Mann wollte er werden und die Geißel des dreckigen Abschaums dieser Erde, der alles verhöhnt und in den Schmutz zieht, was heilig ist in der Welt… und jetzt hatte er sie wieder besucht… diesmal hatte er es sehr eilig gehabt… nur zum Umziehen, hatte er gesagt… sie musste es jemandem erzählen, sie war so stolz auf ihn… er hatte etwas bei ihr gelassen, also würde er wiederkommen… vielleicht fragte sie ihn noch einmal… komisch allerdings, dass er sie nicht gesegnet hatte… oder ein Gebet gesprochen…

40
    R aymond O’Loughlin wurde zunehmend betrunken und merkte nicht mehr, wie die

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