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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Schwarzalbenreiches keine Gefahr drohte, gab seine ruhige, stets kampfbereite Gegenwart Hagen ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit. Sein breites Gesicht war so ernst wie immer, und mittlerweile verstand Hagen auch ein wenig, warum dem so war.
    Schon bald wurden ihnen Speisen und Getränke aufgetragen. Zwei silberne Becher und ein Krug mit einem goldfarbenen Getränk und ein Berg Fleisch auf einer Platte aus gebranntem Steingut wurden hereingebracht.
    Der Duft des gebratenen Fleisches machte Hagen bewusst, wie hungrig und auch durstig er war. Er folgte dem Vorbild Alberichs, der mit den Händen zugriff.
    Das Getränk, das ihm von Mîm in den großen silbernen Becher gegossen wurde, war eigenartig. Es schmeckte nach Honig, aber kaum hatte Hagen den Becher geleert, fühlte er sich geradezu beflügelt, aber andererseits so, als wäre sein Geist auf Flaum gebettet. Er fühlte sich leicht wie eine Feder.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Met«, sagte Alberich. »Honigwein.«
    »Alkohol?«, fragte Hagen.
    »Viel«, sagte Mîm, ausnahmsweise einmal lächelnd. »Met macht fröhlich, verleiht übermenschliche Kräfte, gibt dem Skalden Inspiration, lässt den Zecher bleiern schlafen, und am anderen Morgen hat man ein Bergwerk im Schädel.«
    Hagen schmeckte das Getränk ausgezeichnet. Er wollte mehr, aber Alberich legte ihm die Hand auf den Arm.
    »Nein, Hagen«, sagte der König. »Es ist nicht gut, vor der Schlacht viel Alkohol zu trinken. Er steigt zu Kopf.«
    Hagen machte ein enttäuschtes Gesicht.
    »Sei nicht traurig, mein Sohn«, fuhr Alberich fort. »Nach der Schlacht kannst du so viel trinken, wie du willst, aber bedenke, du hast eine Aufgabe vor dir. Du musst bei Verstand sein.«
    In Hagens Gedanken formte sich das Bild Siggis, des Ringdiebes, und er wusste, dass er einen klaren Kopf behalten musste, wenn er auf ihn traf, damit er jeden Moment seiner Rache genießen konnte.
    »Ich verstehe«, nickte er.
    »Bringt Wasser!«, befahl Alberich. Und bald darauf löschte Hagen seinen Durst mit dem besten Quellwasser, das er je getrunken hatte.
    Das Mahl wurde schweigend beendet. Dienstbare Geister räumten die Platten und Krüge ab, säuberten den Tisch und reichten Alberich und Hagen eine Schale mit Wasser, so dass sie sich die Hände waschen konnten.
    Hagen war satt, und sein Durst war gelöscht. Zufrieden lehnte er sich in seinem weich gepolsterten Stuhl zurück.
    Er war müde, spürte nun, nachdem er gegessen und getrunken hatte, die Strapazen der letzten Stunden. Die Augen fielen ihm zu, und ohne es zu wollen, döste er ein.
    Augenblicklich schien er zu träumen: Hagen sah Siggi und den Ring, und ein dunkles Verlangen begann in ihm zu wachsen …
    Den Ring, tief in der Tasche verborgen, fest in der linken Hand, den Hammer ebenso fest mit der rechten umklammert, tappte Siggi durch die Unterwelt.
    Der Schimmer, der sie bisher in allen Höhlen begleitet hatte, war hier zu einem düsteren Glimmen abgesunken, dass man kaum die Hand vor den Augen sehen konnte. Die vier Gestalten, die im Gänsemarsch durch den Gang schlichen, waren nicht mehr als Schatten, die Kinder zwei dunkle Umrisse, die Lios-alfar zwei hellere Schemen.
    »Wo sind wir hier?«, fragte Gunhild flüsternd, an Yngwe gewandt, der hinter ihr ging.
    Yngwe sah sie an, und in seinen hellen Augen war wieder jener seltsame, fast verehrungsvolle Ausdruck, den Gunhild bemerkte, seit sie das Halsband der Königin trug. Sie fragte sich, ob hinter dem Mienenspiel der Lios-alfar die Verehrung für ihre Königin steckte, die ihr dieses überaus schöne Geschenk gemacht hatte, oder mehr.
    »Wir sind in den umkämpften Bereichen. Weder der dunklen Brut unter ihrem Herrn Alberich noch unserer Königin ist es je gelungen, hier dauerhaft zu herrschen. In den vielen, vielen Jahren seit wir hier leben, haben hier unzählige Lios-alfar ihren letzten Atemzug getan, aber auch viele von Alberichs finsteren Schergen sind hier vernichtet worden.« Die Stimme des jungen Kriegers klang gepresst, seine Gesichtszüge verhärteten sich, und unwillkürlich griff seine Hand nach dem Schwert.
    »Warum habt ihr diesen Krieg begonnen?«, wollte Gunhild wissen, während sie über einen Haufen Steine kraxelte.
    »Weil die Swart-alfar unsere Feinde sind.«
    »Aber diese Feindschaft muss doch einen Grund haben?«, ließ Gunhild sich nicht abspeisen.
    »Wir kamen hierhin«, zischte Yngwe, »nachdem unsere Hoffnungen zerstört waren – zerstört durch Hagen, Alberichs Sohn, der Siegfried, den

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