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Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Kiliansverschwörung: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Klausner
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Jahrzehnten in ihre Obhut gegeben worden
war.
    »Warum hast du das getan, mein Sohn?«, fragte
Schwester Serafina auf dem Weg zur Tür. Sie sagte dies fast beiläufig, ohne
jeglichen Tadel.
    »Ich habe gesündigt, Mutter!«, antwortete der junge
Mann, die Stirn auf die verschränkten Arme gestützt. »Schwerer, als Ihr es Euch
überhaupt vorstellen könnt.«
    Während ihre gichtstarre Hand bereits auf der
Türklinke ruhte, blieb die Alte noch einmal stehen. »Haben wir das nicht alle
einmal – irgendwann?«, antwortete sie, wobei sie das letzte Wort ganz besonders
betonte. Der Tonfall, in dem dies geschah, wirkte besänftigend, fast heiter,
und wie um dies zu bekräftigen, glitt ein Lächeln über das verwitterte, von
tiefen Furchen durchzogene Gesicht. Mit den Fallstricken des Erdendaseins
bestens vertraut, war Schwester Serafina mit den Jahren immer nachsichtiger
geworden, wie so viele, die an der Schwelle des Todes stehen.
    »Mag sein, aber …«, wandte der junge Mann voller
Bitterkeit ein, vollendete seine Antwort jedoch nicht.
    Ohne ein Wort des Abschieds war Schwester Serafina
wieder verschwunden, und der Klang ihres Gehstocks hallte noch lange in seinen
Ohren nach, so lange, bis er es nicht mehr ertrug und die feingliedrigen Hände
mit aller Kraft gegen die Ohrmuscheln presste.
    Er hatte gesündigt, schlimmer als irgendwer sonst auf
der Welt. Wider sein Gelübde, die Regeln seiner Bruderschaft und, schlimmer
noch, gegen sich selbst. Ein schwerer, nicht wiedergutzumachender Fehler. Ein
Fehler, welcher ihn das Leben kosten würde, und das vermutlich recht bald.
    Das Fieber, welches ihn immer häufiger auf sein Lager
zwang, würde ihn töten. Wann es so weit sein würde, war letztendlich egal. Er
konnte seinem Schicksal nicht entrinnen. Das wusste er genau.
    Als er an die billige römische Straßenhure dachte, bei
der er sich angesteckt hatte, wich auch noch der letzte Funken an
Menschlichkeit aus seinem Gesicht. Und als existierten die grässlichen Wunden
auf seinem Körper nicht, richtete er sich leise ächzend auf, schwang die Füße
aus dem Bett und streifte den dunklen Umhang über, der neben ihm auf dem Boden
lag.
    Während er so dasaß, von Schmerzen gepeinigt, fiel
sein Blick auf den Ring an der rechten Hand, und ein Ruck ging durch seine
gebeugte Gestalt.
    Bevor er krepieren würde wie ein Tier, hatte er noch
eine Mission zu erfüllen. Ohne Wenn und Aber. Egal, wie viele nichtswürdige
Kreaturen ihm in den Tod vorausgehen würden.
    So wahr er ein Krieger des Herrn war.
    Amen.
     
    *
     
    Agilulfs Haus im
Hauger Viertel, kurz nach Mitternacht
     
    »Wo in aller Welt kommst du jetzt eigentlich her?!«,
keifte Agilulfs Frau Hildegard den leicht angeheiterten Reliquienhändler an.
»Kannst du mir erklären, was das soll?!«
    »Da gibt’s nichts zu erklären!«, blaffte dieser
zurück, in einem Ton, der die erhoffte Wirkung allerdings verfehlte. »Und jetzt
hol mir Wein, aber ein bisschen plötzlich!«
    Doch Hildegard, des langen Wartens überdrüssig, gab
nicht so schnell auf. »Hol ihn dir doch selber!«, trumpfte sie mit
entschlossener Miene auf. »Es sei denn, du sagst mir, wo du dich die ganze Zeit
über rumgetrieben hast!«
    »Auf dem Markt!«, gab Agilulf kleinlaut zurück, wohl
wissend, wie einfallslos seine Entschuldigung klang.
    »Da musst du dir schon was Besseres einfallen
lassen!«, fuhr ihn die kleine, dafür aber umso energischere Frau mit den
Luchsaugen an und baute sich drohend vor ihm auf. »Also: Wo bist du gewesen?!«
    »Geld verdienen.«
    »Das wäre zur Abwechslung ja mal was Neues.«
    »Die einen brauchen ein halbes Leben, die anderen nur
einen Tag!«, trumpfte Agilulf mit neu erwachtem Selbstbewusstsein auf.
    »Was du nicht sagst! Wie ausgerechnet du so was
hinkriegen willst, ist mir allerdings ein Rätsel.«
    »Abwarten – wirst schon sehen!« Agilulf wusste, wie er
seine Frau packen musste. Wenn man ihr einen Köder hinwarf, ebbte ihr Zorn
nämlich meist ab. So auch dieses Mal, obwohl sie so wütend gewesen war wie noch
nie.
    »Raus damit – was geht in deinem Säuferhirn vor?«,
wollte Hildegard wissen, die Stirn in Falten, aber deutlich milder gestimmt.
    Agilulf atmete tief durch. Er hatte es wieder einmal
geschafft, sie um den Finger zu wickeln. Der Spannung halber zog er es trotzdem
vor, mit der Wahrheit noch eine Weile hinterm Berg zu halten. Nur noch kurze
Zeit, und sie wäre wie Wachs in seinen Händen.
    »Na komm schon, alter Hurenbock!«, forderte sie in
neugierigem

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