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Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi

Titel: Die Kinder des Dschinn. Entführt ins Reich der Dongxi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. B. Kerr
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katastrophale Auswirkungen gehabt, die sie nicht noch einmal erleben wollte. Aber wenn es kein Mensch sein sollte, welche Art von Kreaturkam dann infrage? Seit ihrer Ankunft im Irak hatte sie den Eindruck gewonnen, dass dieses Land nicht nur für Menschen, sondern für alle Lebensformen gefährlich war: Neben mehreren Bombenopfern hatte sie auch einen Minenkrater voller verbrannter Frösche entdeckt, eine tote Schildkröte, ein totes Kamel, einen toten Otter, einen verhungernden Hund und einen ölverschmierten Flamingo.
    So ziemlich die einzigen munteren Tiere, die Faustina gesehen hatte, waren Skorpione, gegen die sie jedoch eine instinktive Abneigung hegte, da sie für Dschinn noch gefährlicher sind als für Menschen. Damit schieden Skorpione aus, ebenso wie sämtliche Spinnen, und das aus den gleichen Gründen. Schlangen mochte sie auch nicht. Was blieb ihr also noch?
    Jedes andere Lebewesen schien ihr eine potenzielle Nahrungsquelle für hungrige Iraker zu sein oder eine Zielscheibe für schießwütige Soldaten. (Wahrscheinlich hätte sie sich ohne Weiteres für ein Kamel entschieden – ein Tier, das für ihren Stamm von großer Bedeutung war, wäre da nicht das tote Kamel am Straßenrand gewesen.) Das alles bereitete ihr großes Kopfzerbrechen und sie beschloss, dem Zufall die Wahl zu überlassen. Was nichts anderes bedeutete, als dass sie das Schicksal entscheiden lassen wollte, was für einen Dschinn natürlich eine sehr passende Wahl war.
    Sie legte sich auf Laylas großes Bett und schloss die Augen. Nachdem sie sich ein oder zwei Minuten lang konzentriert hatte, erhob sich ihr Geist aus ihrem Körper, stieg hoch in die Luft und schwebte durch das Betondach von Fallingwater, bis er schließlich die mehr oder weniger unsichtbare Decke des riesigen unterirdischen Reiches von Iravotum erreichte. Dannging es Hunderte Meter schnurstracks hinauf, durch dichtes Felsgestein und verschiedene Schichten aus Schiefer und Sand, bis sie endlich im kühlen Morgenlicht über den Ruinen von Babylon schwebte.
    Eine Zeit lang trieb Faustina herum und genoss die luftige Weite nach der dunklen, klaustrophobischen Umklammerung der Tiefe. Gleichzeitig hielt sie nach einem passenden Wirt Ausschau. In schneller Folge entschied sie sich gegen ein Kätzchen, eine Ziege, einen Teichrohrsänger und einen Mann mit schwarzem Turban. Schließlich beschloss sie, eine Biene zu werden. Bienen waren harmlose und fleißige Tiere und Faustina liebte Honig. Dennoch war es eine Wahl, die unvorhergesehene und lang anhaltende Auswirkungen zeigen würde – was daran lag, dass sie die Gestalt einer Biene annahm, während sich noch eine Restmenge Bienengift in ihrem Allerwertesten befand.
    Von diesem Tag an summte Faustina, wenn sie glücklich war.
     
    Etwa um die gleiche Zeit freute sich Layla Gaunt auf das Wiedersehen mit ihrer Familie und genoss ihren Heimflug im Wirbelsturm. Wie üblich hatte sie ihr luftiges Beförderungsmittel stimmungsvoll eingerichtet, was nichts anderes besagte, als dass das Innere des Wirbelsturms den gleichen rindsledernen Sitzkomfort und die teppichgepolsterte Eleganz eines kleinen, aber sündhaft teuren Privatjets aufwies. Als mächtiger und erfahrener Dschinn gab es für sie keinen Grund, der Steuerung des Wirbelsturms mehr als ein Mindestmaß an Aufmerksamkeit zu widmen. Das Konzept des Autopiloten, bei dem ein normales Flugzeug von einem Computer gesteuert wird, istauch den Dschinn bekannt, nur dass sie diese Einrichtung als
Idée fixe
bezeichnen, was aus dem Französischen kommt. Im Kopf eines Dschinn, der einen Wirbelsturm steuert, existiert diese
Idée fixe
als separater Dauergedanke. Seine Funktionsweise lässt sich leichter erklären, wenn man vorausschickt, dass das erwachsene Gehirn der Dschinn so konstruiert ist, dass sie jederzeit an mindestens zwei Dinge gleichzeitig denken können. Bei günstigen Wetterbedingungen kann ein Dschinn also gleichzeitig einen Wirbelsturm fliegen und sich währenddessen einen Film ansehen, die Zeitung lesen oder schlafen.
    Layla hatte sich vor ihrer Abreise aus Bagdad die Mühe gemacht, die Wettervorhersagen zu prüfen, und festgestellt, dass über dem Pazifik mehr oder weniger ideale Flugbedingungen bestanden. Es herrschte nur eine geringe Bewölkung, die Windverhältnisse waren ruhig und die Sicht selbst in tieferen Lagen ausgezeichnet. Umgeben vom Komfort ihres eigenen Privatwirbelsturms, sauste Layla durch die Lüfte wie eine moderne Nut, die, wie jeder weiß, die

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