Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
ihn das Zeichen, dass ihn seine Dschinnkraft verlassen hatte.
Manco glaubte jedoch nicht, dass er seine Macht verloren hatte, weil seine Hauptstadt Cuzco in dreitausendvierhundert Metern Höhe lag, wo es für Dschinnkräfte zu kalt war, sondern nahm an, dass der Sonnengott, den die Inka Inti nannten, zornig auf ihn sei. Also suchte er geistigen Beistand und rief mehrere Inkapriester in die heilige Stadt Paititi, deren Lage ein streng gehütetes Geheimnis war; auch wenn es heißt, dass die Priester, um zur heiligen Stadt zu gelangen, durch das Auge des Waldes gehen mussten, das irgendwo im Dschungel verborgen lag und von Manco speziell zu diesem Zweck erbaut worden war. Als die Priester schließlich in Paititi ankamen, bat Manco sie, ihm dabei zu helfen, ein spezielles Ritual zu Ehren des Sonnengottes Inti zu vollziehen, das seine Macht wiederherstellen würde.«
»Und hat es gewirkt?«, fragte John. »Hat er durch das Ritual seine Kraft wiederbekommen?«
»All das geschah vor langer Zeit«, erklärte Mr Vodyannoy. »Wir haben zu wenige archäologische Beweise, um es genau wissen zu können. Zu vieles wurde später von den Spaniern zerstört. Aber es heißt, das Ritual sei tatsächlich erfolgreich gewesen und Mancos Dschinnkraft zurückgekehrt, sodass sichder Goldschatz des Reiches verzehnfacht habe und die Inka wieder reich geworden seien. Dennoch wurde Manco kurze Zeit später todkrank. Kurz bevor er starb, rief er noch einmal seine Priester nach Paititi. Dort versprach er ihnen, falls sie ihn jemals brauchen sollten, würde er eines Tages zurückkehren und die Feinde der Inka in einem Pachakuti, einer großen Zerstörung, vernichten. Dazu mussten die Nachfolger der Priester nichts weiter tun, als die Feinde der Inka durch das Auge des Waldes zu führen, und Manco Cápacs Geist würde den Rest erledigen.
Hunderte von Jahren vergingen und die Inka herrschten unangefochten über Tausende von Quadratkilometern. Sie waren so mächtig, dass man sich nicht einmal mehr vorstellen konnte, sie könnten irgendwelche Feinde haben; ihre einzigen Feinde waren sie selbst. Die Lage des alten Inkaportals wurde so gut wie vergessen. Und Mancos Versprechen war nur noch ein oder zwei auserwählten Priestern bekannt, welche die Geschichte geheim hielten, aus Angst, ein Inkaherrscher könnte versuchen, die Macht des Auges gegen einen anderen anzuwenden.
Doch an einem Tag im Jahr 1532 änderte sich alles. Die spanischen Eroberer, angeführt von Francisco Pizarro, trafen in Cuzco ein und raubten den Inka alles, was sie besaßen, um sie anschließend zu versklaven oder umzubringen. Die Gier der Konquistadoren nach Gold schien unersättlich. So viel die Inka ihnen auch gaben, sie wollten immer noch mehr. Schließlich flohen die Inka vor den Spaniern und zogen sich hoch in die Anden zurück. Doch die Spanier verfolgten sie unerbittlichund töteten viele von ihnen in ihrer unersättlichen Gier nach Gold. Da machte sich ein Priester namens Ti Cosi, der sich an Manco Cápacs Worte erinnerte, auf die Suche nach dem Auge des Waldes. Er wollte die Spanier in den Dschungel locken und dazu bringen, durch das Inkaportal zu gehen, damit sie vom Pachakuti vernichtet wurden, wie Manco es versprochen hatte.
Nun, das ist natürlich nie geschehen. Die Spanier wurden nicht vernichtet und ihre Nachkommen haben noch heute die Herrschaft in Peru. Ti Cosi wurde gefangen genommen, ehe er die Spanier zu dem Portal führen konnte. Schlimmer noch. Er erkrankte an den Pocken, einer der vielen Krankheiten, die die Spanier ins Land brachten und denen die Inka schutzlos ausgeliefert waren. Weil er immer noch hoffte, die Konquistadoren in die Falle locken zu können, die Manco Cápac für die Todfeinde der Inka errichtet hatte, wandte sich Ti Cosi noch auf dem Sterbebett an einen spanischen Priester namens Pater Diego. Er erzählte ihm, dass El Dorado – die goldene Stadt, von der die Spanier fest glaubten, sie liege irgendwo im Dschungel verborgen – in Wirklichkeit Paititi sei, wohin man nur durch das Auge des Waldes gelangen könne. Und dass in Paititi das Geheimnis versteckt sei, wie man Metall in Gold verwandeln könne, was der eigentliche Grund dafür sei, dass die Inka so viel Gold besaßen. Das Geheimnis der Goldherstellung verberge sich in einem Ritual namens
Kutumunkichu
, das manche für ebenjenes Ritual hielten, das Manco selbst vollzogen hatte und mit dem er seine eigene Dschinnkraft wiedererlangt hatte. Wenn Ti Cosi wirklich gewollt hat, dass
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