Die Kinder der Nibelungen (German Edition)
Schwarzalben. Er begriff nicht, was vorging.
Der Hammer hatte sich in der Luft gedreht und flog in die immer noch ausgestreckte Hand Siggis zurück.
»Bei den Feuern der Hei!«, entfuhr es Alberich. »Verflucht sollst du sein!«
Er entriss einem seiner Krieger die Klinge, stieß ihn brutal zur Seite und drang auf Siggi ein, der immer noch verdutzt auf den Hammer starrte. Gerade noch rechtzeitig warf der Junge sich zur Seite, um dem Schwerthieb zu entgehen.
Da, wo Siggi eben noch gestanden hatte, schlug das Schwert Funken sprühend auf den nackten Fels. Alberich knurrte wütend. Ein unartikulierter Schrei des Zorns, der wie das Fauchen eines zornigen Bären klang, kam aus seiner Kehle. Wahnsinn griff nach dem König der Swart-alfar.
Siggi rollte sich ab, und kam wieder auf die Füße. Alberich griff an, aber Siggi wich dem Hieb aus, unterlief das Schwert, doch sein Schlag verfehlte den Gegner um Haaresbreite, weil der Albe gedankenschnell zur Seite ausgewichen war.
Die beiden Kämpfer standen sich nun lauernd gegenüber.
Die Krieger der Swart-alfar und Gunhild sahen dem Zweikampf hilflos zu, während Hagen immer noch am Boden lag.
»Komm schon!«, forderte Siggi. »Bringen wir es hinter uns!«
»Ich habe schon ganz andere Gegner als dich niedergerungen, Midgard-Knabe!«, gab Alberich zurück. »Du wirst sterben. Hier und jetzt!«
»Aber ich bin der Erbe Thors«, ließ Siggi den Schwarzalben wissen. »Und du bist ein Idiot.«
Alberich stürzte los. Im selben Augenblick schleuderte Siggi erneut den Hammer, und so lief der Nibelung genau in Siggis Wurf. Der schwere Kopf Mjölnirs traf ihn mitten in die Stirn. Das hässliche Geräusch brechender Knochen war ein Laut, den weder Siggi noch Gunhild so schnell vergessen würde.
Der Kampfruf des Nibelungen erstickte in einem gurgelnden Schrei. Der Hammer kehrte wieder in die Hand Siggis zurück, der sie reflexartig um den Griff schloss und gleich darauf senkte.
Alberich stand wie vom Blitz getroffen. Seine Stirn war eine einzige Wunde. Die schwarzen Augen waren weit aufgerissen, aber begannen sich bereits zu verschleiern. Er wollte etwas sagen, aber außer einem schmerzerfüllten Röcheln brachte er nichts mehr hervor. Die Klinge entfiel seiner kraftlosen Hand, schlug klirrend auf den Fels. Der einstmals mächtige König der Swartalfar, Herr des Nibelungenschatzes, Schöpfer des Ringes, der das Schicksal von Helden und selbst von Göttern bestimmt hatte, taumelte, stürzte mit dem Gesicht nach vorn zu Boden, und noch bevor sein Körper den Fels berührte, war er tot.
Die drei verbliebenen Schwarzalben starrten Siggi an, als wäre wirklich Thor mit seinem Hammer zwischen sie gefahren. Dann wandten sie sich um und flohen.
Siggi hatte Besseres zu tun, als ihnen nachzulaufen. Er beugte sich zu stattdessen zu Hagen hinab, der gerade stöhnend zu sich kam. Auch Gunhild kam heran und stützte den gefallenen Freund.
Einige Augenblicke brauchte Hagen noch, dann klärte sich sein verschwommener Blick, und er kam wieder zu Bewusstsein.
»What … happened?«, kam es schwer über seine Lippen; in der Verwirrung sprach er wieder Englisch. »Ich habe plötzlich einen Schlag in den Nacken bekommen«, fuhr er auf Deutsch fort, »und von da an weiß ich gar nichts mehr.«
Gunhild warf einen Blick auf Hagens Kopf, aber außer einer ansehnlichen Beule hatte ihr Freund anscheinend keine Verletzungen davongetragen.
Siggi erzählte Hagen in knappen Worten, was geschehen war. Nur kurz warf Hagen einen Blick auf die am Boden liegende Leiche Alberichs, den er einmal Vater genannt hatte. Ein Hauch von Trauer streifte Hagen, aber nicht mehr; denn zu der Zeit, wo er Alberich diente, hatte er unter dem Einfluss Lokis gestanden und unter dem seiner eigenen Begierde. Das war jetzt vorbei.
»Lasst uns weitergehen«, meinte Gunhild. »Es wird Zeit.«
»Geht’s?«, wandte sich Siggi an Hagen.
»Ja«, war Hagens Antwort. »Es muss.«
Mühsam kam er auf die Beine. Sie machten tun den toten König einen Bogen und setzten ihren Weg durch die Gänge fort. Gunhild übernahm wieder die Führung.
Siggi fühlte sich, als ging er durch eine Welt aus Watte. Erst merkte er, dass seine Hände zitterten, und Übelkeit stieg ihn ihm auf. Er hatte getötet, ein Lebewesen einfach umgebracht. Das hatte er nicht gewollt, und selbst die Erkenntnis, dass er in Notwehr gehandelt und Alberich ihm keine Wahl gelassen hatte, war keine Beruhigung für ihn.
»Du kannst nichts dafür«, erreichte ihn Gunhilds
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