Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
Vom Netzwerk:
misstrauischer Leopard, der die Falle des Jägers wittert. Im Mondlicht entdeckte sie eine winzige festgefrorene Schliere von etwas Fettigem, das jemand auf den Knauf geschmiert hatte. Eine Paste!
    Als sie über den Geruch nachdachte, den sie immer noch in der Nase hatte, kam ihr eine leise Erinnerung. Die Paste. Es war ein über die Haut aufgenommenes Enzym, das aus dem Gift des Gelben Mittelmeerskorpions gewonnen wurde. Hätte sie die Hand auf den Türgriff gelegt, hätte es sie, je nachdem, wiestark das Konzentrat war, für mehrere Stunden oder länger gelähmt. Als sie begriff, wie knapp sie gerade davongekommen war, murmelte Layla ihr Fokuswort und Sekunden später steckten ihre Hände sicher in dicken Lederhandschuhen.
    Sie griff erneut nach dem Türknauf und drehte ihn leise. Die Tür war unverschlossen, doch noch mochte Layla sie nicht öffnen. Sie wusste, dass bei einem mächtigen Magus wie Macreeby jedes Türenquietschen und jedes Dielenknarren düstere Folgen haben konnte. Es gab quietschende Türen, bei denen sich einem nicht nur die Nackenhaare aufstellten, sondern man im Nacken gepackt und so lange gewürgt wurde, bis man erstickte. Und knarrende Dielenbretter, die sich in unsichtbare Bärenfallen mit mächtigen Zähnen verwandeln konnten, um einem das Bein zu zerfleischen. Selbst Windstöße, die durch zerbrochene Fenster fuhren und klangen wie das ferne Heulen eines Wolfes, vermochten sich in einen echten Grauwolf zu verwandeln, der einen hungrig durch die Dunkelheit verfolgte.
    Layla fürchtete sich weder vor Würgern noch vor Bärenfallen oder gar Wölfen, doch sie war ausgesprochen auf der Hut vor Unerwartetem. Daher wischte sie die Spinnweben über der Eingangstür fort, um die Angeln zu ölen, ohne sich mehr dabei zu denken, als dass sie einigen gewöhnlichen Hausspinnen gehören mussten. Zumindest war dies ihr erster Gedanke. Zum Glück war ihr zweiter ein anderer: Sie erinnerte sich daran, dass Virgil Macreeby ein begeisterter Sammler von Spinnen war und dass er sich selbst gegen die gefährlichsten Arachniden fast vollständig immunisiert hatte. Dies mochte nicht zuletzt deshalb geschehen sein, weil er wusste, dass giftige Schlangenden Dschinn nichts anhaben konnten, während giftige Spinnen und Skorpione ihnen dagegen sehr gefährlich werden konnten. Schnell machte sie die Tür wieder zu. Gerade noch rechtzeitig, um im Raum dahinter die Bewegung von etwas Großem, Haarigem zu bemerken. Viel zu groß für eine Spinne, dachte sie. Und doch war sie sich sicher, dass die Bewegung durch das Spinnennetz ausgelöst worden war.
    Layla ging zum Wagen zurück, um ihren Körper an einem sicheren Ort zurückzulassen, weil sie beabsichtigte, sich unsichtbar zu machen, ehe sie das Haus betrat. Da sie damit rechnete, eine Weile fortzubleiben, setzte sie sich in den Fond des Wagens, wo sie mehr Beinfreiheit hatte, und verriegelte die Türen von innen. Dann murmelte sie ihr Fokuswort und hatte sekundenlang das Gefühl, immer größer und größer zu werden, nur dass sie beim Hinunterschauen auf das Dach ihres Wagens blickte.
    Sie schwebte zum Haus zurück und durch die Vordertür hinein. Sie war auf der Stelle froh, diese kleine Vorsichtsmaßnahme getroffen zu haben, denn hinter der Eingangstür des Lagerhauses entdeckte sie etwas, das sie auf den ersten Blick für eine riesige Spinne hielt. Unsichtbare Augen brauchen mitunter etwas länger als körperhafte, um sich an die Dunkelheit zu gewöhnen. Daher dauerte es mindestens zwei Minuten, ehe Layla klar wurde, dass das, was sie sah, keineswegs eine Spinne war, sondern ein ungewöhnlich großer alter Kupferstich, auf dem ein Mann auf allen vieren zu sehen war. Allerdings hatte er mehr als nur ein wenig Ähnlichkeit mit einer Spinne, denn er schien eine Wand hinauf- oder hinabzuklettern.
    Unsichtbar kam Layla näher, um sich das Bild genauer anzusehen. Der seltsame Mann war ganz und gar in Schwarz gekleidet, mit einem weißen Stundenglas auf dem Rücken. Er hatte lange, schrecklich dünne Arme und Beine, winzige Hände und Füße und hielt den Kopf gebeugt, sodass nur eine weiße gewölbte Stirn und ein paar einzelne Haare zu sehen waren. Er war weniger ein Spinnenmensch als eine Art menschliche Spinne. Layla fand, selbst außerhalb des Museums für Moderne Kunst sei dies das abscheulichste Bild, das sie je gesehen hatte, und ein verlassenes Lagerhaus war vielleicht genau der richtige Platz dafür. Doch es schien nichts zu sein, das ihr etwas anhaben

Weitere Kostenlose Bücher