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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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seine Uhr. Sie war stehen geblieben. Die Batterie war wohl alle.
    »Wie spät ist es eigentlich?«, fragte er, und als er seine eigene Stimme hörte, fühlte er sich sofort besser, denn das lenkte ihn von seiner Furcht ab.
    »Ich weiß nicht«, antwortete Hagen. »Ich trage keine Uhr. Wo ich herkomme, da gibt’s überall welche.« Es klang fast wie ein Vorwurf, als wollte er sagen: Da bin ich nun aus einem zivilisierten Land hergekommen, um bei Nacht und Nebel durch einen Wald zu laufen.
    Gunhild sah auf ihre Armbanduhr. »Meine ist stehen geblieben«, sagte sie. »Was ist mit deiner, Siggi?«
    »Meine steht auch«, entgegnete Siggi. »Ist deine Batterie auch alle?«
    »Muss wohl«, Gunhilds Stimme war voller Zweifel.
    »Du hast doch erst gestern ’ne neue Batterie bekommen. Wir waren doch auf dem Weg zum Bahnhof im Laden und haben das Ding auswechseln lassen«, meinte Siggi und blickte sich verstohlen um.
    »Vielleicht hat die Tante im Laden die neue Batterie in den Sondermüll geworfen und mir die alte wieder eingebaut. Das ist jedenfalls die einzige Erklärung, die mir einfällt.«
    Das Gespräch schlief wieder ein, und die drei marschierten weiter durch die Dämmerung. Immer noch rumorte das Gewitter, aber es schien nicht wesentlich näher zu rücken. Es hing wie eine entfernte Drohung über ihnen, die jederzeit herniederkommen konnte.
    Plötzlich standen sie wieder an einer Kreuzung. Ein Weg, der ebenso überwuchert war wie der ihre, brach sich seine Schneise aus dem wuchernden Unterholz, wie eine Bresche in einer Mauer. Auf der anderen Seite verschwand er wieder im Dunkel. Ein umgestürzter Wegweiser lag mitten auf der Kreuzung. Die Bruchstelle war alt und bereits von Moos überwuchert, ein Zeichen dafür, dass hier lange kein Waldarbeiter mehr vorbeigekommen war, aus welchen Gründen auch immer.
    Gunhild beugte sich über den Pfahl, und las ›Lindenhof 3 Kilometer, Odenhausen 10 Kilometer‹ und ›Rhein 15 Kilometer‹.
    Dann untersuchte sie die Bruchstelle und sah sich den Pfahlstumpf an, der wie ein anklagender Finger in den Nebel ragte. Dann erhob sie sich und stellte sich vor, wie der Wegweiser einst gestanden hatte.
    »Wir müssen hier nach links«, verkündete sie und schob nach: »Wenn ich mich nicht irre.«
    »Hoffentlich irrst du dich nicht«, entfuhr es Siggi.
    »Ja, hoffentlich«, gab Gunhild zurück.
    »Wir werden es nie herausfinden, wenn wir rumstehen und reden«, gab Hagen sich forsch. »Bisher hat sie Recht behalten. Warum also nicht auch jetzt? Lasst uns gehen!«
    Hagen ging voran. Er war stolz auf sich. Jetzt war es ihm gelungen, seine Angst vor den anderen zu verbergen. Dabei konnte er fast körperlich die Blicke dessen oder derer spüren, die ihnen auf den Fersen waren, aber er verheimlichte seine Gefühle. Keiner sollte sagen, er sei ein Feigling. Er würde es allen schon zeigen. Seine Hand hielt bei diesen Gedanken den Ring fest umklammert …
    Siggi und Gunhild folgten Hagen, holten ihn ein und gingen zu zweit hinter ihm. Mehr Platz war auf dem Weg nicht. Nebeneinander gehend, streiften sie mit den Armen bereits das Unterholz. Groß und bedrohlich ragten die Stämme der Bäume aus dem Gebüsch hervor, Riesen gleich, die über den Weg wachten.
    Gunhild fühlte sich alles andere als wohl. Sie hatte entschieden. Hatte sie sich geirrt, würden sie noch lange durch den Wald stapfen, und dabei wollte sie nichts als hier raus. Sie würde sich sogar das Fußballspiel im Fernsehen anschauen, wenn sie bloß so schnell wie möglich aus diesem verfluchten Wald herauskämen.
    Der Nebel umgab sie wie eine bewegliche Wand, die sich vor ihnen zurückzog und hinter ihnen hergeschoben wurde. Die Mauer war weich und nachgiebig, aber zugleich undurchdringlich. Die Blitze wurden zu fahlen Lichtreflexen am Himmel, die Dämmerung schritt voran, und das Donnern drang nur noch gedämpft zu ihnen durch. Siggi glaubte in eine Welt aus Watte zu gehen.
    Der Weg war völlig mit Moos und Gräsern überwuchert, die ihre Tritte dämpften, so dass sie kaum ihre eigenen Schritte hörten.
    Ein Zweig knackte laut im Wald …
    Siggi erschrak fürchterlich. Er hob seinen Knüppel, doch er vermochte nicht zu sagen, woher das Geräusch gekommen war. Vielleicht von links. Auch Hagen und Gunhild hatten ihre Stöcke erhoben.
    Ein leichte Brise bewegte die grauen Schleier, die sich aber kaum öffneten, nur träge wallten. Reglos standen die drei, die Knüppel zur Abwehr erhoben. Verzweifelt starrten sie in das dichte, dornige

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