Die Ketzerbibel
und den Fenchel dort!»
Sie stach mit dem Stock Löcher in die Erde, um anzuzeigen, wo die Setzlinge hinkommen sollten.
Danielle ließ sich auf die Knie nieder und jätete flink die unerwünschten Kräuter aus. Sie lockerte den Boden und ließ die langen Wurzeln vorsichtig in die vorbereiteten Löcher gleiten.
Alix hatte dazu zufrieden mit dem Kopf genickt: «So ist es recht. Gut machst du das. Woher du die Kräutlein alle kennst, das weißt du wohl nicht?»
«Doch», hörte sich Danielle zu ihrem eigenen Erstaunen sagen, «meine Mutter hatten einen
giardino di semplice
.»
Eine schöne Frau mit dunklen Locken, die ihr lang den Rücken hinuntersprudeln.
Da war nur dieses eine Bild von ihr, für immer jung:
Sie hockt sich hin zwischen den Beeten, und der Saum ihres grünen Kleides fließt über den Sand. Tauben picken Pinienkerne aus ihrer Hand.
«Wenn du einverstanden bist, werde ich Juliana bitten, dass du mir öfter hilfst.»
Danielle war das sehr recht, lieber als Küchendienst und lieber als putzen oder das Hospital war es ihr allemal.
Der Garten nahm den gesamten Hof ein und war voneiner Buchsbaumhecke eingefasst. Eine Zisterne bildete das Zentrum. Nördlich davon, zum Hospital und dem Torhaus hin gelegen, lag der Herbularius, der Heilkräutergarten. Acht rechteckige Beete waren säuberlich mit Tonziegeln abgesteckt.
«Im Osten: Papaver, Ruta, Valerian und Feniculum», erläuterte Alix, wobei sie mit ihrem geschwollenen Zeigefinger auf die entsprechenden Pflanzen zeigte. Im Westen: Rosmarino, Salvia, Cumino und Ataregia, das Pfefferkraut, das trocken und wärmend ist und gut für Herz und Magen, gleichfalls für Rheuma, Gicht und alle Krankheiten, die von zu viel Feuchtigkeit und Kälte kommen. «Die Kümmelpflanzen haben wir aus Ägypten bekommen.»
Sie gingen hinüber zur anderen Seite, zum Hortulus, dem Gemüsegarten, der ebenfalls nach medizinischen Gesichtspunkten angelegt war.
«Im Osten: Cepas, die Zwiebel, die vielerlei nützliche Eigenschaften hat: sie wirkt generell kräftigend, ein Sirup aus Zwiebel ist gut bei krampfartigem Husten. Sie nützt als Kompresse bei Entzündungen der Ohren, für das alte Herz wirkt sie wahre Wunder, und eine Abreibung der Kopfhaut mit der rohen Frucht vertreibt Ungeziefer und lässt das Haar wachsen. Nicht dass wir solchen Schmuckes bedürften …», dozierte Alix.
«Du sprichst, als seist du in einem Kloster gewesen», sagte Danielle.
«War ich auch. Bin als Kind in Sankt Gallen gewesen. Habe dort als Magd im Garten gearbeitet, da habe ich alles
de culturam hortorum
gelernt.»
«Und warum bist du nicht mehr dort?»
Alix zwickte im Vorübergehen mit den Fingernägeln ein Ästchen ab, das vorwitzig in den Weg ragte. «Die Sankt-Gallener schließen sich zu sehr von der Welt ab, das hat mirnicht gepasst. Nur
vita contemplativa
auf Kosten der Gesellschaft, das heiße ich nicht gut. Ist im Übrigen auch nur für die hochwohlgeborenen Chorschwestern so bequem. Als Laienschwester bist du nur eine billige Dienstkraft, und für das Kontemplative bleibt dir wenig Zeit. Trotzdem wecken sie dich um Mitternacht zum Beten! Im Übrigen waren sie geizig mit dem Bier. Ich bin also dort weg, als ich alt genug war, um zu begreifen, was mir nicht gefällt.»
Als Danielle später eine Bemerkung über Alix’ lockere Einstellung zum Konventleben machte, da widersprach Magdalène ihr überraschend: «Das scheint nur so. Tatsächlich ist Alix tiefgläubig, tiefer als die meisten von uns! Du musst sie nur einmal beobachten, wenn sie betet. Oder schau einmal, mit welcher Sorgfalt und Liebe sie die Blumen für unseren Hausaltar aussucht und wie sie diese Blumen stellt und dabei die Madonna anschaut. Sie liebt sie wirklich. Nein – es muss etwas vorgefallen sein in diesem Kloster, was sie von dort vertrieben hat. Sie hat ein paar Andeutungen über den sündigen Luxus der adligen Nonnen gemacht. Und wenn Alix etwas nicht für Recht hält, dann gibt sie sich auch nicht dafür her.»
«Wie – du bist einfach auf und davon?», fragte Danielle.
«Na, ich habe mich wandernden Beginen angeschlossen, Bettelbeginen, und bin mit denen umhergezogen. Dann kamen wir nach Pertuis, und da hatte Juliana gerade mit Hilfe einer reichen Stifterin dieses Haus eröffnet. Es hat mir gefallen, und ich bin geblieben. Da siehst du: Den Garten habe ich so angelegt, dass er unser Leben wiedergibt. Die Umrandung ist niedrig, das bedeutet: Wir gehen in die Welt hinaus und helfen. Wir führen eine
vita
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