Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
»Aber angesichts der Umstände lässt es sich nicht ändern.«
»Du meinst, der Zweck heiligt die Mittel?«, fragte John.
»Vielleicht«, sagte Nimrod. »Ja, ich fürchte, in diesem besonderen Fall schon.«
Johns Augen wurden schmal. Er wusste, dass sein libertär denkender Onkel für die Vorstellung, der Zweck heilige die Mittel, im Allgemeinen wenig übrig hatte, jedenfalls behauptete er das immer. Daher brachte sein Geständnis, dass der Zweck in diesem Fall tatsächlich die Mittel heilige, John zu der Überlegung, wie weit sein Onkel dafür wohl bereit war zu gehen. Wobei der Zweck natürlich darin bestand, die Welt vor einer drohenden Katastrophe zu retten, die ihr durch diese Serie von Vulkanausbrüchen drohte. Und bei dem Gedanken an das, wasseine Schwester ihm über die Bücher erzählt hatte, die Nimrod in Rakshasas´ Bibliothek studiert und passagenweise unterstrichen hatte, fragte er sich, ob der Zweck in Nimrods Augen möglicherweise auch die Opferung seiner eigenen Patenkinder mit einschloss.
Wieder kam ein Klumpen Dung aus dem Mund des Kamelhändlers.
»Machen Sie, dass es aufhört!«, jammerte er.
»Die Sache lässt sich ganz leicht beenden«, erklärte ihm Nimrod. »Sie erzählen uns einfach alles, was Sie über Kauwida wissen.«
»Das kann ich nicht.«
Mr Bilharzia hustete und erbrach einen vierten und fünften Klumpen ziemlich übel riechenden Kameldung auf den Boden.
»Es heißt, den Geschmack eines Quäsitors könne man hinterher noch monatelang schmecken«, sagte Nimrod. »Und je länger er andauere, desto länger erinnere man sich an den Geschmack. Ich kannte mal einen Mann, der fast fünfhundert Liter Mundwasser brauchte, um den Geschmack eines wirklich ekelhaften Quäsitors wieder loszuwerden.«
»Also gut!«, rief der Kamelhändler. »Ich erzähle Ihnen alles, mächtiger Dschinn.«
»Versprechen Sie es?«, sagte John. »Ehrenwort?«
»Ja! Ja! Ich verspreche es. Bei meiner Ehre. So wahr ich in den Himmel gelangen möchte, ja.«
»Ausgezeichnet«, sagte Nimrod. »Das freut mich sehr. Ich verspüre selbst immer einen schlechten Geschmack im Mund, wenn ich Leuten so etwas antun muss.« Er zuckte die Achseln. »Aber der ist vermutlich nicht halb so schlimm wie Ihrer.«
»Kommen Sie bitte hier entlang«, sagte Mr Bilharzia.
Er führte sie ins Kellergeschoss des Hauses, wo er eine Tür aufschloss, die uralt zu sein schien.
»Das Haus ist zwar neu«, erklärte er, »aber dieser Teil hier unten ist sehr alt. Die Kellerräume gehörten zum alten Haus und seinen Stallungen, die 2003 von einer amerikanischen Bombe zerstört wurden. Sie stammen etwa aus der Mitte des sechzehnten Jahrhunderts, möglicherweise sind sie sogar noch älter. Ich bewahre sämtliche Unterlagen und Geschäftsbücher der Familie Bilharzia hier unten auf und natürlich unser Vermögen.«
Er führte Nimrod, John und Axel durch das Gewölbe, vorbei an einer Regalreihe voller ledergebundener Folianten, bis in einen Raum, der das Allerheiligste zu sein schien, was man schon daran erkannte, dass er von einem ziemlich verschlissenen, ausgestopften weißen Kamel beherrscht wurde, das einen schönen alten Ledersattel und ein juwelenbesetztes Zaumzeug trug. Mr Bilharzia knipste eine Lampe an, um seine Schätze anständig ins Licht zu rücken.
»Das sind sie«, sagte er. »Der Sattel, das Zaumzeug und – vor allen Dingen – Kauwida selbst. Einer meiner Vorfahren hat alles zusammen von dem Dieb erworben, der es gestohlen hat: Kamran Hotak Mahomet aus Charikar.«
»Und das ist wirklich das besagte Tier?«, fragte Nimrod. »Das Kamel, das den Nachfahren des Dschingis Khan gestohlen wurde?«
»So ist es. Mein Vorfahr, Ali Bilharzia, ließ Kauwida ausstopfen, als sie 1240 starb. Vom fähigsten Tierpräparator in ganz Zentralasien. Aber sie wurde noch zwei weitere Male ausgestopft: 1799 vom großen Louis Dufresne und noch einmal vom großen Carl Akeley, 1920. Ich halte diese Dinge geheim, o mächtiger Dschinn. Die Darkhat würden selbst vor Mord nicht zurückschrecken,um sie in ihren Besitz zu bringen. Deshalb haben wir so strenge Sicherheitsvorkehrungen. Und deshalb habe ich immer geleugnet, etwas über Kauwida zu wissen. Wenn sie auch nur den geringsten Verdacht hätten, dass diese Dinge hier sind, wäre unser Leben keinen Pfifferling mehr wert.«
»Wissen sie denn nichts von Sidi Mubarak Bombays Buch?«, fragte Nimrod.
»Die geheime geheime Geschichte der Mongolen?«
»Die Darkhat sind keine großen
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