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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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in die Abgründe, aus denen ihr gekommen seid!«
    Obwohl seine Stimme feierlich und imponierend klang, schien sie auf die Nachtgeschöpfe keinen Eindruck zu machen. Im Gegenteil, waren sie bisher nur einige vorsichtig näher gekommen, so drängten nun plötzlich mehr und mehr von ihnen herbei.
    »Sie kreisen uns ein«, entfuhr es Gunhild, die als Erstes der Kinder die Starre abschüttelte.
    »Lauft!«, befahl der Graue. »Lauft um euer Leben!«
    »Kannst du nicht …?«, begann Siggi hilflos seine Frage.
    »Kann ich nicht was? «
    »Zaubern und sie so in die Flucht schlagen.«
    »Meine Macht zerbrach mit dem Speer; was mir geblieben ist, reicht nicht aus, um uns gegen so viele zu helfen«, sagte der Graue. »Also lauft!«
    Seine letzten Worte waren ein Schrei, der tausendfach an den Wänden widerhallte. Das riss die Kinder endgültig aus ihrer Lähmung.
    Sie rannten los. Keiner achtete darauf, wohin er lief; jeder stürzte in eine andere Richtung. Die Gruppe, die sie im Wald gebildet hatten, war plötzlich aufgelöst – zerbrochen wie die Macht des Grauen.
    Siggi bemerkte es als Erster. Instinktiv war er in die Richtung gelaufen, aus der sie gekommen waren. Aber es war zu spät, um noch umzukehren; also rannte er einfach weiter.
    Wie aus dem Nichts wuchs ein Schwarzalbe vor ihm auf. Siggi duckte sich und schlug einen Haken. Er spürte noch den Luftzug der Hände an seiner Schulter.
    Er spürte wie sein Verfolger das Gleichgewicht verlor und stürzte. Siggi nutzte die Chance und rannte.
    Hagen war in den nächstliegenden Gang geflüchtet. Als er sich umwandte, stellte er fest, dass die anderen nicht hinter ihm waren. Er war allein. Das war bestimmt Siggis Schuld, war das Erste, was ihm durch den Kopf ging. Der war auch schuld, dass er, Hagen, den Ring nicht mehr hatte. Nun hatte Siggi sie absichtlich gespalten, in der Hoffnung, dass er den Ring für sich behalten konnte. Aber Hagen würde ihm einen Strich durch die Rechnung machen; er würde den Schwarzalben entkommen und sich das wiederholen, was ihm zustand – den Ring.
    Hinter sich erkannte er zwei oder drei Schatten, die ihm folgten. Hagen rannte, so schnell er nur konnte. Seine Schuhe hämmerten auf den Stein der Höhle.
    »Ihr kriegt mich nicht!«, rief er laut.
    Er wusste nicht wie lange er gelaufen war, dann gabelte sich der Gang. Der linke Weg führte leicht bergauf, der rechte bergab. Hagen entschied sich dafür, bergab zu laufen; das war leichter.
    Er rannte in den Gang hinein. Inzwischen hatte er bestimmt schon einem ziemlichen Vorsprung, dachte er, und seine Gedanken begannen abzuschweifen. Der Ring. Alles in seinen Überlegungen kreiste nur noch um den Ring und wie er Siggi das Ding wieder abnehmen könnte.
    »Das zahle ich dir heim, du Wicht«, sagte er halblaut. »Ich kriege dich!«
    Ohne es richtig zu merken, war er an mehreren Kreuzungen und Gabelungen vorbeigekommen, und hatte die Richtung geändert. In Wirklichkeit war er längst wieder auf dem Weg dorthin, von wo er gekommen war. Doch er hatte ganz anderes im Sinn.
    »Siggi und Gunhild sind bestimmt diesen Kerlen direkt in die Arme gerannt«, brummelte er halblaut vor sich hin. »Ich muss rausfinden, wo die Schwarzalben hausen, dann hole ich mir den Ring und lasse die beiden schmoren. Das haben sie verdient, weil sie mir Freundschaft vorgetäuscht und mir meinen Ring weggenommen haben.«
    Hätte er sich umgesehen, wäre ihm der Schatten aufgefallen, der sich unauffällig näherte, sich geräuschlos anschlich. Noch zehn Meter, noch neun, noch acht …
    »Es ist mein Ring. Ich habe ihn gefunden!« Hagen war in seinem Zorn nicht aufzuhalten. Längst war in Schritttempo verfallen, glaubte er doch die Verfolger abgehängt zu haben, doch das Unheil kam immer näher.
    »Niemand legt mich ungestraft rein. Ich …«
    Diesen Satz sprach er nicht mehr zu Ende. Zwei schwielige Hände packten ihn. Bevor es sich versah, war er gefesselt, geknebelt – und gedemütigt. Er hatte geglaubt, den Dunklen ein Schnippchen geschlagen zu haben und war geradewegs in ihre Falle getappt. Er würde Siggi und Gunhild wiedersehen – im Verlies der Schwarzalben …
    Gunhild hatte sich hinter dem Grauen gehalten, der zielstrebig auf einen Gang zuhielt. Sie folgte ihm. Eine dunkle Gestalt sprang aus den Schatten auf sie zu, aber der Alte schlug dem Alben seinen Stab an den Kopf, dass der Angreifer zu Boden ging.
    Die Nachtwesen näherten sich lautlos. Keiner gab irgendwelche Befehle. Schweigend zu kämpfen und zu jagen schien

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