Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
hätte man ihn abgeschnitten.«
»Wenn der Teppich mit einem Messer geschnitten wird«, sagte der andere Sohn, »muss es zuerst mit dem Blut des Dschinn in Berührung kommen, dem er gehört.«
»Verstehe«, sagte John. »Das ist ein bisschen wie bei einem Samuraischwert. Das weiß ich noch.«
Professor Stürlüson und Axel setzten sich mehr oder weniger in die Mitte des Teppichs und warteten geduldig darauf, dass er abhob.
In der Zwischenzeit debattierten Mr Barkhiya und seine beiden Söhne über ihre Wünsche.
»Wofür ist die Hutnadel da?«, fragte John.
»Keine Ahnung«, sagte Philippa. »Einer von Mr Barkhiyas Söhnen hat sie mir gerade gegeben.«
»Die nehme ich«, sagte Nimrod. »Sie dient dazu, den Teppich auf mich zu prägen und dafür zu sorgen, dass nur ich ihn fliegen kann. Schließlich soll kein anderer Dschinn meinen, den Teppich stehlen zu können. Aber dafür muss ich ihn mit meinem Blut tränken, damit es Teil des Teppichs wird. Dann gehorchen die Worte der Macht, die bei seiner Herstellung gesprochen wurden, für immer meinem Befehl.« Nimrod zögerte und schnitt eine Grimasse. »Herrje, ich konnte Nadeln noch nie leiden.«
»Ich auch nicht«, sagte John.
»Ach komm«, sagte Philippa, »gib sie mir.« Sie nahm ihrem Onkel die Nadel wieder ab. »Stell dich nicht so an.«
Sie packte den Daumen ihres Onkels und pikste hinein, ehe er protestieren konnte.
»Autsch!«, sagte Nimrod. »Das hat wehgetan.«
Philippa drückte fest auf seinen Finger und ließ einen Blutstropfen wie einen Rubin auf die leuchtend blaue Seide des Teppichs fallen.
John bemerkte, dass die Fasern eine kleine Rauchwolke auszustoßen schienen, ehe das Blut komplett aufgesaugt wurde, ohne dass auch nur ein Fleck zurückblieb.
»Äh, danke«, sagte Nimrod und lutschte an seinem Daumen. »Das war vermutlich nett von dir, Philippa.«
Mr Barkhiya kam mit seinen Söhnen zurück. »Das hier ist mein Ältester, Hanif«, sagte er. »Und das ist Salman.«
»Haben Sie entschieden, was Sie sich wünschen wollen?«, fragte Nimrod.
»Ja, o mächtiger Dschinn«, sagte Mr Barkhiya. Er sah Hanif an und nickte ihm eindringlich zu.
»Ach so. Ich bin wohl als Erster dran, hm?«
»Du bist der Älteste.« Hanifs Vater sah Nimrod achselzuckend an. »In Amerika ausgebildet«, sagte er, um Hanifs Akzent zu erklären. »Wie alle meine Söhne.«
»Hm.«
»Hanif«, sagte Nimrod, »spucken Sie´s einfach aus.«
»Das hört sich jetzt vielleicht ´n bisschen komisch an«, sagte Hanif. »Aber ich hab mir schon immer gewünscht, ein Bläser zu sein. Trompete zu spielen, meine ich. Wie Miles Davis. Ich spiele zwar ´n bisschen, aber nicht annähernd so gut. Yeah, das ist mein Wunsch: genauso gut Trompete zu spielen wie er.«
»Sehr schön.« Nimrod nickte und wandte sich Salman zu. »Und Sie?«
Salman grinste und sah seinen Bruder an. »Das Sax«, sagte er. »Ich würde gern Saxofon spielen können wie John Coltrane. Oh Mann, das habe ich mir schon mein Leben lang gewünscht. Yeah, das Sax ist meine
Love Supreme,
um mit Coltrane zu sprechen.«
Nimrod lächelte und wandte sich an Mr Barkhiya. »Und Sie möchten vermutlich Bassgitarre spielen wie Marcus Miller.«
»Schlagzeug«, sagte Mr Barkhiya. »Wie Philly Joe Jones oder Billy Cobham.«
»An Ihrem Musikgeschmack ist jedenfalls nichts auszusetzen«, sagte Nimrod. »Bei keinem von Ihnen. Aber bevor ich Ihre Wünsche erfülle und Ihnen ein bisschen Talent verleihe, was natürlich unerlässlich ist, sollte ich vielleicht erwähnen, dass der Löwenanteil der Fertigkeiten dieser Musiker das Ergebnis intensiven Übens ist. Nur die Übung macht den Meister.«
Sobald Nimrod die drei Wünsche erfüllt hatte, stellte er sich neben Professor Stürlüson und Axel auf das riesige blaue Seidenquadrat,ließ sich im Schneidersitz nieder und murmelte sein Fokuswort.
Ein oder zwei Sekunden später erhob sich der Teppich wie ein gehorsamer Hubschrauber lautlos in die Luft.
»Ótrúlegt«,
sagte Axel. »Unglaublich.« Er rollte zum Rand des Teppichs und sah auf die entschwindende Medina hinab. »Ich komme mir vor wie Sindbad. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal mit einem echten Zauberteppich fliegen würde.«
»Sprechen Sie bloß das Wort nicht aus«, murmelte Philippa. »
Zauber
. Das ärgert Onkel Nimrod.«
»Ja, richtig«, sagte Axel. »Tut mir leid. Aber das alles ist ungeheuer spannend. Und für einen Jungen aus Reykjavík fühlt es sich auf jeden Fall wie Zauberei an. Ich habe
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