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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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erhielt zwei Weinfässer als Geschenk von dem Wirt um die Ecke, wo nun niemandem mehr zum Feiern zumute war. Der Vescomte ließ die Kühe in seiner Obhut regelmäßig melken und Milch an Anwohner verteilen, sodass sich lange Schlangen vor der Grafenburg bildeten. Adelind fegte das Gebot, keine von Tieren gewonnene Nahrung zu sich zu nehmen, zur Seite, denn sie konnte ihre Patienten und sociae nicht verdursten lassen. Jacint wurde losgeschickt, um die Milchration abzuholen. Sie war groß und kräftig, sodass sie ihren Platz unter den verzweifelten Wartenden mühelos behaupten konnte, kehrte aber nur mit einem kleinen Eimer zurück. Adelind ordnete an, dass diese Milch an die Kinder der domus verteilt werden sollte, doch reichte es auch bei den Kleinen nur für ein paar Schlucke. Ursanne schlug vor, den Durst durch Obst zu stillen, das aber ebenfalls rar zu werden begann. So blieb den sociae nur der Wein, der ihre Zungen noch trockener am Gaumen kleben ließ und zudem ihren Verstand trübte. Zum Glück schenkte er auch bleierne Müdigkeit. Selbst Rosa nahm hin, dass die Gebete ausfielen. Die Verletzten schwebten nicht mehr in Gefahr, an ihren Wunden zu sterben, sodass sie keiner ständigen Fürsorge bedurften. Adelind erlaubte sich erstmals nach Jahren, Tagträumen von Peyres nachzuhängen, denn sie schenkten ihr Augenblicke des Glücks, die sie brauchte, um die Gegenwart ertragen zu können. Hildegard hatte Lutz wieder frei laufen lassen, doch kehrte die Katze von ihrem ersten Ausflug kläglich miauend zurück, da sie auch draußen ihren Durst nicht hatte stillen können.
    » Es war alles so einfach früher « , murmelte Hildegard, während sie das verklebte Fell ihrer Katze kraulte. » Wir gingen hinunter zur Aude, wenn hier das Wasser in der Stadt knapp wurde. Ich träume nachts immer von dem blauen, kühlen Fluss. Dort lagert jetzt das Heer. «
    Adelind drehte sich zur Seite. Warum musste Hildegard stets aussprechen, was ohnehin jeder wusste? Sie staunte, wie reizbar länger anhaltender Durst sie werden ließ.
    » Seit wir hier leben, war noch kein Sommer so heiß und so trocken. Daher die vielen Fieberkranken « , meinte Rosa, die als Einzige noch aufrecht dasaß. » Schließlich werden Menschen anfangen, das Blut geschlachteter Tiere zu trinken. Aber wir dürfen das nicht. «
    Adelind schoss in die Höhe.
    » Im Ernstfall erlaube ich es! «
    Rosa verzog das Gesicht, doch Ursanne nickte zustimmend.
    » Den Kranken dürfen wir es nicht verwehren. Die Perfachs sollen selbst entscheiden « , meinte die Blinde. Adelind sah, wie Hildegard Lutz an sich drückte.
    » Es geht nicht um deine Katze. Das bisschen Blut in ihr wird niemanden retten « , versicherte sie und freute sich über Hildegards dankbaren Blick.
    Dann flog die Tür zur Kammer auf, und Mabile erschien mit einem kleinen Fass in der Hand. Ihr Gesicht wirkte so strahlend frisch, dass Adelind überlegte, ob einstige Bettlerkinder durch ihre ersten Lebensjahre dauerhaft abgehärtet wurden. Ansonsten verfügte unter ihnen nur Rosa über derartige Zähigkeit.
    » Mehr Wein? « , fragte ein junges Mädchen im Hintergrund. Mabile lächelte triumphierend, als sie ihr Fass auf dem Boden abstellte, dann formten ihre Lippen stumm das Wort Wasser. Adelind wollte gerade befehlen, dass es zu den Kranken gebracht werden sollte, doch da hatten gierige Hände das Fass schon an sich gerissen. Ein Gerangel entstand, Körper schubsten und stießen, während zahllose Finger versuchten, den Verschluss zu öffnen, sodass schließlich etwas von der kostbaren klaren Flüssigkeit auf den Boden tropfte.
    » Es reicht jetzt! « , hörte Adelind sich schreien. Sie hatte noch niemals in diesem Tonfall mit ihren Gefährtinnen gesprochen und staunte, deshalb einen anerkennenden Blick von Rosa zu erhalten. Tatsächlich wurde es still, und fast alle Frauen senkten beschämt den Blick.
    » Wir nehmen jetzt jede der Reihe nach ein paar Schlucke, um uns zu beruhigen « , entschied Adelind. » Und dann soll Mabile uns erklären, woher sie das Wasser hat. Und warum niemand sonst davon weiß. «
    Sie musterte das einstige Bettlerkind strenger als jemals zuvor, denn derartig eigenmächtiges Handeln entsprach nicht den Regeln der domus. Mabile schien den tadelnden Blick wahrzunehmen, doch reckte sie selbstbewusst das Kinn in die Höhe.
    » Das Wasser stammt aus einer Quelle, die außerhalb der Stadt liegt. Trinkt erst einmal alle. Danach habe ich einen Vorschlag zu machen. «
    Adelind missfiel es

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