Die Kinder des Dschinn Bd. 7 - Die Kristalle des Khan
jemand auf die Zehen tritt.« Er sah auf seine Füße. »Was in den Sandalen ziemlich schmerzhaft wäre.«
Nimrod verzog das Gesicht. »Und ich dachte immer, Groanin wäre pingelig, was Essen und Trinken angeht.«
John lächelte. »Wahrscheinlich hat er sich nach seiner Rückkehr nach Manchester als Erstes eine Tasse Tee gekocht.«
Nimrod, der sich ohne seinen Butler irgendwie unvollständig fühlte, legte die Stirn in Falten. »Ja, sein Tee wird mir fehlen. Niemand, nicht mal Mr Rakshasas, konnte so gut Tee kochen wie Groanin. Zumindest was das angeht, war der Mann ein Genie.«
»Gefolgt von einem großen Teller gebratener Würstchen mit Rührei und gebuttertem Toast«, sagte John. »Und als Nachspeise ein bisschen … wie hat er es noch mal genannt?«
»Trifle«, sagte Philippa. »Hör auf damit, John. Ich kriege sonst Hunger.«
»Ich auch«, sagte Axel. »Aus roher Leber mache ich mir nichts.«
»Ihr wisst gar nicht, was ihr verpasst.« Da Nimrod den örtlichen paschtunischen Dialekt beherrschte – Paschtu ist, neben Persisch, die offizielle Landessprache Afghanistans –, begann er, sich bei den Kamelhändlern zu erkundigen, ob die Familie Bilharzia noch Dromedare verkaufte.
Schließlich verwies man ihn an eine Gruppe gut aussehender Männer, die, an ihre Kamelsättel gelehnt, auf dem Boden saßen. Einer der Männer hob sich in Größe und Erscheinungsbild von allen anderen ab. Er hatte einen weißen Bart, blaue Augen und eine Nase wie ein Papagei. Er hielt einen langen Stock in der Hand, mit dem er vor sich auf den Boden klopfte; und von Zeit zu Zeit schlug er damit einem Kamel auf die dickste Stelle des Halses, damit es sich hinkniete und wieder aufstand und so von einem potenziellen Käufer in Augenschein genommen werden konnte.
Mit einer höflichen Verbeugung erkundigte sich Nimrod, ob er mit Mr Bilharzia spreche, und als das bestätigt wurde, erklärteer den Grund seines Kommens: »Vor langer Zeit, genauer gesagt, vor etwa einhundertfünfzig Jahren, war Euer Vorfahr Ali Bilharzia vermutlich im Besitz eines uralten und äußerst wertvollen Sattels sowie eines ebensolchen Zaumzeugs, die ihrerseits mehr als fünfhundert Jahre alt waren und einst Kauwida schmückten, das berühmte Kamel, das den Söhnen von Dschingis Khan gehört hatte.«
Mr Bilharzia runzelte die Stirn. »Wer hat Ihnen diese gemeine Lüge erzählt?«
»So steht es im Buch eines Mannes mit Namen Sidi Mubarak Bombay geschrieben«, sagte Nimrod.
»Ich habe von diesem Buch gehört«, gab Mr Bilharzia zu. »Aber ich habe es nie gelesen. Es ist das Buch, das zusammen mit Henry Morton Stanley geschrieben wurde, habe ich recht? Dem berühmten britischen Entdecker.«
Nimrod nickte.
»Dieser Stanley«, fuhr Mr Bilharzia fort, »soll ein großer Lügner gewesen sein, hat man mir erzählt. Vieles, über das er schrieb, entsprach nicht der Wahrheit. Er hat nie gesagt: ›Doktor Livingstone, nehme ich an‹, oder ähnliche Dinge. Vielleicht hatte dieser Bombay, inspiriert von seinem Freund Stanley, das Gefühl, mit der Wahrheit ebenso freizügig verfahren zu dürfen. Natürlich gilt das in gewisser Weise für alle Verfasser von Büchern. Das sind verschlagene Leute, die sich eine gute Geschichte niemals von Fakten ruinieren lassen würden. Schließlich gibt es nur ein Buch, dass ganz und gar die Wahrheit sagt, und das ist der heilige Koran.«
Wieder verbeugte sich Nimrod. »Vergebt mir«, sagte er. »Es war mein Fehler, Mr Bilharzia.«
»Meine Familie betreibt den Handel mit Kamelen seit vielenJahrhunderten«, fuhr Mr Bilharzia fort. »Und ich versichere Ihnen, dass es ein Kamel wie jenes, das Sie erwähnten, nie gegeben hat. Wie war der Name noch mal?«
»Kauwida«, sagte Nimrod.
Mr Bilharzia schüttelte den Kopf. »Ein Kamel namens Kauwida hat nie existiert. Und es wurde auch nie gestohlen. Noch hat es den Sattel oder das Zaumzeug gegeben, die Dschingis Khan gehörten, wie Sie sagen. Nein, Sir, man hat Sie auf das Schändlichste falsch informiert.«
Nimrod verbeugte sich abermals. »Bitte vergebt mir die Störung, Sir«, sagte er. »Es war mein Fehler.«
»Sie sollten sich mit solchen Behauptungen vorsehen«, sagte Mr Bilharzia. »Wahrscheinlich haben Sie noch nichts von den Darkhat gehört. Einem gefährlichen Clan von Fanatikern, die behaupten, die Nachfahren von neun Generälen und engsten Anhängern des bösen Khan zu sein. Seit mehr als siebenhundert Jahren hüten sie sein Andenken. Ich halte es
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