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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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aus der Küche und sehe ihnen zu. Da sitzen sie unter dem Lorbeer und sprechen ganz ruhig miteinander. Die Blumen duften und die Vöglein singen   …»
    «Die Vöglein singen, soso.»
    Eine Frau aus der Rue Saint Jacques war hinzugetreten: «Ist es wahr, dass sich die Frau von Maudru zu euch geflüchtet hat? Na, verstehen kann man’s schon!»
    «Der hat sie arg gebeutelt, das kann ich bezeugen. Kaum ein Tag verging, an dem sie nicht grün und blau im Gesicht war!», sagte eine andere.
    «Ihr ganzes Geld hat er versoffen und ins Bordell getragen, das ist wirklich wahr! Es war nämlich sie, die das Geld hatte. Sie hat eine Ölmühle geerbt und einen schönen Olivenhain draußen vor der Stadt. Er hat gar nichts in die Ehe gebracht. Und wenn sie ihn wirklich verlässt, dann besitzt er nichts als die Kleider, die er auf dem Leib trägt.»
    «Da hast du den Grund, warum es ihn so heftig nach seiner Frau verlangt», raunte Magdalène.
    «Und? Nehmt ihr sie auf, wird sie bleiben?», fragten die Frauen.
    «Natürlich nehmen wir sie auf. Ob sie bleiben wird, das weiß ich noch nicht, da muss sie sicher erst mal sehen, ob es ihr gefällt, wie wir leben. Das ist ja nun nicht jedermanns Sache.»
    Eine Ladung Brote wurde aus dem Ofen gezogen, und Annik war an der Reihe.
    «Ich glaube nicht, dass die Garsende bei denen bleibt!», sagte eine der Frauen, als Annik am Ofen hantierte. «Sie ist doch eine anständige Bürgerin und hält was auf sich!»
    «Was soll das heißen?», sagte Magdalène, die es gehört hatte.
    «Na, das müsstest du wohl am besten wissen», erwiderte die Frau anzüglich.
    «Ach, alte Geschichten. Wetz deine Zunge anderswo», gab Magdalène gleichmütig zurück.
    Als die Brote fertig waren, holte Annik sie mit einem Schieber heraus. Sie waren goldbraun, und die Kruste knackte leise beim Abkühlen. Je ein Holzbrett unter dem Arm und eines auf dem Kopf balancierend, machten sich Annik und Magdalène auf den Heimweg.
    «Du solltest denen nicht so viel von Carolus und Danielle erzählen, Annik», mahnte Magdalène.
    «Warum denn nicht? Sie tun doch nichts Verbotenes. Und es ist doch wirklich wahr: Was dieser Doktor für ein guter Mensch ist und was er alles anstellt, damit unsere Danielle wieder ganz wird! Obwohl ich manchmal denke, dass Vergessen auch eine Erleichterung sein kann. Meine Mutter selig hat immer gesagt: Das Gedächtnis ist so kurz und das Leben so lang!»
    Die Neue, Garsende, hatte sich gleich am nächsten Tag in der Weberei eingefunden.
    «Ich habe all unser Tisch- und Bettleinen selbst gemacht», sagte sie. «Lasst mich bitte bei euch arbeiten.»
    Man wies ihr einen leeren Webstuhl zu. Als Danielle am späten Nachmittag kam, um ihren Teppich weiterzuweben, hob Garsende den Blick von ihrer Arbeit: «Danielle! Schön, dass du auch hier bist!» Danielle nickte ihr freundlich zu und setzte sich vor ihr angefangenes Bildwerk.
    «So, das ist also deines! Was soll es denn darstellen?», fragte die Neue interessiert.
    «Wenn man das nur wüsste!», giftete Gebba, aber Garsende beachtetet sie nicht weiter.
    Der Bildteppich war inzwischen von oben nach unten bis auf ein Drittel gewachsen. Man sah einen grünlich blauen Himmel, Kopf und Gesicht einer Frau. Braunes Haar fiel ihr bis auf die Schultern, war aber mit einem Band zurückgehalten. Das weiße Gewand war weit und über der Schulter gefältelt. Hinter der Gestalt sah man verschiedene Blumen.
    «Es sind gar keine Ranken. Es wird eine Art Kranz», sagte Guilhelme. «Ist es vielleicht eine Maya, eine Frühlingsgöttin?»
    «Nein, keine Göttin», antwortete Danielle.
    «Was sind das für Blumen, die du dargestellt hast? Diese Rispe mit den rosenfarbigen Blüten wie kleine Lippen, die kenne ich. Ist das nicht Betonienkraut?», wollte Garsende wissen.
    «Mag sein. Es waren eben gerade ein paar mit Waid gefärbte Enden übrig.»
    «Und diese vierblättrige Blüte, ist das nicht Weinraute? Das ist sehr merkwürdig. Solche einfachen Blumen sind sonst nie auf allegorischen Darstellungen zu sehen. Sonst nimmt man Kornblumen für die Gottesmutter   …»
    «So ein reines Blau war aber nicht dabei. Waid ergibtmehr ein helles Rötlichblau wie dieses. Deshalb habe ich Betonienkraut dargestellt», erwiderte Danielle.
    «…   Lilien für die Reinheit des Herzens   …»
    «Das hätte sich gegen das weiße Gewand zu wenig abgehoben.»
    Sie legte den Kopf schief und betrachtete ihr Werk. Die Oberfläche würde unregelmäßig werden, da sie Reste verschiedener

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