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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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nachgingen.
    Das Licht kam hier nur zu einem geringen Teil aus den Wänden, wie in den übrigen Höhlen, und es dauerte einen Moment, bis Siggi und Gunhild erkannten, woher die Helligkeit rührte, die sie geblendet hatte und die die Stadt der Verborgenen Königin erstrahlen ließ.
    Überall an den Häusern und auf den Wegen gab es Edelsteine, die hell wie Lampen glühten. Doch es war ein weiches, diffuses Licht, das diese Leuchten ausstrahlten, und als die Augen der Kinder sich erst an die Helligkeit gewöhnt hatten, war es ihnen sogar möglich, direkt in die glimmenden Steine zu schauen.
    Laurion lächelte. Für ihn war das etwas Alltägliches, aber Midgards Kinder kannten dieses Wunder nicht, und sie waren wie gebannt von dem Licht in der liefe.
    »Ich bringe euch in mein Haus, und während ihr wartet, werde ich der Königin Bericht erstatten«, sagte Laurion zu ihnen.
    »Warum können wir nicht mitkommen?«, fragte Gunhild, die neugierig auf die Königin war.
    »Weil«, mischte der Graue sich ein, »die Königin im Verborgenen herrscht und sich nicht jedem zeigt. Sollte sie es für richtig halten, wird sie euch empfangen.«
    »Ist das hier ihr ganzes Reich?«, fragte Siggi.
    »Nein.« Laurion lächelte. »Um den Dom des Lichts gibt es noch eine Reihe weiterer, etwas kleinerer Höhlen. Das alles zusammen bildet unsere Stadt, unser Heim.«
    »Und was ist das da hinten?«, fragte Gunhild und deutete auf eine Stelle auf der gegenüber liegenden Seite, wo es zwischen den Häusern hell glitzerte und die Strahlen der Edelsteine in allen Farben zurückgeworfen wurden.
    »Das ist der Garten der Königin. Es wachsen dort außergewöhnliche Äpfel für außergewöhnliche Leute«, sagte Laurion lächelnd und warf einen Blick auf den Grauen, der ihn böse ansah.
    »Ob wir …?«, wollte Siggi fragen.
    »Besser nicht«, unterbrach ihn Laurion. »Für Sterbliche sind diese Früchte nicht bestimmt.« Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, dass er nicht mehr darüber verlauten lassen würde.
    »Lass uns in die Stadt gehen«, drängte der Alte.
    So stiegen sie die Treppe hinab. Das Erscheinen zweier Kinder Midgards im Reich der Königin erregte beträchtliches Aufsehen, aber die Lichtalben hatten genug Anstand, sie nicht zu bedrängen. Allerdings wurden sie beobachtet, wie Siggi bemerkte, doch waren die Blicke nicht feindselig, sondern eher von Neugier geprägt.
    Laurion führte sie durch das Gewirr der Straßen in diesem riesigen Felsendom bis zu seinem Haus.
    Auf den ersten Blick schien es aus großen Balken errichtet zu sein, eine lange, von einem Giebel gekrönte Halle, aus deren Dach wie eine Krone ein Dachreiter erwuchs, darüber ein zweiter und dritter, so dass sie wirkte wie einer jener japanischen Tempel, die Siggi in einem Buch seines Vaters gesehen hatte. Alles war mit Ornamenten bedeckt, Pflanzen, die zu Tieren wurden, Ranken, die mit Krallen ineinander griffen, ein ständiges Werden und Wandeln. Man hatte das Gefühl, nicht einem künstlich geschaffenen Werk gegenüberzutreten, sondern etwas Gewachsenem, das behutsam in eine Form gebracht worden war, die es sich immer ersehnt hatte. Doch als Siggi näher kam, erwies sich das vermeintliche Schnitzwerk als harter, behauener Stein, in dem nur die verschiedenen Farben und Schichten eine holzähnliche Maserung vortäuschten. Allein der Gedanke, wie viele Arbeitsstunden nötig gewesen sein mochten, aus diesem harten Material solche Formen herauszumeißeln, ließ ihn schlucken.
    »Das müsste Vati sehen«, meinte er unwillkürlich. »So was zu bauen, das wäre sein Traum.«
    »Das ist keine Höhlenarchitektur«, warf Gunhild leise ein, die hinter ihm stand. »Das sind Pflanzen und Tiere aus der Welt, aus der wir kommen.«
    Laurion warf ihr einen überraschten Blick zu, verwundert über so viel Feinfühligkeit.
    »Ihr müsst die Welt des Lichtes sehr lieben, um so etwas zu schaffen«, fuhr sie fort.
    »Auch wir wohnten einst auf den Höhen«, sagte der Lios-alf nur, führte den Gedanken aber nicht weiter. Auch der Graue sagte nichts, doch sein Gesicht wirkte noch abweisender als sonst, als sehe er ein ganz anderes Bild vor seinem geschlossenen Auge.
    Laurion führte sie in Halle des Hauses, das einzige Zimmer im Inneren des Gebäudes. Die Mitte des Raumes bildete ein lang gezogener Herd; an den Wänden hingen Waffen und Geräte, und im hinteren Teil erkannte man eine Lagerstatt und verschiedene Dinge des persönlichen Bedarfs, Bücher, Vorratsgefäße, Truhen, die vermutlich

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