Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
paar gurgelnde Erstickungslaute von sich, die klangen, als entweiche Dampf aus einer Espressomaschine. »Irgendetwas kommt mir die Speiseröhre hoch.«
Inzwischen hatte sie erraten, was vor sich ging und warum ein Gegenstand – was immer es sein mochte – aus ihrem Magen die Speiseröhre hinaufwanderte. »Es ist mein Bruder Nimrod.« Sie verfluchte ihren Bruder kurzzeitig dafür, dass er, ohne sie zu warnen, den dschinternen Postweg benutzt hatte, hielt sich die Hand vor den Mund und spuckte den Gegenstand in ihre Handfläche. »Dschinterne Post«, sagte sie.
»Ein Glück«, sagte Kowalski. »Ich hatte schon befürchtet, es sei eine Reaktion auf die Schönheitsoperation. Das kommt mitunter vor. Allein der Gedanke, wie jemand anderes auszusehen, schnürt manchen Leuten die Luft ab.«
Layla Gaunt entfaltete die auf fettresistentem Papier geschriebene Nachricht und las sie laut vor: LAYLA. BITTE RUF MICH DRINGEND AN. 012357911131719212331. NIMROD.«
»An wen auch sonst«, sagte Kowalski. »Von wem auch sonst.«
»Du redest von meinem Bruder.« Layla wischte sich den Mund ab. »Ich hoffe, es ist nichts passiert. Darf ich dein Telefon benutzen? Allerdings könnte der Anruf sonst wohin gehen. Ich fürchte, die Nummer kenne ich nicht. Ich frage mich, wo er steckt.«
»Sehen wir uns die Vorwahl an«, sagte Kowalski und sah auf den klebrigen Zettel. »Das dachte ich mir. Es ist eine Satellitentelefonnummer.« Er zeigte auf sein eigenes Telefon und sagte: »Bitte, bedien dich.«
Layla Gaunt rief an, und als sie fertig war, sah sie sehr besorgt aus.
»Ich muss sofort nach New York zurück«, sagte sie. »So schnell es irgend geht. Mein Mann Edward wurde entführt.«
»Das ist übel. Weißt du, wer dahintersteckt? Die Ifrit? Oder die Ghul?«
»Nimrod glaubt, dass es Irdische sind.«
»Die sind wohl lebensmüde? Sich mit einem Dschinn wie dir einzulassen.«
»Ja«, sagte Layla grimmig. »Das sind sie.«
Da es Layla nicht ratsam erschien, noch einmal das Risiko einzugehen, einen Wirbelsturm zu entfachen – der letzte, den sie in New York auf dem Dach des Guggenheim-Museums losgelassen hatte, war ihr noch in guter Erinnerung –, fuhr Kowalski sie zum Flughafen. Aber nicht zu irgendeinem. Er brachte sie zum Flughafen der brasilianischen Luftwaffe, FAB. Layla hatte beschlossen, sich eine Mitfluggelegenheit im schnellsten Flugzeug zu besorgen, das sie finden konnte; und von Kowalski wusste sie, dass dies in Brasilien zumindest das neue Mehrzweckkampfflugzeug Mirage 2000 war, das eine Höchstgeschwindigkeit von zweitausendvierhundert Stundenkilometern erreichte.
Der Pilot, ein Kapitän namens Alberto Santos, hatte in dieser Angelegenheit natürlich keine große Wahl, da Layla ihn mit einer starken Dschinnfessel belegte. Daher war Santos, als er vom Boden abhob, überzeugt, die Person im Sitz hinter ihm sei niemand anderes als ein Generalleutnant der brasilianischen Luftwaffe.
Vor ihrem Abflug bedankte sich Layla bei Kowalski für all seine Hilfe und küsste ihn noch einmal.
»Bitte hör auf, du machst mich verlegen«, sagte er. »Außerdem bin ich noch nicht fertig damit, dir zu helfen.« Dann erklärte er ihr, dass New York fast achttausend Kilometer von Rio de Janeiro entfernt lag, das Flugzeug aber nur eine Reichweite von zwölfhundert Kilometern hatte. Deshalb werde er sich gleich ans Telefon hängen und sich als der Generalleutnant ausgeben müssen – der zufälligerweise ein Klient von ihm war und sich hatte operieren lassen, um heroischer auszusehen –, damit eine Reihe Tankflugzeuge Kurs auf ihre Flugroute nahm.
Der Flug verlief ruhig. Zumindest, bis Kapitän Santos einfiel, zeigen zu wollen, was für ein fähiger Pilot er war, und er eine Reihe akrobatischer Flugmanöver vollführte, die jeden, der kein Dschinn war, zur Spucktüte hätten greifen lassen. Ansonsten ging alles glatt, bis der brasilianische Jet, vier Stunden nachdem sie in Rio gestartet waren, in der Nähe von New York in den amerikanischen Luftraum eindrang und ihnen eine Staffel amerikanischer Kampfflugzeuge vom Typ F-15 Eagle hinterhergeschickt wurde, um sie abzufangen.
Sekunden später waren sie unter Beschuss. Kapitän Santos versuchte einige Ausweichmanöver, doch es war ein ungleicher Kampf. Gegen vier F-1 5-Flieger kann selbst eine Mirage nicht allzu viel ausrichten, und als ein Warnsignal im Cockpit anzeigte, dass sich ihnen ein Missile an die Fersen geheftet hatte, blieb ihnen nichts anderes übrig, als
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