Die Kinder der Elefantenhüter
Lars, höherer Beamter des Polizeilichen Nachrichtendienstes. Und die Frau hinter ihm ist Katinka.
Einerseits wirkt es ganz natürlich. Lars und Katinka haben mit der Überlegung Ernst gemacht, die sie an Bord der Weißen Dame anstellten. Sie haben den Beruf gewechselt.
Das ist nachvollziehbar. Man kann sich gut vorstellen, dass wirklich eine Menge Leute, deren Lebensunterhalt darin besteht, in ständiger Gefahr zu schweben, von Gestalten wie Alexander Bister Finkeblod, Anaflabia Borderrud und Thorkild Thorlacius-Drøbert niedergeschlagenzu werden, auf schnellstem Weg eine Umschulung anstreben würden.
Andererseits drängt sich Verwunderung auf, ein Gedanke, dem leider nicht der verdiente Platz eingeräumt werden kann, denn das ungute Gefühl, einen Serienmörder wie Andrik auf den Fersen zu haben, zwingt mich, mein Tempo konzentriert auf steady state zu halten.
Ich überquere den Amalienborger Schlossplatz und laufe einen kleinen Weg entlang, an dessen Ende ich den Hafen entdecke, von Andrik habe ich nicht einmal einen Schatten gesehen, so ist es mit dem Leben auf dem Olymp, zu viel Nektar und Ambrosia, zu wenig Lauftraining. Ich freue mich schon darauf, Tilte, Hans, Basker und Aschanti von meinen Fortschritten zu erzählen, auch wenn noch nicht klar ist, wohin sie mich führen.
Ich biege in die Toldbodgade ein, aus der Ausfahrt der Tiefgarage kommt ein schwarzer Lieferwagen, er fährt in die andere Richtung, und ich erkenne seine Nummer, T für Tilte und H für Hans, und die Ziffern sind mit dem Datum identisch, an dem der Finø Boldklub in die Superliga aufstieg.
Ich sprinte wie ein Besessener, aber er biegt um die Ecke und ist weg. Ich kriege kaum noch Luft, kann aber noch durch die Haustür taumeln und stakse sechs Stufen auf einmal die Treppe hoch.
Die Tür ist zu, aber nicht abgeschlossen, die Wohnung leer. Es ist zehn Minuten über die Zeit, normalerweise bedeuten zehn Minuten nichts für Tilte, sie sagt immer, die großen Religionen operierten mit zwei Arten von Zeit, der profanen Zeit, die die Uhren anzeigen, und der sakralen Zeit, nach der sich ihr Fahrplan richtet.
Für mich ist das nur eine unverfrorene Entschuldigung, um kommen zu dürfen, wann es ihr passt. Aberdas hier ist etwas anderes. Jetzt müsste sie wirklich hier sein.
Ich bin echt beunruhigt. Und suche nach Spuren von ihr.
Die Wohnung ist gut zu überblicken. Wenn erst Leute eingezogen sind, gehen in dem Berg von Plunder, den wir so anhäufen, alle zarteren Nuancen verloren, so ist es jedenfalls bei uns im Pfarrhaus. Aber hier ist noch niemand richtig eingezogen. Deshalb sehe ich es.
Am Kopfende des Bettes steht eine Reihe gerahmter Bilder, die noch nicht aufgehängt worden sind, sie stehen mit der Bildseite zur Wand. Zwischen dem äußersten und dem davor stehenden Bild liegt ein Stück Karton. Ein sehr kleines Stück, aber nicht zu übersehen. Jedenfalls nicht für einen Putz- und Aufräumspezialisten, wie ich mich selbst zu nennen wagen möchte.
Ich gehe in die Hocke, um das Stück Pappe aufzuheben. Dadurch komme ich so weit nach unten, dass ich den Fußboden entlangschauen kann.
Aus diesem Winkel sieht man die Lichtreflexe auf andere Weise. Deshalb kann ich erkennen, dass an der Küchenspüle im anderen Raum das Licht auf eine größere Fläche fällt, wo eine Flüssigkeit verschüttet wurde. Sie wurde zwar mit einem Tuch aufgenommen, aber der Boden wurde hinterher nicht gewischt, so dass man noch die Spuren sieht.
Ich gehe hin, befeuchte meinen Finger, lasse ihn über den Boden gleiten und koste. Es ist leicht süß und leicht säuerlich. Es ist Fruchtsaft.
Ich öffne den Küchenschrank, an der Innenseite der Tür hängt der Abfalleimer. Zuoberst liegt ein Geschirrtuch. Ich hebe es hoch, darunter liegt ein zerbrochenes Weinglas mit Stiel. Ich hole eine Scherbe heraus, an derReste von gelbem Fruchtfleisch kleben. Ich lasse sie wieder in den Eimer fallen.
Gewöhnliche Menschen wie wir trinken Fruchtsaft aus gewöhnlichen Gläsern. Tilte trinkt Fruchtsaft aus Weingläsern, sie sagt, es sei ein heiliges Getränk, es zu trinken erfordere ein Ritual.
Tilte hat aus dem Glas getrunken, das im Mülleimer liegt. Aber Tilte lässt äußerst selten ein Glas fallen. Und falls doch, würde sie die Scherben nicht uneingepackt in den Müll werfen, das macht keiner, der in einem Sechs-Personen-Haushalt lebt, in dem pro Tag vier Mülleimer voll werden, die abwechselnd hinausgetragen werden, wo man also weiß, dass derjenige, der den
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