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Die Ketzerbibel

Die Ketzerbibel

Titel: Die Ketzerbibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elisabeth Klee
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wirklich lieber bei diesen fremden Frauen Magd sein statt Herrin im eigenen Haus?» Er versprach wieder, sich zu bessern. Abbé Grégoire zitierte die Bibel. Schließlich gab Garsende nach.
    «Wie kann sie nur zu diesem Prügelehemann zurückkehren?», ereiferte sich Justine.
    «Sie ist das Joch gewöhnt», sagte Anne müde.
    «Und siehst du, wie schnell sie sich plötzlich von dir verabschieden konnte, nachdem sie dir die letzten Wochen nicht von der Seite weichen mochte? Ich hoffe, du bist nicht enttäuscht», sagte Magdalène.
    «Enttäuscht, nein», sagte Danielle. «Es tut mir nur leid für sie, weil ich mir nicht vorstellen kann, dass sie dort glücklich wird. Aber ich bin auch ein wenig erleichtert, dass sie fort ist. Ich mag es nicht, wenn man sich so an mich hängt. – Zeig mal deinen Arm her!»
    Magdalène hatte den schweren Stapel Schüsseln auf den Tisch gestellt und deckte ungeschickt und langsam mit der linken Hand. Sonst klemmte sie das Geschirr stets in die Armbeuge und deckte flink mit rechts.
    «Ach, es ist nichts», wiegelte sie ab.
    «Zeig her!» Danielle zog Magdalène zum Fenster, wo das Licht in einem hellen, staubigen Strahl einfiel. Die kleine Wunde war längst verheilt. Doch der Arm war geschwollen. Und als Danielle prüfend mit dem Daumen auf die Stelle drückte, schrie Magdalène auf und zog den Arm weg: «Ich sage doch: Es ist gar nichts. Ich habe mich heute Nacht etwas verlegen.»
    «Bitte, geh zu Jeanne. Sie soll sich deinen Arm anschauen. Seit ein paar Tagen sehe ich schon, wie du ihn schonst!», bat Danielle.
    «Ach nein, warum denn», wich Magdalène aus.
    «Gehst du, oder muss ich dich hinschleppen?», drohte Danielle.
    «Ja, aber jetzt ist das Essen fertig. Nachher gehe ich.»
    Magdalène ging tatsächlich ins Hospital. Schwester Jeanne war gerade damit beschäftigt, einen Köhler zu verbinden, dem ein wilder Eber einen Unterschenkel aufgerissen hatte.
    Sein Blut tropfte reichlich in die untergestellte Schüssel.Blutige Lappen lagen am Boden und auf dem Tisch, und Jeanne bemühte sich redlich, einen Druckverband anzulegen, während der Mann fluchte und versuchte sie wegzuschieben: «Nicht so fest, nicht so fest! Ich muss mich doch noch bewegen können! Wie soll ich denn damit weiterarbeiten?!»
    Magdalène nahm seine Hände, sah ihm fest in die Augen und sprach auf ihn ein, um ihn abzulenken. Anschließend half sie Jeanne, das vergossene Blut aufzuwischen. Danach kam sie sich mit ihrem geschwollenen Arm so albern vor, dass sie ihn nicht erwähnte. Stattdessen ging sie zu Auda.
    «Oh, damit gehst du besser zu Jeanne», sagte Auda, während sie eine Fiebernde mit Suppe fütterte. «Ich muss noch all diesen da ihr Essen verabreichen, zwei Leute zur Ader lassen und einen Zahn ziehen.» Still nahm Magdalène den Suppentopf und einen zweiten Löffel und half, die Patienten des Hospitals zu versorgen, die allesamt schlimmer dran waren als sie selbst. Danach hatte sie ihren schmerzenden Arm fast vergessen.
    Am Markttag erschienen Ausrufer auf der Place de l’Ange. Die Einwohner von Pertuis wurden aufgefordert, am kommenden Sonntag allesamt und ohne Fehl in der Kirche Saint Nicolas zu erscheinen. Abbé Grégoire habe ihnen eine wichtige Mitteilung zu machen, und daher sei der Besuch dieses Gottesdienstes Bürgerpflicht.
    «
Eh bèh!
Was kann er nur wollen?», fragten sich die Leute untereinander. «Es ist doch nichts Besonderes vorgefallen. Niemand ist gestorben, es gab keine Gewalt, von der Schlägerei im Wirtshaus Zum Ochsen einmal abgesehen – aber das ist doch kein Grund.»
    Sie sollten es bald erfahren. Abbé Grégoire stieg auf die Kanzel. Er ähnelte mehr denn je einem giftigen kleinen Kampfhahn mit gespreiztem Gefieder.
    «Ketzer sind unter uns!», donnerte er von seiner Kanzel. «Im harmlosen Gewand der Demut und Wohltätigkeit haben sie sich bei uns eingeschlichen und eingenistet, unser Vertrauen gewonnen – und es missbraucht. Sie spucken auf die Bibel und küssen den Anus des Teufels! Sie verbreiten Irrlehren mit süßen Worten und mildem Blick! Sie haben Verbindung zu anderen Ketzern, Beginen und Katharern aus dem verfluchten Languedoc!»
    Juliana schaute ihn entsetzt an. Nun war allen ganz klar, wer gemeint war. Abbé Grégoire lächelte zufrieden. «Aber ich werde ihrem Treiben ein Ende machen. Der Heilige Vater in Avignon hat mich zum Inquisitor erhoben. Und deshalb fordere ich diese Ketzer auf, sich freiwillig zu stellen und bußfertig in den Schoß der Kirche

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