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Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Ketzerin von Carcassonne: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tereza Vanek
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litt vermutlich unter deren Zuneigung für Samuel, obwohl sie keinerlei Eifersucht zeigte. Vielleicht, erwog Adelind nun, war es Hildegard ähnlich ergangen, und deshalb hatte sie alles darangesetzt, sie von Peyres zu trennen. Sie vermochte weder Zorn noch Schmerz zu empfinden, nun, da sie wusste, dass ihnen allen der Tod drohte. Langsam kroch sie vorwärts, um ihre erschöpften Glieder dem langersehnten Nass entgegenzustrecken. Tropfen prasselten auf ihre ausgetrocknete Haut, streichelten, stachen und kühlten. Für einen Augenblick konnte sie den Regen genießen.
    Wäre er nur ein paar Tage früher über die Stadt gekommen, dann wäre der Vescomte de Trencavel noch ein freier Mann, und sie selbst hätte die vertraute Welt der domus niemals verlassen müssen.
    Im Morgengrauen wurde Rosa zum Verhör abgeholt. Niemand staunte darüber, niemand sprach. Als Morgenmahl wurde ihnen endlich wieder Brot gebracht, dazu noch Eier, Käse und Milch. Adelind überlegte, ob dies nur aus Ahnungslosigkeit geschah oder ob sie weiter auf die Probe gestellt wurden. Sie vermochte keine Antwort zu finden, aber da das Brot nicht ausreichte, um alle Mägen zu füllen, verspeiste sie ein paar Eier, denn Rosas Abwesenheit befreite sie von Gewissensbissen. Mabile und Samuel folgten sogleich ihrem Beispiel, Olivette tat es nach einigem Zögern, doch Hildegard verzichtete weiterhin auf verbotene Speisen. Lutz schleckte alle Milch auf, dann rollte sie sich in Hildegards Schoß zusammen und begann zu schnurren. Wenigstens jemand fühlte sich in dieser Lage wohl, dachte Adelind und schloss die Augen, denn sie hoffte, in der Nacht versäumten Schlaf nachholen zu können. Geräusche drangen als feine Fäden in ihr Ohr. Rosa wurde nicht im Nebenraum befragt, sodass sie nichts davon mitbekam, aber draußen trappelten Schritte, Männerstimmen brüllten Befehle, teils in unverständlicher Sprache, und zwei Dienstboten tuschelten unter dem Fenster, dass sie Simon de Montforts Schädel am liebsten von einem Wurfgeschoss zerschmettert sehen würden. Die Grafenburg schien nun weitaus lauter und unruhiger als zu Zeiten des Vescomte de Trencavel. Aus der Ferne ertönte der Gesang einer Fiedel, der Adelinds angespannte Nerven sanft streichelte. Er klang vertraut, einmal wehmütig langsam, dann wieder voll bebendem Rhythmus. Sie zuckte im Halbschlaf. Es musste ein Traum sein, denn wo auch immer Peyres sich aufhielt, in Carcassona war er mit Sicherheit nicht.
    Zwei Tage vergingen, dann durften sie ihr Verlies verlassen und wurden aus der Stadt hinausgeführt. Die Aude rauschte nun wieder mächtig dahin, Hügel und Wälder erstreckten sich im Hintergrund, und die Landschaft glänzte in vom Regen belebter Frische. Vor der Pòrta Narbonesa waren Holzscheite zu drei Haufen aufgeschichtet worden, in deren Mitte Pfähle steckten. Das Heer mit seinen Fahnen und Helmen und Schlachtrössern bildete einen Halbkreis darum. Dominique de Guzmán und Arnaud Amaury, Abt von Cîteau, mit dem er sich regelmäßig im Nebenraum unterhielt, standen dicht davor und sprachen gemeinsam lateinische Gebete, während die Verurteilten vorgeführt wurden, zwei Männer, die aus Unachtsamkeit in den Verdacht der Häresie geraten waren, und Rosa. Adelind beobachtete stumm, wie man sie zu den aufgeschichteten Reisighaufen führte, um sie anschließend an den Pfählen festzubinden. Einer der Männer schrie abwechselnd vor Empörung und lachte, als begreife er nicht wirklich, was mit ihm geschah. Der andere, ein großer, kräftiger Kerl, rührte sich kaum und musste von Bütteln gestützt werden, die ihn wie einen schweren Sack zur Richtstätte schleppten. Allein Rosas Rücken blieb eine unbeugsame Säule. Sie widersetzte sich nicht, sondern passte ihre Bewegungen den gebrüllten Befehlen an, sodass sie hoch erhobenen Hauptes an den Ort gelangte, der für sie bestimmt war. Adelind sah, wie die Lippen ihrer socia sich unaufhörlich bewegten, da sie mit ihrer ständigen Wiederholung des Paternosters angefangen haben musste. Auf ein Zeichen von Arnaud Amaury hin wurde eine Fackel mit zuckenden Flammen zu den Reisighaufen getragen. Rosas Stimme schwoll zu einem Kreischen an: » Mein Glaube ist so stark wie die Wurzeln eines riesigen Baumes, die ihr mit vereinten Kräften nicht aus der Erde reißen könnt. Die Kraft von Gottes Wort vermögt ihr Heuchler und Mörder nicht zu besiegen! « Dann begann das Holz zu ihren Füßen zu brennen, und ein Herr auf einem hohen Ross forderte mit einer hastigen

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