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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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weiß!»
    Danielle schwieg.
    «Rede endlich! Spuck es aus! Was hast du ausgefressen?!», schrie Gebba.
    Es pochte heftig am Tor. Alle schwiegen erschrocken, undniemand rührte sich. Noch einmal wurde angeklopft. Alix drehte sich um und ging, um zu öffnen.
    «Was ist denn hier los?» Calixtus musterte die beiden Gruppen. «Streitet ihr etwa? Das ist nicht gut! Ihr solltet zusammenhalten in solchen Zeiten, oder gibt es etwas, das ich wissen sollte?»
    «Frag doch die da!», zischte Gebba und zeigte auf Danielle.
    «Es reicht jetzt!», rief Juliana. «Gebba, du wirst sofort in deine Kammer gehen und beten! Zwanzig Ave Maria und zwanzig Agnus Dei! Und denke einmal nach über Splitter und Balken, hast du mich verstanden?!»
    Gebba deutete eine Verbeugung an und ging, aber ihr Gesicht blieb feindselig und verbissen.
    Juliana, Anne und Calixtus zogen sich zur Beratung ins Scriptorium zurück.
    «Abbé Grégoire schickt seine Unterprediger in der ganzen Stadt herum. Sie stellen Fragen über euch. Was ihr tut, wie ihr euch aufführt, was ihr bei der Tröstung von Kranken und beim Totendienst sagt. Man hat einige Bürger ins Pfarrhaus gehen sehen, verstohlen wie lauter kleine Judasse.»
    «Das wissen wir. Sollen sie nur gehen.» Julianas Blick war besorgter als ihre Worte.
    «Habt ihr mir irgendetwas zu beichten?», fragte Calixtus streng. «Um Danielle kann es doch nicht gehen. Ihre Anwesenheit hat Grégoire doch, hm, wenn auch nicht unbedingt gebilligt, so doch auch nicht verboten. Was habt ihr getan?»
    «Nichts!», sagte Anne rasch.
    «Es waren geflohene Beginen aus dem Languedoc vor der Stadt, denen haben wir Essen und Kleidung gegeben. Auda war eine von ihnen», berichtigte Juliana.
    «So! Und mich habt ihr in dem Glauben gelassen, sie sei aus der Gegend.»
    «Das haben wir nie gesagt.» Anne begab sich sofort in Verteidigungsstellung.
    «Aber ihr habt mich auch nie über ihre wahre Herkunft aufgeklärt. Es wäre besser gewesen, ihr hättet Vertrauen zu mir gehabt. Hat sie sich drüben etwas zuschulden kommen lassen?»
    «Nein, dafür lege ich meine Hand ins Feuer!», sagte Anne.
    «Hoffen wir, dass es so weit nicht kommen wird. Was könnte Grégoire sonst noch vorzubringen haben? Anne, hast du etwa über Marguerite Porete geredet in der Stadt?»
    «Nein», antwortete Anne ruhig und wahrheitsgemäß. Welchen Sinn hätte es auch gehabt, einfachen Leuten einen derart komplexen philosophischen Text nahebringen zu wollen? Er richtete sich ja ausschließlich an diejenigen, die sich schon im irdischen Leben der Gottsuche verschrieben hatten. Menschen, die im Alltag standen, konnten damit doch nichts anfangen.
    «Dann verstehe ich nicht, worauf er hinauswill. Bisher ging es dem Abbé immer nur darum, euch von meinem Orden abzutrennen und selbst die Aufsicht und Seelsorge zu übernehmen. Aber eine Ketzerpredigt ist immer der erste Schritt eines Inquisitionsverfahrens. Was kann er nur wissen? Was kann er nur erfahren haben?»
    Keine der Frauen sagte ein Wort.
    «Jemand muss euch denunziert haben! Wer hat Auda gesehen?»
    «Niemand. Sie kam im Gewand einer Bäuerin und hat das Haus nicht verlassen seither.»
    «Aber etwas müsst ihr doch getan haben. Ohne Feuer kein Rauch. Und warum hat der Erzbischof ihm inquisitorische Vollmachten erteilt? Sie müssen doch ein bestimmtes Ziel verfolgen damit.»
    «Vielleicht klopfen sie auch nur auf den Busch und warten, was herausspringt», meinte Anne. «Also hüten wir uns zu springen.» Die drei schwiegen bedrückt, bis sich Calixtus schließlich erhob, grüßte und ging.
    Gebba entschuldigte sich nicht vor dem Schlafengehen bei Danielle, und auch am nächsten Tag nicht.

11.
    «Es ist gut, Maudru, dass du dein Weib dazu gebracht hast, zu mir zu kommen», sagte Abbé Grégoire. «Also sprich, Weib! Du tust niemandem einen Gefallen, wenn du etwas verschweigst.»
    Garsendes linkes Auge war zugeschwollen, die Haut darum pflaumenblau. Ihre Unterlippe war aufgeplatzt. Sie schwieg. Maudru hob drohend seine schwere fleischige Hand. Die Frau zuckte davor zurück.
    «Mach das Maul auf!»
    «Aber was soll ich denn sagen», heulte sie.
    «Sag ihm, dass sie nachts auf ihren Besen durch die Lüfte reiten. Dass sie bei Vollmond einem Ziegenbock die Eier geküsst haben! Sag’s ihm! Los, oder du wirst es bereuen!»
    Grégoires Gesicht verzog sich angeekelt. Er selbst stammte aus dem Norden und hielt die provenzalischen Männer für entsetzlich unzivilisiert, für stinkende Knoblauchfresser, Schwätzer,

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