Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)
viel?!«
»Nun, ich denke, zehn Gulden dürften wohl mehr als …«
»100. Und keinen Pfennig weniger. Das ist mein letztes
Wort.«
Auf der anderen Seite der Mauer erklang ein Lachen,
bei dessen Klang es Berengar eiskalt den Rücken hinunterlief. »Also gut – 100!
Die Hälfte jetzt, der Rest bei Lieferung. Zufrieden?«
Stille. Berengar spitzte die Ohren, konnte aber beim
besten Willen nichts hören. Es war auch nicht weiter wichtig, denn die
Erkenntnis, die ihm im selben Moment kam, war wertvoller als tausend Worte. Und
nicht nur das. Gerade so, als schließe er gerade eine geheime Kammer auf,
konnte er das Bild des Mannes auf der anderen Seite der Mauer plötzlich vor
sich sehen.
Es war der Mann aus dem Schankraum, just derselbe, der
ihm vor etwa einer Viertelstunde über den Weg gelaufen war. Doch damit nicht
genug. Plötzlich fiel ihm wieder ein, woher er den Mann kannte.
Agilulf der Reliquienhändler. Ein Dieb, Hehler und
Betrüger, der seinesgleichen suchte. Bekannt wie ein bunter Hund. Berengar
kochte vor Wut, und das nicht ohne Grund. Vor knapp zwei Jahren, an Martini,
war er ihm nur knapp durch die Lappen gegangen. Der Vorwurf: Münzfälscherei.
Spurlos verschwunden ausgerechnet an dem Tag, als Berengar ihn hatte dingfest
machen wollen. Wie und mit wessen Hilfe, war ihm immer noch ein Rätsel.
Er hatte noch eine Rechnung offen mit diesem Strolch.
Und er würde sie begleichen.
Jetzt gleich.
Auf einen Schlag war alles vergessen. Der Wein, die
Zeche, der Ärger zu Hause. Berengar kannte nur noch einen Gedanken: es diesem
Agilulf nach Kräften heimzuzahlen.
Wenn nur das Hausschwein nicht gewesen wäre, das just
in diesem Moment seinen Weg kreuzte.
Der Vogt spürte es mehr, als dass er es sah. Und da
war es auch schon zu spät. Berengar geriet ins Taumeln, stieß einen
unterdrückten Fluch aus – und landete kopfüber im Morast. Das Schwein hingegen
trabte davon, als sei nichts gewesen.
Schneller als erwartet war Berengar jedoch wieder auf
den Beinen, rannte zum Hintereingang und bahnte sich von dort aus einen Weg zur
Tür. Und das trotz der Flüche, Rippenstöße und Schmähworte, die von allen Seiten
auf ihn niederprasselten. Den Wirt, der sich ihm in den Weg stellen wollte,
stieß er kurzerhand zur Seite. Dann riss er die Tür auf, stürmte ins Freie und
bog wie von Furien gehetzt um die Ecke.
Doch er kam zu spät. Die Gasse, welche an die Schenke
grenzte, lag in tiefem Dunkel. Entwischt! Berengar konnte es einfach nicht
glauben.
Im Begriff, kehrtzumachen, hörte der Vogt plötzlich
ein Geräusch. Zuerst dachte er, es rühre von den Ratten her, die unweit von ihm
in einem Abfallhaufen wühlten. Doch wurde er eines Besseren belehrt.
Der Mann am anderen Ende der Gasse, dessen Konturen
sich nur schemenhaft von der Dunkelheit abhoben, war groß, schlank und in einen
dunklen Kapuzenmantel gehüllt. »He, du da – bleib stehen!«, stieß Berengar
atemlos hervor. Eine Aufforderung, die der Fremde überraschenderweise befolgte.
Lag es an der Art, wie er sich umdrehte – lässig,
graziös, als habe er alle Zeit der Welt? Oder war es die Kapuze, die sein
Gesicht fast komplett verhüllte? Wie dem auch sei!, dachte Berengar, während er
sein Schwert aus der Scheide zog. Hier hast du es mit einem verdammt
gefährlichen Burschen zu tun!
Die Arme vor der Brust verschränkt, stand der
Unbekannte einfach nur da und rührte sich keinen Zoll von der Stelle. Die Art
und Weise, wie er dies tat, wirkte auf Berengar wie eine Provokation. Fast
automatisch kochte die schwarze Galle in ihm hoch.
Einem angeborenen Instinkt folgend, drehte sich der
Vogt auf dem Absatz um. Aber da war niemand. Gut möglich, dass Agilulf längst
über alle Berge und der Mann am Ende der Gasse tatsächlich allein war.
Berengar umklammerte den Schwertknauf und ließ das
flache Ende der Klinge in die Fläche der linken Hand fallen. Und das gleich
mehrmals hintereinander. Bei dem Mann mit dem dunklen Umhang schien dies jedoch
keinen Eindruck zu hinterlassen. Mehr noch, der Vogt hatte das Gefühl, dass
sich sein Mund zu einem überheblichen Lächeln verzog.
Und so tat Berengar genau das, wozu ihn der Mann
verleiten wollte. Er beschloss, die Herausforderung anzunehmen, und ging mit
gezücktem Schwert auf ihn zu. Kaum mehr zehn Schritte von ihm entfernt, vernahm
er plötzlich ein Geräusch. Es kam von hinten, aber so blitzschnell, dass er
nicht mehr reagieren konnte.
Im gleichen Moment spürte er, wie ihn ein stumpfer
Gegenstand am
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