Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
Gipfel einer weiteren, umgekehrten Pyramide, die allerdings aus Rauch und Asche bestand. Dieser Anblick dominierte die Szenerie wie das riesige steinerne Haupt eines bärtigen römischen Gottes – Jupiter oder Mars –, was Philippa eine Vorstellung davon gab, wie es im Jahr 79 für die armen Bewohner von Pompeji gewesen sein musste.
Sorrent, auf der anderen Seite der Bucht, lag so weit von dem Vulkan entfernt, dass die Aschewolke für das Urlaubsgebiet und die Besucher kein Problem darstellte. Die Bewohner von Neapel hingegen hatte man vorsichtshalber evakuiert und den örtlichen Flughafen, wie andere Flughäfen überall auf der Welt, bis auf Weiteres geschlossen.
Nimrod war der Einzige auf der Terrasse, der die Jacht beobachtete. Alle anderen konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf den Vesuv, viele davon mit einem Teleskop, in der Hoffnung, noch spektakulärere Dinge zu sehen als die, die sich bereits abspielten. Es war schwer, sich vorzustellen, was das überhaupt noch sein könnte: dass der Berg seine Kuppe wegsprengte vielleicht. Oder dass sich geschmolzene Lava über die Flanken des Berges ergoss.
»Schon komisch, sich vorzustellen, dass wir noch vor Kurzem hier gesessen und unsere Ferien genossen haben«, meinte Groanin. »Ohne die kleinste Wolke am Himmel, die uns den Spaßverdorben hätte. Und glücklicherweise ohne jede Ahnung davon, was uns erwartet. Es ist schon komisch: Anscheinend ist Leben das, was sich abspielt, wenn man gerade dabei ist, sich etwas anderes vorzunehmen.«
»Wie immer, Groanin«, murmelte Nimrod, »bringen Sie mich dazu, gedanklich eine Richtung einzuschlagen, die ich vorher nicht bedacht hatte.«
»Was sagen Sie da? Wie meinten Sie gerade?«
Nimrod gab seinem Butler keine Antwort. Er war zu sehr mit Nachdenken beschäftigt.
Also zuckte Groanin die Achseln und sah John an. »Wie lang ist diese blöde Jacht, hast du gesagt?«, fragte er den Jungen.
»Knapp zweihundert Meter«, sagte John.
»Ich würde mich schämen, irgendwo mit so einem Boot aufzukreuzen«, sagte Groanin. »Selbst die Königin Kleopatra hat weniger Aufmerksamkeit erregt als das hier.«
»Schön gesagt, Groanin«, murmelte Nimrod.
»Danke, Sir.«
»Rashleigh Khan hat die
Schadenfreude
nur gebaut, um Victor Pelorus, einen anderen Milliardär, zu ärgern, dessen Jacht bis dahin die größte der Welt war«, erklärte John. »Sie hat vierhundert Millionen Dollar gekostet und besitzt ein eigenes Raketenabwehrsystem. Und sogar ein U-Boot und einen Tennisplatz.« John hob seine Digitalkamera und schoss ein weiteres Foto. »Das muss stimmen«, fügte er hinzu. »Ich habe es in Ihrer Zeitung gelesen, Groanin.«
»Mit einem U-Boot könnte bei mir niemand landen«, meinte Philippa.
»An Land taugen sie auch nicht viel«, erwiderte John.
»Mit einem Tennisplatz auch nicht«, sagte Groanin. »Werbraucht schon einen Tennisplatz? Wer einen Tennisplatz braucht, möchte ich mal wissen. So ein stinklangweiliges Spiel.«
»Der Zeitung zufolge kostet ihn eine Tankfüllung allein hunderttausend Dollar«, berichtete John weiter.
»Wie kann man sich nur so eine Benzinrechnung leisten?«, sagte Groanin.
»Sie haben doch sicher schon von Hedgefonds gehört«, sagte John. »Er ist nämlich das, was die Zeitungen eine Finanzheuschrecke nennen. Das ist so eine Art hochspekulativer Hedgefond. Rashleigh Khan formt ganze Wirtschaften so, wie es ihm passt. Zu Tigern, Schweinen, was auch immer.«
»Mit diesem Finanzkram habe ich mich noch nie ausgekannt«, gab der Professor zu.
»Ich auch nicht«, sagte Groanin. »Wenn Sie mich fragen, mischen da bloß Gauner und Wildwesthelden mit.«
Nimrod beobachtete durch sein Fernglas immer noch die Jacht. »Das ist wirklich ein interessantes Boot«, sagte er. »In sämtlichen Kabinen sind die Vorhänge zugezogen. Und an Deck rührt sich kaum etwas.«
»Also ich finde sie schrecklich«, meinte Philippa. »Und sie hat einen schrecklichen Namen. Stellt euch nur mal vor, eine Jacht so zu nennen.«
»Das Interessanteste an der Jacht«, sagte Nimrod, »ist, dass sie sich nicht zu bewegen scheint. Ich habe sie sehr genau beobachtet, und ich schwöre, sie hat sich keinen Fußbreit bewegt.«
»Sie liegt doch auch vor Anker«, sagte Groanin. »Sie soll sich nicht bewegen.«
»Das stimmt nicht«, sagte Nimrod. »Alle vor Anker liegenden Schiffe bewegen sich ein wenig. Das macht das Wasser. Aber dieses hier hat sich nicht einen Zentimeter von der Stelle gerührt,seit ich es beobachte, was jetzt
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