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Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Die Kinder der Nibelungen (German Edition)

Titel: Die Kinder der Nibelungen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut W. Pesch
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Zeuge des Todes dreier Götter geworden – oder wie immer man auch jene Wesen bezeichnen sollten, die zugleich Verkörperungen elementarer Gewalten waren und doch auch Personen mit eigenen Hoffnungen, Wünschen und Zielen, die den höchsten Triumph ebenso kannten wie die abgrundtiefe Verzweiflung.
    Siggi dachte an Thor, den Donnerer, der kämpfend untergegangen war, und an dessen unbändige Kraft und dessen heldenhaften Mut. Auch wenn der Geist des Gottes ihn nicht mehr beseelte, war mit der Bewunderung auch etwas von diesem Mut auf ihn selbst übergegangen.
    Gunhild dachte an Odin und wie sie in die Abgründe seines Geistes geschaut hatte, als er sein verwunschenes Auge öffnete. Wieder schauderte sie bei den Gedanken, wie es sein mochte, mit einem solchen Bewusstsein zu leben, und irgendwie empfand sie etwas mit Mitleid mit ihm, seinem unbändigen Verlangen, den Sturm aus dem Nichts noch eine Weile zurückzuhalten.
    Und Hagen dachte an Loki. Konnte er ihm einen Vorwurf machen? Diesem blitzenden Geist, der stets eine Antwort wusste, der immer aus jeder Situation das Beste machte? Der immer falsch zu anderen war und doch nie sich selbst verleugnete? Was war wirklich gut daran und was böse? Er wusste es nicht. Doch er fühlte sich wie von einem Feuer berührt, dessen Kraft ihm geholfen hatte, sich selbst zu erkennen.
    Ein Flammenstoß fauchte in die Kristallhöhle und erfüllte den Gang mit blendender Glut. Surt, der Feuerriese, war gekommen.
    »Raus hier!«, sagte Siggi.



10
Ragnarök
    »Wo geht’s lang?«, fragte Siggi, an Gunhild gewandt.
    »Diesen Gang dort«, antwortete sie und zeigte auf einen offensichtlich nach unten weisenden Stollen und nicht auf jenen, der bergauf verlief und sie scheinbar ihrer Welt näher brachte.
    »Aber der führt nicht nach oben«, wandte Siggi ein.
    »Ich vertraue der Göttin«, sagte Gunhild einfach und trat auf den Gang zu, ohne auch nur einen Blick zurückzuwerfen.
    »Und ich«, meinte Hagen, und den Glanz in seinen Augen hatte Siggi schon bei den Lios-alfar gesehen, »vertraue Gunhild.« Ohne ein weiteres Wort folgte er ihr.
    »Na, wenn dem so ist«, meinte Siggi und ging den beiden nach. Seine Hand hielt er fest um den Hammer geschlossen. Wer wusste, was sie noch erwartete; denn Freya hatte gesagt, sie würde nicht alle Schrecken von ihnen fern halten können.
    Gunhild lenkte ihre Schritte sicher durch das Labyrinth der Gänge. Das Licht, das die Anderswelt erhellte, schien nicht mehr so intensiv zu sein; es schwand langsam dahin.
    Der Zauber verging …
    Und wenn es zuerst auch außer dem fahler werdenden Schein kein weiteres Zeichen für den Untergang der Anderswelt gab, so hörten sie auf dem Gang bald wieder die Echos des letzten Kampfes der Alben gegeneinander. Weder die Lios-alfar noch die Schwarzalben würden siegen. Dieser Kampf hatte keine Gewinner. Ihre Heimat würde vergehen, verlöschen und nur noch in der Erinnerung der drei Menschenkinder bestehen bleiben.
    Mit ihnen würde die Anderswelt endgültig vergehen, aber Siggi dachte daran, sollte er einst Kinder haben, würde er ihnen von seinen Erlebnissen hier erzählen, würde ihnen vom heldenhaften Opfers Laurions berichten, vom Hass der Völker und vom sinnlosen Töten, aber auch von der Schönheit der Höhlen und von vielem mehr, das er gesehen und erlebt hatte. Die Geschichten dieser Nacht würden ausreichen für viele Erzählungen. Und er wusste, ohne zu fragen, dass Gunhild und Hagen ähnlich darüber dachten. Jeder von ihnen würde einen Teil der Anderswelt retten und vor dem Untergang bewahren.
    Und ihm war, als hörte noch einmal die Stimme des Donnerers, dessen Hammer er trug, die »Ich danke dir, Siegfried« grollte.
    Sie folgten den von Gunhild ausgewählten Wegen, und Hagen schien mit seinem Vertrauen recht zu behalten, denn nach einem kurzen Abstieg ging es beständig bergauf.
    Zu dem schwindenden Licht gesellte sich nun immer häufiger ein rötlicher Feuerschein, der die Schächte und Kamine hinaufdrang. Irgendwo in er Tiefe musste eine gewaltige Feuersbrunst toben, die langsam heraufstieg.
    Und da waren die Schreie.
    Gespenstische Echos hallten durch das Höhlensystem. Die Melodie der letzten Schlacht war disharmonisch, und mit der Zeit glaubte Hagen, dass Loki auch in diesem Punkt gelogen hatte. Deutlich konnte er die Kampfesrufe von den Todesschreien unterscheiden, und die Zahl der Letzteren überwog. Das Klagen und Schreien der Sterbenden übertönte die Rufe nach Kampf, Blut und Tod. Längst

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