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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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Kleinen.«
    Sie fixiert mich, knöpft ihre Bluse auf und hebt ihre Brüste aus dem BH.
    »Weißt du, wie viele Stunden OP hier drinstecken? Achtzehn! Drei Operationen, drei Implantate pro Brust. Sie halten zehn Jahre, vielleicht fünfzehn. Sie sind empfindlich, das gibt’s gar nicht. Keiner darf sie anfassen, auch Andrik nicht. Jedes Mal, wenn ich die Zwillinge stillte, habe ich geweint, so weh tat es. Bist du schon mal in einem Bordell gewesen?«
    Ich schüttele den Kopf.
    Sie ist aufgestanden. In ihr geht etwas vor, das ich nicht ganz kapiere, wir kreisen um etwas, wir kommen ihm näher, aber ich weiß noch nicht, was es ist.
    »Pass auf, die Abmachung lautet: Du kannst alles haben.Du kannst ihn reinstecken, wo du willst, du kannst einen geblasen oder ihn massiert kriegen, du kannst ein Bad in ätherischen Ölen nehmen oder die Peitsche auf dem nackten Arsch fühlen. Aber alles mit Kondom. Küssen verboten. Und das Herz haben wir in der Garderobe abgegeben. Gefühle gleich null. Ich habe ein Ritual, jedes Mal, wenn ich mich style, nehme ich das kleine Kästchen. Im Umkleideraum. Mit einem Foto von den Zwillingen. Ich stelle mir vor, ich nehme mein Herz heraus und lege es in das Kästchen. Verstehst du? Es funktioniert. Aber drei Monate im Jahr hasse ich jeden Mann.«
    »Ich habe eine Schwester«, sage ich.
    »Ich steh nicht auf Damen.«
    »Sie auch nicht. Aber was die Wut angeht, da hat sie ein paar interessante Thesen. Die auf intensiven Studien der spirituellen Klassiker beruhen. Sie könnte dir helfen.«
    »Da kann keiner was tun, die Welt ist, wie sie ist.«
    Ich glaube, da irrt sie sich. Allein der Gedanke, was eine Person wie Tilte mit einem Ort wie Abakosh und einem Typus wie Pallas Athene anstellen könnte, macht einen schwindlig. Aber ich schweige. Alles hat seine Zeit, wie es im Alten Testament heißt, und im Augenblick ist nicht die Zeit für die großen Produktentwicklungen.
    Sie zieht einen Korbsessel heran und setzt sich vor mich hin. Wir sind auf dem richtigen Weg.
    »Ich nehme bis zu vier Männer auf einmal. Männer kommen oft gemeinsam. Häufig, wenn sie einen wichtigen Termin haben. Es können vier Schauspieler sein, die kommen, bevor eine große Aufführung anfängt. Politiker vor einer Beratung. Geschäftsleute vor der Unterzeichnung eines Vertrags. Das Passwort, das du hattest, mit dem sind gestern vier Personen gekommen. Drei Männer und eineFrau. Es ist persönlich, es gehört nur einem Mann. Einem Dänen. Ich weiß nur, dass er Henrik heißt. Die drei andern sind Ausländer. Sprechen aber Dänisch. Henrik ist ein zuverlässiger Kunde. Der immer allein gekommen ist. Aber gestern hatte er die drei andern dabei.«
    Sie zündet sich eine neue Zigarette an.
    »Ich hatte ein Gefühl, das ich nicht verstand. Ich blieb hinterher sitzen und hab versucht, mir darüber klar zu werden. Weißt du, was es war? Unruhe. Sie haben mir Angst gemacht. Ich bin seit fünfzehn Jahren in der Branche. Das war das erste Mal. Ist dir klar, warum ich dir das erzähle?«
    »Ein Grund ist die Wut.«
    »Richtig.«
    Wieder treibt die Unruhe sie aus dem Sessel hoch.
    »Ich bin dreißig. Ich habe höchstens noch drei Jahre. Dann haben wir natürlich unsere Ersparnisse und das Ferienhaus und diese Wohnung und ein Ein-Zimmer-Apartment außerhalb von Barcelona. Aber mein ganzes Leben ist auf das hier ausgerichtet. Genau wie gestern. Der, der Henrik heißt, hatte mich angerufen. Wollte mich zu ihnen lotsen. Ich hab nein gesagt. Hatte ein ungutes Gefühl. Ich habe mich zurechtgemacht. Henrik will immer, dass ich seine Mutter spiele. Ihn ausschimpfe, füttere, ihm die Windeln wechsele. Die beiden andern Männer wollten das gleiche. Sie wollten alle drei gefüttert werden. Und im Hochstuhl sitzen. Und jeder hatte seine Religion, so was hab ich noch nie erlebt! Ich musste mich achtmal umziehen in den zwei Stunden. Und aus den heiligen Schriften vorlesen. Während sie mit dem Essen gespielt haben. Das war vielleicht ’ne Schweinerei! Dann wollten sie eine Kissenschlacht machen. Mit nacktem Arsch und überall mit Brei verschmiert. Und die Frau wollte, dass Andrik ihr Vatersein und hoppe, hoppe Reiter mit ihr spielen sollte. Aber als Henrik auf den Boden kacken wollte, hab ich stopp gesagt. Es gibt doch irgendwo eine Grenze, stimmt doch, oder hättest du da mitgemacht?«
    »Sicher nicht«, sage ich.
    »Dann haben sie zum Schluss noch einen Wunsch. Sie wollen, dass ich zu jedem von ihnen sage: ›Mama ist stolz auf dich, Mama ist

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