Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
die Spanier das Geheimnis der Goldherstellung erfahren, ist er aller Wahrscheinlichkeitnach auch davon ausgegangen, dass es ihre vollständige Vernichtung herbeiführen würde. Obwohl bis zum heutigen Tag niemand genau weiß, wie das geschehen soll. Auf jeden Fall heißt es, Ti Cosi habe für den Priester eine Karte gezeichnet, die jedoch verloren ging. Und weder Paititi noch die Chronik, in der Pater Diego das
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beschrieben hat, hat man je gefunden.«
»Supercoole Geschichte«, sagte John.
Mr Vodyannoy zuckte zusammen. Einem Dschinn wie ihm, dem Hitze über alles ging, war das Wort »cool« ein Gräuel. Er kratzte sich am Bart und pausierte gerade lange genug, dass Faustina die Geschichte aufgreifen konnte.
»Vor einigen Wochen«, sagte sie, »wurden aus dem Ethnologischen Museum in Berlin einige wertvolle Gegenstände gestohlen. Darunter ein seltener goldener Inkastab und mehrere
Quipus
.«
»Was ist ein Quipu?«, fragte Philippa.
»
Quipus dienten den Inka zur Aufzeichnung. Sie waren so eine Art Abakus aus Schnüren«, erklärte Mr Vodyannoy. »Aber so, wie vor zweihundert Jahren niemand etwas mit den alten ägyptischen Hieroglyphen anzufangen wusste, weiß bis heute niemand genau, was die Quipus bedeuten. Man könnte sagen, solange niemand das Pendant zum Stein von Rosette findet, mit dem die ägyptischen Hieroglyphen entschlüsselt wurden, bleiben die Quipus wahrscheinlich eines der letzten großen Geheimnisse der alten Welt.«
»Das Museum besitzt fast dreihundert davon, die größteSammlung der Welt, daher dachte ich mir zunächst nicht viel dabei, als ich von dem Diebstahl erfuhr.«
Faustina wies mit dem Kopf auf die Zeitung, die John in der Hand hielt.
»Als ich dann aber das Bild vom Auge des Waldes in der Zeitung sah, wurde mir klar, dass diese beiden Ereignisse zusammenhängen könnten. Ich beschloss, unverzüglich hierherzukommen, um mit Nimrod und Mr Vodyannoy zu sprechen, der auf dem Gebiet der Inka ein Experte ist.«
»Experte wäre zu viel gesagt«, meinte Mr Vodyannoy bescheiden. »Wenn ich wirklich ein Experte wäre, wüsste ich vielleicht, was die Quipus bedeuten.«
»Ich hatte gehofft, eines von Mr Vodyannoys Ouija-Brettern benutzen und selbst mit Manco Cápacs Geist reden zu können«, sagte Faustina. »Um ihn um genauere Auskünfte über das Pachakuti zu bitten. Er war schließlich ein mächtiger Dschinn und es ist immer ratsam, Dschinnversprechen ernst zu nehmen. Aber wie es scheint, komme ich zu spät. Anscheinend hat bereits jemand aus purem Eigennutz die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und sie verpatzt.«
Faustina sah demonstrativ zu John hinüber, der vor Verlegenheit rot anlief.
»Tut mir leid«, sagte er. »Aber das konnte ich wirklich nicht wissen.«
Mit einer achtlosen Geste wischte Faustina seine Entschuldigung fort, als täte sie nichts zur Sache.
»Bis jetzt war das Wissen um den Standort des Inkaportals allein dem Blauen Dschinn von Babylon vorbehalten, und zwarin Form einer alten Kopie von Pater Diegos Karte«, erklärte sie.
»Dann hast du also die Karte«, sagte John. »Das ist immerhin etwas.«
»Ja, ich habe die Karte«, erwiderte Faustina, »aber leider nicht die Chronik, in der Mancos
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beschrieben wird. Und auch nichts über das Pachakuti – die versprochene Zerstörung. Normalerweise wäre ich davon ausgegangen, dass das Auge des Waldes zufällig entdeckt wurde. Aber der Diebstahl der Inka-Artefakte legt nahe, dass irgendjemand das Portal auf anderem Wege gefunden hat. Offensichtlich ist sein Standort nun kein Geheimnis mehr. Vielleicht ist es jemandem gelungen, eine Botschaft in einem der Quipus zu entschlüsseln, und er hat eine Expedition zusammengestellt, um das Auge des Waldes zu finden. Jemand, der sich mit Esoterik auskennt. Aber wer dieser Jemand ist oder was seine Motive sein könnten, ist mir völlig unklar.« Offen sah sie Nimrod an. »Ich hatte gehofft, Sie, Nimrod, und Mr Vodyannoy könnten vielleicht etwas Licht in die Angelegenheit bringen.«
Nimrod nahm John die Zeitung aus der Hand, sah sich das Bild der Entdecker in Südamerika genau an, las die Namen, die in der Bildunterschrift genannt wurden, und schüttelte dann den Kopf. »Ich kann nicht behaupten, dass mir irgendjemand bekannt vorkäme.« Er gab die Zeitung an Mr Vodyannoy weiter. »Frank?«
Mr Vodyannoy betrachtete das Bild und schüttelte dann den Kopf. »Ich auch nicht, fürchte ich.«
Faustina stieß einen
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