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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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Kerle betrunken und langsam. Über ein Mäuerchen, durch einen dunklen Garten und hinter einen Stall. Sie lehnt an der Bretterwand und hört drinnen die Tiere schnaufen und scharren. Ihr Herz rast.
    «Und kennt ihr den: Bei einer Begine liegt ein Kleriker. Die Begine nebenan hört das Geturtel und geht hinüber, um ihre Schwester zu ermahnen. Sagt die Getadelte: ‹Du hast aber einen merkwürdigen Kopfputz, Schwester!› Sie hatte nämlich im Dunkeln statt des Schleiers die Hose ihres eigenen Liebhabers erwischt!» Er bog sich vornüber vor Lachen und schlug sich auf die Schenkel, so erfreute er sich an seinem eigenen Witz.
    Danielle starrte sie finster an. Alix stieß ihr den Ellbogen in die Seite: «Wirst du wohl die Männer nicht so anstarren! Das gehört sich nicht! Schlag die Augen nieder!»
    «Aber wenn sie doch so schmutziges Zeug über uns sagen?!»
    «Na und? Beachte sie einfach nicht. Schämen müssen die sich und nicht wir.»
    Sie stellten sich am Brunnen an. Die meisten Frauen waren freundlich und höflich, doch sie spürte wohl, dass sie hier eine Außenseiterin war. Zwei der besser gekleideten Bürgerinnen wandten sich demonstrativ von ihr ab.
    «Es ist schon eine Schande, wie sie ganz offen zusammenleben und dann auch noch fromm tun», zischte die eine.
    «Und auf uns herabschauen, als ob sie etwas Besseres wären», flüsterte die andere.
    Danielle hielt ihren Frieden und wartete, bis sie an der Reihe war. Vor ihr stand eine hochschwangere junge Frau.
    «Du solltest in deinem Zustand nicht so schwer tragen», bemerkte Danielle.
    «Ha! Das sag mal meinem Ehemann! Der sieht seine Eselinnen die Karren ziehen und ihr Junges im Laufen werfen und meint, das müsste bei mir genauso gehen.»
    «Männer!», sagte ihre Nachbarin empört.
    Danielle drehte sich nach Alix um und schaute sie fragend an. Die nickte und machte es sich auf dem Brunnenrand bequem.
    «Komm, lass mich! Ich trag dir rasch die Eimer nach Hause.»
    «Ja? Ich dank dir sehr. Das wäre mir wirklich recht! Ich habe schon Angst, es geht wie beim letzten Mal.»
    «Hast du ein Kind verloren?»
    «Ja, nicht nur eins.»
    «Na, dann gib mir die Eimer und lauf voran. Und wenn es meine Meisterin erlaubt, will ich gern morgen zur selben Zeit wieder hier sein.»
    Danielle war bald zurück. Sie füllte die Holzeimer und hängte sie rechts und links auf den Tragbalken, bückte sich, schlüpfte unter den Balken, sodass er in ihrem Nacken zu liegen kam, und richtete sich mit der Last auf. Alix schleppte den Krug. Sechs- oder siebenmal mussten sie laufen, ehe allePflanzen gewässert waren und noch zweimal, um Wasser für die Küche und Trinkwasser für die Tafel zu holen.
    Marthes Cousine erschien am Brunnen mit ihrer Kinderschar. Die Jungen tobten auf dem Platz herum und machten Geschrei, während die Mädchen mit ihrer Mutter nach Wasser anstanden. «Ich danke für die Grüße. Sag ihr, uns geht es allen gut. Nur dass ihr Bruder noch humpelt, wo er sich mit der Axt ins Bein gehauen hat beim Holzschlagen. Und dass seine Milchkuh ihm weggelaufen ist. Und dass ihm der Schuppen abgebrannt ist. Aber sonst geht’s uns allen gut», sagte sie und lächelte tapfer.
    Endlich waren alle Pflanzen gewässert. Der Duft von feuchter Erde mischte sich mit dem sonnenwarmer Kräuter. Mit dem letzten Rest Wasser aus dem Krug spülten sie Schweiß und Staub von den Händen. Alix richtete sich auf und rieb sich ihre knotigen Gelenke.
    «Wenn du jetzt noch eine Kräutermischung in Olivenöl ansetzen würdest, dann wären wir für heute fertig. Alles, was dafür nötig ist, steht schon auf dem Tisch im Schuppen.»
    «Gern», erwiderte Danielle. Das war ihr die liebste Beschäftigung, gleich nach dem Gärtnern. Es war so friedvoll hier in diesem luftigen Gärtnerhaus mit den langen Bänken, auf denen Setzlinge keimten, mit den Regalen voller säuberlich beschrifteter Flaschen, den Schubladen mit Samen, dem steinernen Arbeitstisch. Danielle legte Alix’ Rezeptbuch offen neben sich und überprüfte die Zutaten. Sie musste sich tief über das Buch beugen, um die winzige, krakelige Schrift lesen zu können. Gerade hatte sie begonnen, eine Handvoll Pfefferkraut grob zu hacken, als sie von draußen Lachen und Geschrei vernahm. Als sie vor die Tür trat, sah sie gerade noch, wie die alte Gärtnerin wütend und mit dem Stock fuchtelnd durch die Beete rannte.
    Ein paar Gören stoben kichernd vor ihr davon, die Taschenvoller Kirschen. Natürlich war Alix nicht schnell genug. Die Kinder

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