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Die Kinder der Elefantenhüter

Titel: Die Kinder der Elefantenhüter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Hoeg
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dass Polizei und Nachrichtendienst im Tiefschlaf gewesen sind und von einem kleinen Jungen und seiner Schwester an der Nase herumgeführt und hinterher auch noch ins Gebet genommen wurden.«
    Er sieht mich regungslos an und hat aufgehört zu kauen.
    »Was Tiltes und meinen Mund versiegeln könnte, daswäre ein Eid, den du ablegen müsstest, beim Barte des Propheten und bei der Ehre deines Leibesumfangs: dass meine Mutter und mein Vater straffrei davonkommen.«
    Er kaut zu Ende und schluckt. Dann führt er die Hand über seine Rettungsringe.
    »Beim Barte des Propheten«, sagt er, »und bei der Ehre meines Leibesumfangs.«

 
    Aus den Märchen weiß ich, wer vor der Königin steht, die ihm für eine gute Tat danken will, kann sie bitten, ihm einen Wunsch zu erfüllen. Aber das Einzige, was mir unmittelbar einfällt: Ich lade sie ein, mein persönlicher Sponsor zu werden, wenn ich Fußballprofi bin. Aber wenn man bedenkt, dass wir Juwelen im Wert von einer Milliarde gerettet haben und Conny von Liebe gesprochen und mich dabei fixiert hat, ist solch ein Wunsch doch etwas kleinlich. Also schweige ich und wippe auf den Fußballen. Es ist Tilte, die die Chance ergreift.
    »Ihre Majestät«, sagt sie. »Ich habe einen Bekannten, es ist total wahrscheinlich, dass er adlig ist, ohne es zu wissen, könnten wir ihm irgendwie einen Titel verschaffen?«
    Die Königin sieht Tilte nachdenklich an.
    »Es sind die Dänische Adelsvereinigung und das Reichsarchiv, die dazu Stellung nehmen«, sagt sie. »Nicht der Hof.«
    Tilte tritt nah an sie heran.
    »Ihr Wort wiegt schwer«, sagt sie. »Wenn ich nun einige Papiere beschaffen könnte? Abschriften aus Kirchenbüchern zum Beispiel?«
    Ich merke es der Königin an. Ihr Körper, eben noch sehr steif, gibt langsam nach. Tiltes Zauber hat sie ergriffen.
    »Du bekommst meine Durchwahl«, sagt sie. »Ruf mich in Amalienborg an. Vielleicht können wir unsere Ressourcen zusammenlegen.«
    Wir sitzen wieder im Saal. Ich sehe mich um und betrachte die Trachten und Hüte. Und Conny, die sich neben mich gesetzt hat. In der Reihe vor mir sitzen Vater und Mutter. Wir haben uns noch nicht richtig in die Augen geschaut. Ich beuge mich vor.
    »Mama und Papa«, flüstere ich, »ich weiß nicht, ob wir die Sache hier jemals abschließen können, sicher ist das nicht, es gibt eine Menge Belege dafür, dass es Kindern nicht möglich war, ihren Eltern zu verzeihen. Aber einen kleinen Schritt in die richtige Richtung können wir vielleicht tun, wenn ihr uns verratet, ob es Zufall war, dass Aschanti Hans’ Nummer hatte und ausgerechnet ihn und uns zum Blågårds Plads bestellte, um sie abzuholen.«
    Mein Vater dreht sich um, er windet sich.
    »Eure Mutter und ich haben sie bei den Vorbereitungen zu diesem Kongress getroffen. Wir dachten, wenn Hans eine Chance haben soll, dann mit einer wie ihr.«
    »Ich bin selbstverständlich erschüttert«, sage ich. »Darüber, dass ihr euch wieder mal eingemischt habt. Aber ich schätze deine Ehrlichkeit.«
    Es wird still im Raum. Die Große Synode soll beginnen. So viele Menschen, die durch die Tür ein und aus tanzen, als wäre sie ein offenes Scheunentor. Conny ergreift meine Hand. Ich blicke auf die Menschen rundum, auf Hans und Aschanti, auf Tilte, auf Conny. Und Pallas Athene, die zu unserm Glück sitzt, vorhin sah ich, wie Tilte etwas zu ihr sagte, was ihr deutlich den Boden unter den Füßen weggezogen hat.
    Vielleicht ist es die Stimmung im Saal. Aber plötzlich sehe ich die Elefanten in ihnen allen.
    Es sind schöne Tiere. Aber mühsam. Erfordern sicher viel Pflege. Und was sie an Futter brauchen …
    Ich spüre das Glück, sie zu kennen. Und die Dankbarkeit, selber nur ein vierzehnjähriger Junge zu sein, der keinen Elefanten hat, sondern bloß seine Fußballerbeine, seine angeborene und übertriebene Bescheidenheit. Und einen kleinen Foxterrier. Ich streichle Basker das Fell.
    »Basker«, flüstere ich. »Spürst du die Tür?«

Der Finøwalzer

 
    Wir sind nie wieder nach Finø zurückgekehrt.
    Selbstverständlich sind wir rein äußerlich zur Insel zurückgekommen und wohnen hier und sind hier gemeldet und essen und schlafen im Pfarrhaus. Aber nach Hause zurückgekehrt sind wir nicht.
    Das hat mit dem zu tun, wovon ich schon gesprochen habe: Wenn man sich im Innern verändert, verändert sich auch die Umgebung. Und umgekehrt.
    Als wir aus Kopenhagen wiederkamen, waren wir nicht mehr dieselben. Und die Insel, auf die wir kamen, war nicht mehr das Finø, das

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