Die Kenlyn-Chroniken 01 - Drachenschiffe ueber Kenlyn
bei lebendigem Leib zerfleischen!«
Die Mannschaft hatte einen Kreis um Keru und den jungen Mann gebildet. Endriel, mit Nelen auf ihrer Schulter, saß auf dem rechten Diwan, Xeah hatte sich ihnen gegenüber niedergelassen. Miko stand neben ihr und betrachtete ängstlich den Skria, der sich vor der Steuerkonsole aufgebaut hatte.
Die Spannung im Raum war so deutlich zu spüren wie Elektrizität in der Luft vor Ausbruch eines Gewitters. Endriel merkte nicht, dass sie vor Nervosität die Hände gefaltet hatte. Bitte – lass ihn am Leben!
Kai hielt Kerus Blick stand. Dann nickte er. »Mein Name ist Kai Novus. Ich stamme aus Siradad, wo ich geboren und aufgewachsen bin. Ich habe einem alten Freund, meinem Mentor, versprochen, ihn nach Hause zu bringen, bevor er stirbt. Er ist sehr alt und nicht fähig, allein zu reisen. Der Ort, zu dem ich muss, liegt weit außerhalb des Nexus-Netzwerks. Deswegen kam ich nach Teriam. Um ein Schiff zu finden.«
»Weiter!«, fauchte Keru. »Das genügt mir nicht!«
»Als ich das Portal nach Teriam durchquert hatte, versuchte ich sofort, zum Ringhafen zu gelangen. Aber meine Reise war ziemlich kurz. Plötzlich sprang mich ein unbekannter Draxyll an. Er zerrte mich in eine Seitengasse. Ich wehrte mich und er ging mit einem Messer auf mich los. Ich entkam ihm, aber auch nur, weil Endriel und Nelen plötzlich auftauchten.«
»Endriel hat uns davon berichtet«, sagte Xeah, ohne erkenntlich zu machen, ob sie ihm glaubte. »Aber was geschah danach?«
Kais Blick wechselte von der Draxyll zu seinem Inquisitor Keru. »Danach verschwand ich im Untergrund. Ich weiß auch nicht genau, warum. Ich war verletzt, völlig durcheinander.« Er strich sich durch das wirre Haar. »Vielleicht wäre es klüger gewesen, da zu bleiben und alles aufzuklären, aber bevor ich wieder einigermaßen klar denken konnte, verlor ich das Bewusstsein. Als ich aufwachte, waren da drei Straßenkinder.«
»Straßenkinder?« Kerus Ohren zuckten.
»Ja. Sie haben mich vor den Friedenswächtern versteckt und zeigten mir die Fahndungszeichnungen. Ich erzählte ihnen von Endriel. Bis zum nächsten Tag blieb ich bei ihnen im Untergrund. Dann brachten sie mir ein Flugblatt von eurem Unternehmen, das sie gefunden hatten. Ich kenne niemanden in dieser Stadt, ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte. Die Friedenswächter hätten mich eingesperrt. Und ich hatte keine Zeit zu verlieren, versteht ihr? Jede Sekunde, die vergeht, ist vielleicht die letzte im Leben meines Mentors! Endriels Schiff war die einzige Chance, aus Teriam zu verschwinden und mein Versprechen zu erfüllen! Ich bin kein Krimineller! Ich ... ich habe keine Ahnung, woher der Gouverneur mein Gesicht kennt oder warum er Jagd auf mich macht!«
Stille kehrte ein, bis Xeah sagte: »Nun, das ist zumindest eine Geschichte, die man nicht jeden Tag hört.«
Keru zeigte seine makellosen Zähne. »Und du erwartest allen Ernstes, dass wir dir das abkaufen?«
Kai schüttelte den Kopf und lächelte humorlos. »Das würde ich als Letztes erwarten.«
»Sie nehmen sehr viel auf sich, nur um diesem alten Mann zu helfen.« Xeah klang beeindruckt.
»Ja«, antwortete Kai. »Aber das bin ich ihm schuldig.«
»Der halbe Orden der Weißmäntel ist hinter dir her!« Keru wurde wieder lauter. »Und jetzt auch hinter uns! Wie glaubst du, kommst du aus dieser Scheiße wieder raus – oder wir?«
»Sobald ich mein Versprechen erfüllt habe, werde ich mich den Friedenswächtern stellen«, erklärte Kai ernst. »Ich werde aussagen, dass ich euch gezwungen habe, mich aus der Stadt rauszuschmuggeln. Aber vorher muss ich meinen Mentor auf seiner letzten Reise begleiten. Ich weiß, dass ich eine Menge von euch verlange, aber ich werde euch dafür bezahlen. Werdet ihr mir helfen?«
Verzweiflung stand in seinen Augen. Endriel versuchte, Blickkontakt zu Xeah aufzunehmen, doch die Draxyll hatte nachdenklich das Haupt geneigt. Miko schien immer noch nicht zu wissen, was er tun sollte und verlagerte sein Gewicht unruhig von einem Fuß auf den anderen.
Es war Nelen, die als erste das lange Schweigen brach. »Was ist nun? Geben wir ihm eine Chance oder nicht?«
»Geh nach draußen«, knurrte Keru, ohne Kai anzusehen. Der Skria starrte durch die Glaskuppel, die von Baumwipfeln umzingelt schien. »Die Mannschaft dieses Schiffes wird sich beraten.«
»Ich verstehe.« Kai nickte. Er drehte sich um und verließ die Brücke. Miko machte Anstalten, ihm zu folgen.
»Wo willst du hin?« Endriel sah zu dem
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