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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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und beeilten sich, nach Hause zu gelangen.
    Plötzlich öffnete sich mit einem Ruck die Tür einer Herberge von schlechtem Ruf. Ein menschliches Bündel flog unsanft die Stufen herunter, Danielle vor die Füße. Oben in der Tür erschien ein Männergesicht, aufgedunsen und betrunken, puterrot vor Wut: «Pack dich! Ich tu noch immer, was mir passt, wann immer es mir passt! Jetzt kommst du mir schon ins Freudenhaus hinterhergekrochen! Verschwindeendlich, du hässliche alte Vettel! Ich will dich nie wieder sehen!»
    Die Tür krachte ins Schloss. Das Bündel zu Danielles Füßen regte sich und schluchzte. Es war eine Frau, gut gekleidet, mit einer Flechtfrisur, wie sie die besseren Bürgerinnen trugen, nur dass die schöne Haartracht halb aufgelöst war. Strähnen hingen ihr ins Gesicht, und als sie es hob, sah man im Schein der Fackeln, dass sich auf ihrer Wange ein dunkler Fleck zu bilden begann. Danielle biss die Zähne zusammen vor Wut. Gemeinsam halfen sie der Frau auf die unsicheren Füße.
    «Habt Ihr Euch weh getan? Könnt Ihr laufen?», fragte Magdalène.
    Die Frau nickte benommen.
    «Wo sollen wir Euch hinbringen?»
    Sie wies mit einer zitternden Hand und schwieg. Danielle und Magdalène stützten sie rechts und links, und so steuerten die drei Frauen durch die Rue de la Fontaine auf das Haus eines stadtbekannten Ölmüllers zu. Davor blieben sie stehen.
    «Habt Ihr Hilfe im Haus? Bedienstete? Braucht Ihr ärztlichen Beistand?»
    Die Frau sah jetzt erst ihre Retterinnen an.
    «Beginen? Ihr seid Beginen? Ihr gehört zu denen aus der Hahnengasse, nicht wahr?»
    Danielle nickte und erwartete schon, mit Verachtung fortgescheucht zu werden. Doch die Frau richtete sich auf und rief: «Das ist ein Zeichen des Himmels. Ich will eine von euch werden! Nie und nimmer kehre ich zu meinem Mann zurück. Wartet einen Moment auf mich. Ich bin gleich wieder da!»
    Ohne eine Antwort abzuwarten, stürzte sie die kleine Treppe hoch und bediente heftig den bronzenen Türklopfer.Eine Magd tat ihr auf. Sie stürmte an der verdutzten Bediensteten vorbei und kam nach kurzer Zeit zurück, beladen mit Kleidern und einem Brokattuch, in das sie offenbar eine Reihe von Gegenständen eingewickelt hatte.
    «Das ist meine Aussteuer. Sie gehört mir allein! Die lasse ich ihm nicht», erklärte sie. «Und jetzt bringt mich bitte zu eurer Mutter Oberin oder Äbtissin, oder wie immer das bei euch heißt.» Sie stürmte voran, stieß in ihrem Eifer und in ihrer Erregung Passanten rechts und links beiseite. Den beiden erstaunten Beginen blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
    «Ho! Die hat es aber eilig, von ihrem Alten wegzukommen!», grinste Magdalène.
    «Ja, kann sie denn das denn einfach tun?», fragte Danielle etwas atemlos.
    «Schon», antwortete Magdalène, die sich mühte, mit der Frau Schritt zu halten, über die Schulter. «Wenn das ihr Ehemann war, den wir vorhin erlebt haben, dann hat er sie verstoßen, und zahllose Zeugen haben es mit angehört.»
    Sie erreichten das Tor von Sainte Douceline.
    «Aufmachen! Lasst mich sofort ein!», rief die Frau ungeduldig. Alix schaute misstrauisch durch das Fensterchen, sah Danielle und Magdalène und öffnete das Tor. Juliana wurde geweckt. Sie hörte sich die ganze Geschichte an und sagte dann: «Nun gut. Natürlich kannst du heute Nacht bei uns bleiben. Doch gleich morgen früh müssen wir den Vorfall beim Magistrat anzeigen. Du musst deine Aussage machen, und wir müssen Zeugen finden. Aber vielleicht überlegst du es dir ja noch einmal, wenn du erst eine Nacht darüber geschlafen hast.»
    «Auf keinen Fall!», schrie die Frau wie wild. «Ich bleibe nicht bei diesem Vieh!» Sie schlug das Tuch auf und schüttete die darin mitgeschleppten Gegenstände vor Julianaauf den Tisch. Münzen, zwei silberne Kerzenleuchter, ein Bronzeteller, feingetriebene Zinnbecher und allerlei Zierrat polterten heraus, eine mit wertvollen Steinen besetzte Halskette, passende Armbänder und goldene Ohrgehänge. «Da! Ich kann für meinen Unterhalt bezahlen!»
    «Das ist gut, aber es geht hier nicht ums Bezahlen. Wir sind keine Herberge», sagte Juliana. «Du musst erst verstehen, worauf du dich hier mit uns einlässt. Es ist bei uns auch nicht eitel Zuckerschlecken! Hast du Kinder?»
    «Nicht mehr. Von den acht Kindern, die ich geboren habe, leben drei Söhne, und die sind erwachsen.»
    «Dann hast du also niemanden im Stich gelassen. Gut. Schlaf dich erst einmal aus. Morgen reden wir weiter.»
    Sie wandte sich

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