Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
trennen sich mein Körper und mein Geist. Lasst mich einfach eine Weile in Ruhe, wenn das passiert. Selbst wenn es sich anhört, als ob ich in Schwierigkeiten wäre.«
Es war ein langsamer, monotoner Tanz, und für Johns ungeschultes Auge sah Charlie aus wie jemand, der den Verkehr regelt.
Groanin, dessen Auge ebenso ungeschult war wie Johns, fühlte sich von Charlies Handbewegungen an einen Zauberer erinnert, den er einmal im Theatre Royal in Manchester gesehen hatte. Für seinen Geschmack wirkte das alles ein wenig überzogen.
Es dauerte eine gute Stunde, ehe Charlie schließlich zusammenbrach und sich zuckend auf dem Teppich wand, und Jimmy erklärte, sein Geist könne nun seinen Körper verlassen und eine Weile herumwandern.
»Das war ohnehin der Grund, warum wir hergekommen sind«, fuhr er fort, während er das
Yidaki
beiseitelegte und langsam wieder zu Atem kam. »Um in Übung zu bleiben. Was die Geisterwelt angeht, muss man in Übung bleiben, sonst verliert man den Kontakt.«
Plötzlich hörte Charlie auf, sich zu bewegen.
»Geht es ihm gut?«, fragte John besorgt. »Ich meine, da kommt irgendwelches Zeug aus seinem Mund.« John legte das Ohr auf die Maske, die der Aborigine trug. »Und ich kann ihn nicht mehr atmen hören.«
Jimmy betrachtete seinen Freund mit einem flüchtigen Blick. »Keine Bange«, sagte er. »Das ist bloß ein bisschen Schaum. Weißt du, John, bei euch sieht das alles ganz einfach aus. Aber für uns ist es harte Arbeit, Körper und Geist zu trennen.«
John nickte.
»Entspann dich, Kumpel«, sagte Jimmy. »Wenn irgendjemand deine Schwester finden kann, dann Charlie.«
Der Traumpfad des Charlie Gardipy
Ist dieser Ort besser als der letzte? Oder schlechter?
Philippas Geist befand sich zwischen zwei Kamelen, als der erste Blitz in das Wasserloch einschlug, und zwar mit solcher Wucht, dass sie sich vorkam wie eine Comicfigur, die sich in einer Mülltonne versteckt, auf die jemand mit einem Vorschlaghammer einschlägt. Minutenlang hatte sie keine Ahnung, wo oder auch nur was sie war, sie wusste nur, dass sie kein Kamel war. Eine Zeit lang lag ihr Geist einfach auf dem durchweichten Boden und versuchte, sich zu sammeln. Doch das war so gut wie unmöglich, denn Wasser ist ein ausgezeichneter elektrischer Leiter, und jedes Mal, wenn ein Blitz in den Boden einschlug, fuhr eine kleine Ladung durch das Wasser und in ihren verwundeten Geist.
Ist das der Tod? Hat mein Körper aufgehört zu arbeiten? Wenn ich nach oben steige, warum scheint mir die andere Richtung dann die richtige zu sein?
Als sich der Sturm endlich verzogen hatte, waren sämtliche Kamele verschwunden, und Philippa hielt sich für einen Geist, eine verwirrte Seele, die auf dem dunklen Antlitz der Erde umherirrte, für immer verloren in einem Irrgarten aus Traumpfaden und Geisterwegen, die deutlicher zu sehen waren als sie selbst.
Wer war ich? Warum bin ich hier?
Dieser neonblaue Irrgarten war anders als alle Irrgärten, die sieje gesehen hatte. Es gab keine Wände, nur Spuren auf dem Boden, Fußabdrücke in Felsen, Orientierungspunkte und Markierungen in der Landschaft, die die Geister von Menschen, Tieren, Pflanzen, aber auch dunkleren Dingen, die sie weder kannte noch verstand, zurückgelassen hatten.
Wie habe ich ausgesehen? So scheußlich wie dieses Gesicht? Falls es überhaupt ein Gesicht war. Eigentlich weiß ich nicht, was es ist.
Es war ein beängstigender Ort, an dem sie von merkwürdigen Gesichtern angestarrt wurde und verstohlene Hände ihren Geist zu packen und mit sich zu zerren versuchten.
Ich glaube, ich ertrage das nicht. Es geht über meinen Verstand. Niemand kann erwarten, dass ich das ertrage.
Es war kein stiller Ort. Rings um sie herum war ein wirres Durcheinander an Liedern, die mehr waren als nur Musik; sogar sehen konnte man sie, wie lange Pfade aus vibrierenden Schallwellen, erfüllt von starken Ideen, mächtigen Gefühlen und dem Leben selbst. Sie spürte, dass diese Traumpfade aus Liedern irgendwie mit der Welt verbunden waren, die sie zurückgelassen hatte, doch sie wusste nicht, wie.
Es sollte jemand da sein, der einem die Dinge erklärt, wenn man hier ankommt. Man kann doch nicht erwarten, dass man weiß, was vor sich geht.
Und doch war da etwas, das sie wiedererkannte. Ein Klang, der sie tief in ihrem Innern berührte, wenn es so etwas wie Tiefe und Inneres überhaupt gab. Ein Klang, der mehr war als nur ein Geräusch, der voller Bedeutung war, ein Band, an dem sie sich festhalten
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