Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
all den Sicherheitsvorkehrungen vorbeikommen?«, fragte der Professor.
»QWERTZUIOP«, sagte Nimrod, und ließ die Zäune verschwinden, sodass die Wachhunde einfach davonliefen.
»Ah ja«, sagte der Professor. »Nun, das ist eine Möglichkeit.«
Nimrod führte sie zum Vordereingang und klingelte. Offensichtlich rechnete man nicht mit Besuch, denn statt die Tür zu öffnen, wurden im Haus sämtliche Lichter gelöscht, als fürchte Mr Bilharzia jeden, der vor der Tür stehen mochte.
»Ich glaube, die sind heute Abend nicht in der Stimmung für Besuch«, stellte Philippa fest.
Ein Schuss war zu hören, und alle duckten sich, als etwas über ihre Köpfe zischte.
»Und überhaupt schlecht gelaunt.«
»Ja, das war dumm von mir«, sagte Nimrod. »Ich hätte daran denken müssen, dass Kandahar nicht Kensington ist, wo es die Bewohner nicht stört, wenn jemand bei ihnen an der Tür klingelt. Meistens jedenfalls. Auf arbeitslose Minenarbeiter, die Geschirrtücher verkaufen, sind wir auch in Kensington nicht erpicht. Oder auf windige Gestalten, die billige Gartenmöbel verhökern. Oder auf junge Strolche, die gerade mal die erste Zeile eines Weihnachtsliedes beherrschen. Und ich hätte auch nichts dagegen, wenn keine religiösen Bekehrer, gleich welcher Glaubensrichtung, mehr bei mir klingeln würden.«
Wieder ertönte ein Schuss, der ihnen noch näher zu kommen schien als der vorherige, als lerne der versteckte Schütze allmählich zu zielen.
»Vielleicht erzählen Sie uns das ein andermal«, schlug der Professor vor.
»Bitte tun Sie etwas«, bat Axel, »bevor wir erschossen werden.«
»Ja, natürlich«, sagte Nimrod.
Er murmelte abermals sein Fokuswort, und eine Platte ausPanzerglas (kugelsicher bis Kaliber 7,62 Millimeter) legte sich wie ein unsichtbarer Käfig rund um sie herum.
»So«, sagte er. »Das dürfte uns schützen, bis ich diese Tür geöffnet habe.« Er drehte den Türgriff. »Die anscheinend verschlossen ist. Aber egal.« Seufzend schüttelte er den Kopf. »In letzter Zeit verbrauche ich ziemlich viel Dschinnkraft, viel mehr, als mir lieb ist. Aber ich sehe keine andere Möglichkeit, wenn wir die Welt noch rechtzeitig vor sich selbst retten wollen.«
»Lass mich das machen, Onkel«, sagte Philippa und murmelte ihr neuestes Fokuswort: PARASKAVEDEKATRIAPHOBIE (Philippa wechselte ständig die Fokuswörter), das, wie jeder weiß, der Fachbegriff für die übersteigerte Angst vor Freitag, dem Dreizehnten, ist. Die Tür hob sich aus den Angeln und fiel wie eine Zugbrücke krachend auf den Marmorboden.
»Vielen Dank, Philippa«, sagte Nimrod.
Als sie die große Eingangshalle des Hauses betraten, entdeckte Axel auf einem Regal neben der Tür eine große Maglite-Taschenlampe – in Kandahar kommt es häufig zu Stromausfällen. Er schaltete sie ein und leuchtete in den Vorraum.
Dort erblickten sie Mr Bilharzia und seine große Familie, die sich in einer Ecke zusammenkauerten und um Gnade flehten.
»Bitte«, rief der Kamelhändler, »tun Sie uns nichts!«
»Mein Bester, ich habe nicht die geringste Absicht, Ihnen oder Ihrer Familie etwas anzutun«, sagte Nimrod. »Aber bitten Sie doch freundlicherweise denjenigen, der auf uns geschossen hat, von seinem Tun Abstand zu nehmen, ehe wirklich jemand zu Schaden kommt.«
»Das ist mein zwölfjähriger Sohn, Sirhan«, sagte Mr Bilharzia. »Er ist oben mit einem Gewehr.«
Mr Bilharzia rief die Treppe hinauf und schließlich erschienein Junge auf dem Absatz. Er trug eine lange weiße
Dschellaba
und ein Schnellfeuergewehr. Als sein Vater ihm eine Anweisung zubrüllte, legte Sirhan das Gewehr auf den Boden.
»Und schalten Sie bitte das Licht wieder an«, sagte Nimrod.
»Sie sind der Mann, der den Sattel von Dschingis Khan gesucht hat«, sagte Mr Bilharzia. »Warum sind Sie hier?«
»Ich fürchte, ich benötige tatsächlich ein paar Antworten auf dringende Fragen über Ungulaten«, sagte Nimrod.
»Ungulaten? Sie meinen über Kamele.«
»In der Tat.« Nimrod lächelte seiner Nichte und dann dem Professor zu. »Ihr Lieben, warum führt ihr Mrs Bilharzia und ihre Kinder nicht nach oben und leistet ihnen Gesellschaft, während John, Axel und ich Mr Bilharzia einige Fragen stellen?«
»Ich habe nichts zu sagen«, meinte Mr Bilharzia. »Nicht das Geringste. Schon gar nicht über Kamele oder Sättel oder Zaumzeuge, die einmal Dschingis Khan gehört haben. Ich weiß überhaupt nichts.«
Nimrod starrte ein Wandgemälde an, die Kopie eines
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