Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
Vom Netzwerk:
sie von ihren Gefährten getrennt. Zwei der Wachmänner hielten sie fest, während alle anderen in das Verlies gestoßen wurden und die Tür zufiel. Nur kurz erhaschte Adelind den verzweifelten Blick von Hildegards Augen, die stumm von ihr Abschied nahmen. Rosa hatten sie nicht wiedersehen dürfen, sobald deren Verhör begonnen hatte. Nun, so ahnte sie, war die Reihe an ihr. Sie befand sich in dem kleinen Nebenraum, wo die zwei Kleriker sich regelmäßig unterhielten, und wurde auf einen Schemel gedrückt, während die Wachmänner sich vor der Eingangstür aufbauten. Adelind versuchte, das Zittern ihres Körpers durch ruhige Atemzüge zu bändigen. Ihre Lippen formten nun ebenfalls das Paternoster, denn erstmals begriff sie, wie Rosa Kraft aus den vertrauten Gebeten gezogen hatte. Sie saß völlig still, bereitete sich darauf vor, diese Welt vielleicht bald verlassen zu müssen. Es war grausam, ihr Verhör gleich nach Rosas Hinrichtung zu beginnen, doch gleichzeitig, so musste sie erkennen, war es sehr wirksam. Die Angst vor dem Grauen, dessen Zeugin sie soeben geworden war, saß noch knochentief in ihr. Die Tapferkeit jedoch, mit der Rosa es auf sich genommen hatte, war beeindruckend gewesen. Eine solche Wirkung, erwog sie, hatten die katholischen Kleriker wohl nicht vorausgesehen. Auf einmal vermochte sie höhnisch aufzulachen und die Schultern zu straffen. Rosas qualvollen Tod mit anzusehen hatte sie zu hassen gelehrt, und Hass verlieh erstaunliche Kräfte. Sie sollten kommen. Sie fühlte sich bereit, ihnen die Stirn zu bieten.
    Niemand kam. Adelind ließ ihren Blick durch das Zimmer wandern. Der Boden war rein und mit wohlriechenden Kräutern bestreut. Ein in Leder gebundenes Buch lag auf einem großen Tisch, daneben standen zwei Weinbecher und eine Karaffe herum. Sie stand auf, um einen genaueren Blick darauf zu werfen, und sah, dass einer der Becher noch zur Hälfte gefüllt war. Rasch warf sie einen Blick Richtung Eingangstür. Die zwei Wachmänner hatten ihr den Rücken zugewandt und plauderten völlig entspannt miteinander. Adelind streckte einen gierigen Arm aus. Sie sehnte sich nach dem wohltuend herben Geschmack des roten Weins und seiner entspannenden Wirkung. Schnell leerte sie den Becher, stellte ihn wieder zurück und setzte sich erneut auf den Schemel. Ihre Augen wandten sich nochmals zur Tür, konnten die zwei Wächter aber nicht mehr erkennen. Die Geräusche von Schritten verabschiedeten sich auf dem Gang, ließen Adelind allein zurück.
    Eine Weile saß sie nur weiter da, denn sie war sich sicher, dass bald jemand käme, der sie bei verbotenen Handlungen ertappen könnte. Aber die Schritte kehrten nicht wieder, stattdessen vernahm sie lautes Gerede und Gelächter, das von weiter weg zu kommen schien. Die neuen Herren von Carcassona hatten sich in der Grafenburg häuslich eingerichtet. Sie drehte ein paar Runden durch das Zimmer, schlug das Buch auf, bei dem es sich erwartungsgemäß um eine Bibel handelte, und entdeckte ein paar Schriftrollen, von denen eine noch nicht versiegelt war. Nach einem weiteren Blick zur Tür wagte Adelind, sie endlich aufzurollen. Es war ein Bericht des Massakers von Bezers. Gottes Werk war vollbracht, stand darin. Die Ketzer und ihre Verteidiger hatten ihren verdienten Tod gefunden. Wieder begann sie zu zittern und bekämpfte mit aller Kraft den Wunsch, das Pergament zu Boden zu werfen und darauf herumzutrampeln.
    Dann hörte sie nochmals die Melodie, ließ das Pergament los, sodass es wieder auf den Tisch fiel. Gebannt lauschte sie weiter, begann leise mitzusummen. Wenn es nicht Peyres war, der da auf der Fiedel spielte, dann musste es sich um jemanden handeln, der von ihm unterrichtet worden war und seine Melodien gelernt hatte. Ihre Füße bewegten sich zur Tür, gegen die sie vorsichtig zu drücken begann. Sie öffnete sich ohne Widerstand. Adelind atmete nochmals tief durch. Es war Irrsinn, dieses Zimmer zu verlassen. Wenn es tatsächlich eine Möglichkeit gäbe, aus der Burg zu entkommen, dann hätte man sie niemals unbeaufsichtigt zurückgelassen. Aber vielleicht konnte sie unauffällig einen Blick auf den Spielmann werfen und sich dann zurückschleichen. Der Wunsch war übermächtig, eben weil sie wusste, dass ihr Leben in dieser Welt bald zu Ende gehen konnte.
    So trat sie schließlich hinaus. Ein paar Stufen führten abwärts in einen Gang, wo Adelind die ihr so wohlvertrauten Wandteppiche erblickte. Auf diesem Weg war sie zum Vescomte de Trencavel und

Weitere Kostenlose Bücher