Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
fragte er sich jedoch, ob Zadie Macreeby nicht auch dazu diente, um ihn, Dybbuk, zu kontrollieren; um sicherzustellen, dass er das Heft weiter in der Hand behielt und nicht Dybbuk.
Seitdem war ihm Zadie zunehmend auf die Nerven gegangen. Anhänglich und ganz und gar auf ihn fixiert, sah sie ihn mit zuckersüßem Lächeln unaufhörlich an, rezitierte Liebesgedichte von Elizabeth Barrett Browning, summte glücklich vor sich hin oder versuchte ihm übers Haar zu streichen oder es ihm aus der Stirn zu schieben, damit sie ihm zärtlich in die Augen schauen konnte. Dybbuk hasste es, wenn Leute versuchten, sein Haar zu berühren. Vor allem, wenn sie dabeisummten oder Liebesgedichte rezitierten. Selbst wenn ihnen das durch Hypnose eingegeben worden war.
Und dann waren da natürlich noch die Stepptanzerei und die Zahnbürste, die ihr wie ein Lutscher unentwegt aus dem Mund ragte. Diese Dinge machten Dybbuk regelrecht wahnsinnig. Daher war er alles in allem recht froh, als sie Zadie endlich zurücklassen konnten. Außerdem hatten sie kaum eine andere Wahl. Jeder Versuch von ihm oder Virgil Macreeby, die Haare durchzuschneiden, die Zadie an die Seilbrücke fesselten, würde nur dazu führen, dass es ihnen ebenso erging wie ihr. Natürlich tat sie ihm leid. Es war wirklich zu dumm, dass sie als eine Art Komplettset für Haarverlängerungen enden musste. Aber was konnte er schon tun? Schließlich besaß er keinerlei Dschinnkraft, mit der er ihr hätte helfen können.
Dybbuk kam so dicht an Zadies fast mumifizierten Kopf heran, wie er sich traute, und sagte ihr, dass er zurückkommen und ihr heraushelfen werde, sobald er seine Kraft wiedererlangt habe. Gleichzeitig jedoch wusste er tief in seinem Innern, dass das nicht stimmte und dass er sich höchstwahrscheinlich nicht die Mühe machen würde. Er hatte vor, einen Wirbelsturm zu entfachen, sobald er seine Dschinnkraft wiederhatte, und für ein paar Wochen auf die Bahamas zu fliegen. Allein.
Virgil Macreeby hätte mehr Grund gehabt als er, darüber traurig zu sein, dass sie Zadie zurücklassen mussten, fand Dybbuk. Schließlich drohten ihm die drei Wünsche zu entgehen, die sie ihm für seine Hilfe versprochen hatte. Andererseits war Macreeby kaum wiederzuerkennen, seit er sich beim Absturz des Flugzeugs/ U-Boots , das Zadie für ihre Reise über den Abgrundgeschaffen hatte, einen Schlag gegen den Kopf eingehandelt hatte. Macreeby war gegen das Periskop geknallt und Dybbuk hatte ihn aus der Maschine ziehen müssen. Seitdem wiederholte er sich ständig und sah Dybbuk jedes Mal verständnislos an, wenn dieser etwas zu ihm sagte. Dybbuk vermutete, dass er eine Gehirnerschütterung hatte. Er selbst zerbrach sich immer noch den Kopf darüber, wie sich ein kleines Flugzeug in ein Mini- U-Boot verwandeln konnte. Lag es einfach an Zadies Unvermögen als Dschinn oder steckte etwas anderes dahinter? Vielleicht das Einwirken einer anderen Dschinnkraft, die mit ihrer kollidierte? Nimrod oder die Zwillinge? Oder sogar Manco Cápac?
Dybbuk und Macreeby ließen also die Brücke und Zadie hinter sich und wanderten oberhalb des Abgrunds einen gewundenen gelben Steinpfad hinauf. Es war ein belebender Fußmarsch und die klare Bergluft war rein und süß. Selbst Macreeby wirkte beflügelt. Immer wieder sog er lautstark die Luft durch die Nase, wie ein Fitnesstrainer bei dem Versuch, einen Kunden zu motivieren. Nach ein oder zwei Stunden war Macreeby wieder so weit bei Verstand, dass er Zadies Fehlen bemerkte. Als er sich jedoch nach ihr erkundigte, fühlte sich Dybbuk genötigt, ihm eine Antwort zu geben, die ihren steten Aufstieg nicht weiter verzögern würde. Er fand es nur gerecht, Macreeby das glauben zu lassen, was er für richtig hielt, weil dieser, wie Dybbuk annahm, dank Zadie das Gleiche bei ihm getan hatte.
»Sie ist tot«, sagte er und täuschte ein wenig Trauer vor.
»Tot?«, wiederholte Macreeby. »Aber wie? Was ist denn passiert, um Himmels willen?«
»Sie können sich wirklich nicht erinnern?«
»Ich glaube, es liegt nicht daran, dass ich mich nicht erinnern kann«, sagte Macreeby. »Ich konnte nur einfach keinen klaren Gedanken mehr fassen, seit wir in einem Mini- U-Boot waren. Kann das sein?«
Dybbuk nickte. »Sie haben sich den Kopf gestoßen.«
»Jetzt geht es mir besser. Also erzähl mir von Zadie.«
»Na gut«, sagte Dybbuk. »Erinnern Sie sich noch daran, wie Sie ihr sagten, dass sie mit der Machete die Brücke kappen soll? Um zu verhindern, dass Leute wie Nimrod
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