Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
Gemäldes aus der indischen Mogul-Epoche, auf dem der Leichenzug des Dschingis Khan zu sehen war und die Ermordung all jener, die dabei zugesehen hatten.
»Oh, ich glaube doch«, erwiderte Nimrod ungerührt.
Er wandte sich ab, um das uralte Porträt eines weißen Kamels zu betrachten. Es war in Silber eingefasst und erinnerte stark an eine religiöse Ikone.
»Ist das ein Bild von Kauwida?«
»Ich weiß wirklich nichts.«
»Nun«, sagte Nimrod, »das werden wir gleich sehen.«
»Wie meinen Sie das? Sie haben gesagt, Sie würden uns nichts antun.«
»Das stimmt«, sagte Nimrod, »und ich gebe Ihnen mein Wort, dass es nicht im Geringsten wehtun wird.«
Als Philippa und der Professor Mr Bilharzias Familie nach oben gebracht hatten, führte Nimrod diesen zum Esstisch, an dem alle vier Platz nahmen.
»Was wird nicht wehtun?«
»Der Quäsitor meines jungen Neffen«, sagte Nimrod. »Das ist eine Dschinnfessel, die aufspürt, was Ihnen ganz besonders unangenehm ist, um genau das in Ihren Mund zu platzieren, bis Sie die Wahrheit sagen. Mein Neffe zum Beispiel hasst Gemüse. Was noch nicht so schlimm ist.«
»Von wegen«, sagte John.
»Aber ich habe schon alle möglichen schrecklichen Dinge aus Mündern kommen sehen. Kakerlaken, Ratten, Schlangen, Spinnen. Also, was ist Ihnen lieber? Ausspeien oder auspacken? Erbrechen oder erzählen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden.«
»Zum letzten Mal: Erzählen Sie uns alles, was Sie über Kauwida und den Sattel wissen, oder ich werde Sie Ihre eigenen Worte schmecken lassen.«
Mr Bilharzia ließ sich nicht umstimmen. Kopfschüttelnd presste er die Lippen zusammen, als wollte er Nimrod und John zum Schlimmsten herausfordern.
»Das tut mir leid«, gestand Nimrod. »Wirklich.«
Mr Bilharzia fluchte auf Paschtu.
»John?« Nimrod sah seinen Neffen an. »Fang an, wenn du so weit bist.«
John nickte. Er legte dem Kamelhändler zur Unterstützung der Fessel kurz einen Finger auf den Mund und sprach dann sein Fokuswort.
»ABECEDERISCH.«
»Gut«, fuhr Nimrod fort. »Zunächst einmal: Sprechen Sie Englisch?«
»Ja, ich spreche Englisch«, sagte Mr Bilharzia auf Englisch. »Warum?«
»Das macht es meinem Neffen leichter«, sagte Nimrod. »Er versteht kein Paschtu. Daher versteht die Fessel es auch nicht. Und es ist von großem Vorteil für Sie, wenn der Quäsitor zwischen Wahrheit und Lüge unterscheiden kann.«
Wieder fluchte Mr Bilharzia, aber diesmal auf Englisch.
»Oje, es sieht so aus, als käme da schon etwas Schreckliches aus Ihrem Mund«, stellte Nimrod fest. »Mögen Ihre nächsten Worte wahrheitsgemäß und rein sein oder Sie etwas ganz und gar Abscheuliches schmecken. Also dann. Sagen Sie uns alles, was Sie über Kauwida wissen.«
Mr Bilharzia wollte gerade erneut fluchen, als er spürte, wie etwas seine Luftröhre heraufkam, was dem Schimpfwort eindeutig im Weg war. Er würgte ein bisschen und spie das, was sich nun in seinem Mund befand, in seine ausgestreckte Handfläche.
Das Ding war rund, von grünlich brauner Farbe und etwa so groß wie ein kleines Brötchen. John hatte keine Ahnung, was es war. Aber Mr Bilharzia erkannte es sofort.
»Kameldung«, sagte er angewidert.
»Ziemlich passend«, sagte Nimrod. »Bei Ihrem schmutzigen Mundwerk.«
John schnaubte vor Abscheu. »Das ist ja ekelhaft«, sagte er. »Darauf wäre ich von allein nie gekommen.«
»Ich bin froh, das zu hören, John«, sagte sein Onkel. »Das ist das Wunderbare an einem Quäsitor. Er nimmt einem die ganze Drecksarbeit ab.«
»Aiiii!« Wieder hustete und spuckte Mr Bilharzia und schob mit der Zunge einen weiteren Klumpen Kameldung aus dem Mund. »Widerlich! Widerlich! Widerlich!«
»Findest du es nicht auch merkwürdig, John«, sagte Nimrod, »dass ein Kamelhändler sich ausgerechnet vor Tierdung ekelt? Man sollte doch meinen, dass er inzwischen daran gewöhnt ist.«
»Vielleicht daran, ihn zu sehen und zu riechen«, stimmte John ihm zu. »Aber nicht daran, ihn zu essen. Bäääh! Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie grauenhaft das schmecken muss.«
»Ich kann mich da nicht anschließen, schließlich sind Kamele Vegetarier«, sagte Nimrod. »Bei Fleischfressern wäre der Dung noch weit weniger schmackhaft.«
»Igitt!«, sagte John, ehrlich entsetzt über die Auswirkungen seines Quäsitors auf Mr Bilharzia.
Nimrod war nicht weniger entsetzt als sein Neffe. »Mir gefällt so etwas ganz und gar nicht«, sagte er mit einem Kopfschütteln und seufzte tief.
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